Wenn es gegen Israel und die Juden geht, Von Alfred Schobert, Jungle World Nr. 3/2001 Umso länger die neue Intifada dauert, je mehr die Lage in und um Israel sich zuspitzt und je verfahrener die Situation wird, desto heller ist die Freude der hiesigen extremen Rechten. Die Angriffe auf die Alte Synagoge in Essen und die Synagoge in Münster im Anschluss an Palästina-Solidaritätsdemos wurden zur eigenen Entlastung genutzt. Wegen des erhöhten politischen Drucks kamen diese Aktionen gerade recht. Nun konnten die Völkischen in dasselbe Horn stoßen, in welches diverse Innenbehörden blasen, wenn es um den »Ausländerextremismus« geht. Wilhelm von Gottberg, Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, schreibt im Ostpreußenblatt, die Anschläge »durch fanatische Moslems« hätten »schlaglichtartig erhellt, was uns bei weiterer Zuwanderung blüht. Der Zusammenstoß der Kulturen in unserem Land wird nicht friedlich verlaufen.« Das ist seit langem rechte Standard-Argumentation, die sich – so geschehen im Rep-Blatt Der neue Republikaner – gelegentlich auch auf den Soziologen Wilhelm Heitmeyer beruft. Dieses Szenario trifft sich mit dem Rassismus der Mitte der Gesellschaft, dessen Ausstrahlung im Übrigen bis zu Teilen der antideutschen Linken reicht. Die Festnahme der mutmaßlichen Täter des Anschlags auf die Düsseldorfer Synagoge steigerte die Stimmung in der rechten Publizistik. Nicht nur suchte man die schmutzigen deutschen Hände in Unschuld zu waschen. Eine sich nun deutlicher artikulierende Minderheitenströmung ergänzte die Ablenkungsrhetorik des rechten Mainstreams um heftige Kritik an Israel, den Juden, sowie um Solidaritätsbekundungen mit der palästinensischen Sache. Gerhard Freys National-Zeitung titelte in den üblichen großen roten Lettern: »Israels Verbrechen an den Pälästinensern«. In deutlicher Anspielung auf deutsche Innenpolitik fragte das Blatt: »Wo bleibt hier der “Aufstand der Anständigen”?« Die National-Zeitung bedauert, dass »der Untergang der Palästinenser« die »politische Klasse und Journaille« kalt lasse, und plagiiert den antirechten Betroffenheitsjargon der letzten Monate: »Wegschauen ist nicht zulässig.« Die um ein honoriges Image bemühte Junge Freiheit (JF) bietet, vordergründig betrachtet, eine bunte Mischung. Einer ihrer Alibijuden, Ivan Denes, durfte den proisraelischen Hardliner geben und den früheren Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu vom Likud als Retter »vor der schon halb bewerkstelligten Kapitulation« feiern. Das provozierte sogleich eine zornige Leserreaktion. Zuvor hatte sich Abdallah Frangi, Mitglied im Zentralkomitee der Al Fatah sowie im Zentralrat der PLO und seit 1993 Leiter der Palästinensischen Generaldelegation in Bonn, ausführlich per Interview in der JF zu Wort gemeldet. Heftiger geht es in anderen rechten Medien zur Sache, insbesondere im Internet. Auf der Homepage der Jungen Nationaldemokraten (JN) Duisburg wird man von einem vermummten Kämpfer mit Knarre begrüßt. Im Gästebuch hofft man auf die »Absicht der Araber (…), dass sie das, was die Deutschen angefangen haben, zuende bringen«. Zu den rabiateren rechten Kämpfern gegen die weltumspannende jüdische Macht zwischen Israel und den USA zählt Martin Schwarz. Als umtriebiger Autor besorgt er es der ganz alten Rechten, den »Reichs«-Rasern um Hans-Dietrich Sander in den Staatsbriefen, aber auch dem musikinteressierten Nachwuchs; er schrieb den Begleittext einer CD zu Ehren des faschistischen Gurus Julius Evola (Jungle World, 38-39/00), auf der ein Spektrum vertreten ist, das vom US-Neonazi Michael Moynihan bis zu den provinziellen Landser-Lyrikern Orplid reicht. Schwarz betrachtet den Nahost-Konflikt geopolitisch. So elitär und gebildet seine Analyse auch daherkommt, so altbacken ist die antisemitische Botschaft über »die Juden und das Geld«: Schwarz sieht eine »erfreuliche Annäherung des Irans an Rußland«, derweil »sich die früheren Oligarchen Rußlands bereits nach Israel abzusetzen beginnen«. Sein Islam-Fimmel ist nicht neu, sondern hat sich bereits in NPD-Zusammenhängen bewährt. Schwarz übersetzte für das NPD-Organ Deutsche Stimme eine theo-geopolitische Skizze des italienischen Evolianers Claudio Mutti. Seit seinem Übertritt zum Islam bastelt Mutti in europäischen Zusammenhängen der so genannten Neuen Rechten an einem Bündnis mit islamischen Kräften. Der gemeinsame Feind, Israel und alles Jüdische, soll die krude Allianz schmieden. Hinweise auf obskure Islam-Experten dürfen beim Bildungshuber Schwarz nicht fehlen. Ein »Geheimtip« ist Ahmed Huber aus der Riege der schweizer Holocaust-Leugner um den kürzlich in den Iran geflohenen Jürgen Graf. Huber war Gastredner beim 7. Europäischen Kongress der Jugend der JN Ende Oktober letzten Jahres. Den eindrucksvollsten Bericht über Hubers Auftritt lieferte ein weiterer Gästebucheintrag bei der JN-Duisburg: »Gegen Ende der Veranstaltung redete ein schweizer Araber (?). Er erzählte (…) von den Weltherrschaftsansprüchen eines bestimmten Volkes (!).« Im »ungefähren Wortlaut« habe Huber dies gesagt: »Die Lage im Nahen Osten scheint sich zu ändern. Die Türkei und Saudi-Arabien sind auf dem besten Weg sich auf die Seite der Palästinenser zu schlagen. Wenn dies geschieht, dann kann man sagen, wie es früher schon einmal gesagt wurde: Der Tag der Freiheit und für Brot bricht an! Dem kann man wohl nichts mehr hinzufügen …« Der Klarheit halber sei hinzugefügt, dass hier eine Zeile aus dem Horst-Wessel-Lied gesampelt wurde. Doch weiter im JN-Text: Huber »machte auch darauf aufmerksam, dass revisionistisches Geschichtsbewußtsein in fast allen arabischen (…) Staaten allgemein anerkannt ist, und sogar in den Schulen gelehrt wird. (…) Er hat seine Rede mit den Worten Allah sei mit Euch beschlossen, was Roßmüller (JN-Bundesvorsitzender; A.S.) in seiner abschließenden Rede dazu veranlasst hat zu sagen, dass wir stolz darauf sein können, dass wir Allah und Odin hinter uns stehen haben!«
setzen deutsche Neonazis auch auf Bündnisse
mit islamischen Kräften.
Source: jungle world: Jungle World Nr. 3, 10. Januar 2001