Category Archives: Uncategorized

Wilhelm Stuckart – Der normale Beamte = SS


Der normale Beamte

Diesem Buch – viel zu teuer, in einem wissenschaftlichen Verlag erschienen – droht das übliche Schicksal: dass es in einer Handvoll Bibliotheken verstaubt. Und dabei hätte es alle Aufmerksamkeit verdient. Der Autor Hans-Christian Jasch, selber ein Beamter, hat sich Leben und Wirken eines typischen deutschen Beamten vorgenommen, eines Rechtsanwalts und Richters, der im Innenministerium des „Dritten Reiches“ rasch zum Staatssekretär aufstieg und es von 1943 an, als es von Heinrich Himmler übernommen wurde, faktisch führte. 
Dieser Wilhelm Stuckart, der an der Entstehung der „Nürnberger Gesetze“ beteiligt war und sie zusammen mit dem Oberregierungsrat Hans Globke kommentierte, dieser Stuckart, der früh in die NSDAP eingetreten war und in der SS den Rang eines Obergruppenführers erreichte, der an der Wannseekonferenz teilnahm und die Tötung angeblich minderwertigen Lebens so fanatisch unterstützte, dass er sogar sein eigenes Kind in die Mordmaschine gab, weil dieser Sohn den Standards des staatlichen Rassewahns nicht entsprach, dieser mustergültige Beamte konnte sich nach Kriegsende auf ein Entlastungskartell von Kollegen verlassen, die ihrerseits auf die Fortsetzung ihrer Laufbahn in der endlich demokratischen Bundesrepublik hoffen durften. Globke brachte es zum Staatssekretär Adenauers, für den er erfolgreich und beamtenfleißig die Geschäfte führte.
Sein ehemaliger Vorgesetzter Stuckart, den Jasch als „juristischen Täter“ be-greift, war ein gewöhnlicher Rassist und stritt nach 1945 eine Kenntnis vom Massenmord ab. Dafür wurde er als „Mitläufer“ eingestuft und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, die er mit Rücksicht auf seine angegriffene Gesundheit nicht antreten musste. Ehe er noch aktiver in der NS-Nachfolgepartei SRP werden konnte, starb Stuckart 1953 bei einem Unfall, allerdings nicht, ohne sich noch beamtenrechtliche Versorgungsbezüge erstritten zu haben.
Jasch lässt in seinem Buch größte Gerechtigkeit walten, er billigt Stuckart zu, dass ihn manchmal doch das Gewissen schlug; aber er kann nicht anders, als in Stuckart den typischen Beamten zu sehen, der karrierebewusst mitmachte und hinterher das Schlimmste verhindert haben wollte. 
WILLI WINKLER
HANS-CHRISTIAN JASCH: Staatssekretär Wilhelm Stuckart und die Judenpolitik. Der Mythos von der sauberen Verwaltung. Oldenbourg, München 2012. 536 Seiten, 74,80 Euro.

SZ, Feb 2012

Source: http://sz-shop.sueddeutsche.de/mediathek/shop/Produktdetails/Buch+Staatssekretaer_Wilhelm_Stuckart_und_die_Judenpolitik+Hans-Christian_Jasch/7139272.do;jsessionid=769DAAAD63262992D3068812D941E0BC.rilke:9009?extraInformationShortModus=false&currentExtraInformationTab=%3E–

Verfassungsschutz Berlin: Die große Zeit der Vertuschung


taz Berlin lokal Nr. 6172 vom 21.6.2000 Seite 19
Traditionsbewusster Chef verlaesst den Horchposten
Verfassungsschutzchef Eduard Vermander tritt wegen zahlreicher Pannen
zum 1. Juli ab. Skandale haben auf seinem Posten Tradition – seit
1952

Gestern hatte Eduard Vermander seinen letzten oeffentlichen Auftritt als Chef
des Landesamtes fuer Verfassungsschutz (LfV). Zum Monatsende wird er – zwei
Jahre vor der Zeit – seinen Sessel “auf eigenen Wunsch” raeumen und in den
Ruhestand gehen. Diese Formulierung wird immer dann gewaehlt, wenn einem
schmachvollen Hinauswurf entgangen werden soll. Und der hatte Vermander
gedroht. Eine peinliche Prozessschlappe gegen die Partei der Republikaner
und falsche Scientology-Vorwuerfe gegen den Polizeidirektor Otto Dreksler
hatten seinen Ruf ruiniert.

Seinen Amtsvorgaengern ist es nicht viel anders gegangen. Von den zehn
LfV-Leitern haben bislang nur zwei Interimskandidaten den Posten ohne
Blessuren gemeistert. Die Serie der Fehlbesetzungen begann 1952. Nach nur
wenigen Monaten wurde Werner Otto, der erste Amtsleiter, wieder abgeloest:
“auf eigenen Wunsch”. Dahinter steckten politische Intrigen und ein “wild
wogendes Privatleben” auf Kosten der Steuerzahler. Viel laenger hielt sich
auch Gotthard Friedrich (1952 – 53) nicht. Ausgerechnet die Berliner
Abgeordneten hatte er unter die Lupe nehmen lassen. Er wurde “beurlaubt”.

Erst mit Heinz Wiechmann (1953 – 65), dem dritten Chef der Schlapphuete,
endeten die fliegenden Wechsel. Skandale, wie etwa die Ausspaehung der
Berliner Arbeitslosenvereinigung, hatte es auch bei ihm gegeben. Bis zur
“Affaere Pension Clausewitz” meisterte Wiechmann diese aber besser als seine
Vorgaenger. Die Pension Clausewitz, ein bei Unterweltlern, sowjetischen
Agenten und deutschen Politikern gleichermassen beliebtes Bordell, befoerderte
dann auch ihn 1965 aus dem Amt. Dem Verfassungsschutz war damals eine
Auflistung des illustren Kundenkreises in die Haende gefallen. Auf Anweisung
der alliierten Sicherheitsoffiziere wurde deren Existenz dem Innensenator
jedoch verschwiegen. Als Wiechmann selbst auf Nachfrage noch leugnete, war
er beim dritten Nein gefeuert.

Die Aufgabe von Heinz Fahs (1965 – 66), seinem Nachfolger, bestand darin,
den Sessel fuer Eberhard Zachmann warm zu halten. Zachmann (1966 – 74)
residierte knapp zehn Jahre. Mit ihm begann die grosse Zeit professioneller
Vertuschung, die sein Nachfolger Franz Natusch (1975 – 86) perfektionierte.
Dass der CDU-Abgeordnete und spaetere Innensenator Heinrich Lummer 1971 einer
rechtsradikalen Gruppe unter den Augen der Verfassungsschuetzer Geld
zugesteckt hatte, die eigene Verstrickung des Amtes in den Mordfall
Schmuecker 1974 oder Lummers Techtelmechtel mit der Stasi in den Jahren 1970
bis 1984, alles verschwand im LfV-Tresor. Erst Jahre nach ihrer
Pensionierung holten die Skandale das Gespann Zachmann/Natusch 1990 doch
noch ein.

Nach Natuschs Abgang 1986 glich der Chefsessel wieder einem Karussell.
Dieter Wagner (1986 – 89), wie Vermander ein Geheimdienstimport aus
Baden-Wuerttemberg, hielt sich dort nur zweieinhalb Jahre. Er hatte versucht,
den SPD-Abgeordneten Erich Paetzold ausforschen zu lassen. Als dieser 1989
Innensenator und damit sein oberster Dienstherr wurde, war Wagners Karriere
schlagartig zu Ende. Ihm folgte sein bisheriger Stellvertreter, der Berliner
Kripo-Mann Dieter Schenk. Der sollte das chronisch skandaltraechtige Amt
eigentlich “ausmisten” und fuer rechtsstaatliches Arbeiten sorgen. Doch nach
neun Wochen wurde ein Nachfolger benannt.

Nun uebernahm der Verwaltungsbeamte Heinz Annussek (1990 – 95) die Leitung des
Amtes. Der fand am Geheimdienstflair zwar rasch Gefallen, fuehrte die Behoerde
ansonsten aber so fantasielos und buerokratisch, wie er zuvor in der
Innenverwaltung Haushalts- und Personalfragen bearbeitet hatte. Genau dies
loeste 1993 den “Mykonos”-Skandal aus: Im Herbst 1992 waren vier kurdische
Exilpolitiker von iranischen Geheimdienstagenten ermordet worden. Der
Drahtzieher des Attentates war dem LfV seit langem bekannt, auf eine
Telefonueberwachung war jedoch verzichtet worden, da man keinen Dolmetscher
hatte. Trotz dieses Versagens durfte Annussek seinen Posten bis zur
Pensionierung behalten.

1995 folgte nun Eduard Vermander. Mit seinem Ausscheiden will Innensenator
Werthebach das Verfassungsschutzamt nun formell aufloesen und neu
strukturieren. Viel helfen wird dies Vermanders Nachfolger kaum.

OTTO DIEDERICHS

Source

The anti-Semitism of the 68ers: T. Fichter on the bomb in Berlin’s Jewish Center


31/10/2005

The anti-Semitism of the 68ers

Philipp Gessler and Stefan Reinecke talk with Tilman Fichter about the bomb planted in Berlin’s Jewish Community Centre in 1969

On November 9, 1969, on the anniversary of “Kristallnacht“, over two hundred people were gathered in Berlin’s Jewish Community Centre in commemoration of the victims of Nazi Germany. Unbeknownst to them, a member of the radical Left student movement “Tupamaros West Berlin” planted a bomb in the building. The device failed to explode because the clock meant to trigger it off was connected by a rusty wire. The Tupamaros saw themselves as Germany’s first urban guerillas, inspired by the Latin American role model. The brains behind the plot was Dieter Kunzelmann, a leftist radical political clown, founder of the “Kommune 1” and self-proclaimed “kingpin of Chaos”. In the wake of the six-day war of 1967, Kunzelmann saw Israel as an imperial state and oppressor of the Palestinians, which must be resisted with force. His opponents inside the Left, who maintained a more nuanced view of the situation in the Middle East, accused him of having a “Jew complex”.
This summer, Wolfgang Kraushaar published “Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus” (the bomb in the Jewish Community Centre). The book reveals previously unknown information on the 1969 plot, and sparked a heated debate about anti-Semitism in the German Left in general and in the 68er movement specifically. According to historian Götz Aly, “the German 68ers were wretchedly similar to their parents.” Journalist Micha Brumlik pinpoints “the radical Left rebellion against their parents’ Nazi generation as a contradictory process of identification with them and their hatred of Jews.”
Kraushaar’s research revealed why the Berlin police had failed (or wanted to fail) in their examination of the case. Kraushaar identified Albert Fichter as the man who placed the bomb. Fichter was given the explosives – and this detail warrants further discussion – by an agent provocateur from the Berlin intelligence service who had long had the “Tupamaros West Berlin” under surveillance. Allegedly the bomb was tinkered with so it would fail to explode. Tilman Fichter, Albert’s brother, at the time chairman of the SDS (German socialist student group), explains in an interview why it was and still is taboo to talk about anti-Semitism on the Left.

taz: Mr. Fichter, you helped your brother Albert, who laid the bomb in the Jewish Community Centre in 1969, to escape from Germany…

Tilman Fichter: … yes, twice in fact, because he didn’t realise he was under surveillance.

Why did you help him?

Because he shared a flat with Dieter Kunzelmann, and I thought Kunzelmann was adifficult, unpleasant comrade whose influence on my brother was anything but positive. 

What do you mean by “difficult and unpleasant comrade”?

We threw Kunzelmann and his “Kommune 1” out of the SDS in 1967 because he was always distributing leaflets which argued the opposite position to the SDS, on the grounds that he and the commune were anti-authoritarian. An
d he refused to abide by any resolutions, although the resolutions were arrived at in plenary meetings and were therefore relatively democratic. It also had to do with the
 happenings he staged, such as when he burned papier mache figures of East German leader Walter Ulbricht and US vice-president Hubert Humphrey on Kurfürstendamm boulevard. Nobody understood what that was supposed to mean. It was idiotic. But he saw himself primarily as an artist, not a political person.

Where was Kunzelmann living in 1969?

In a supposedly secret flat of the Tupamaros West Berlin which was known to everyone in the leftist scene. It was the time of the split in the Extra-Parliamentary Opposition (APO):Christian Semler founded the KPD/AO (German Communist Party/ Set-Up Organisation), Joscha Schmierer, who worked in the planning department in the Foreign Office during the Red Green coalition, founded the KBW, the West German Communist Federation, in Heidelberg. And the Trotskyists founded their mini parties.

Why did you think it was dangerous for your brother to share a flat with Kunzelmann?

It very soon became clear that Kunzelmann is an anti-Semite.

When did you realise this?

In November 1969, when we published his first letter to the public in our radical left-wing magazine 883, the “Letter from Amman”. At the time I played down the letter, saying it was leftist anti-Semitism. If I read it again today I have to say: he’s an anti-Semite. Kunzelmann’s main word was “fight”, not “emancipation” or anything like that. He wrote: “Palestine is for the BRD what Vietnam was for the Americans. The Left has failed to comprehend this. Why? The Jew complex.” His argument was that because the Left was coming to terms with the causes of Auschwitz, it was failing to realise that the real enemy was sitting in Israel and that one should show solidarity with the Palestinians. This was a complete break in the highly complex debate taking place with the West German Left, which was critical of Israeli politics, but with an eye to the fact that the situation in Palestine after 1937/39 had been shaped by the Zionists trying to accommodate hundreds of thousands of European Jews. It was not a black and white issue. Kunzelmann blankly refused to accept this nuanced analysis. This was a break with the analytical tradition of the SDS, and an attempt to lead parts of the West German Left into a partisan struggle against the Jews in Germany.&n
bsp;


Your brother Albert Fichter claims that Kunzelmann constantly referred to the “damn Jews” – did he do this in front of you too?

Not in front of me.

Apparently he said to Daniel Cohn-Bendit: “You’re nothing but a little Jewish pig.”

I could well imagine it. I just know that Kunzelmann’s writings at the time, seen from today’s perspective, do not qualify as leftist anti-Semitism, but as anti-Semitism tout court

Why did so few left-wingers see this at the time?

Lots of them couldn’t believe their ears! They simply weren’t prepared for that sort of thing. It was the equivalent today of a group of young men in the taz standing up and saying theoppression of women is progressive. It’d take weeks for you to figure out what was happening among the editors – and that’s how it was for us. At first we just couldn’t believe our ears. I didn’t make any friends by saying this was leftist anti-Semitism.

What was the reaction in 1969 among the radical Left to the plot to blow up the Jewish Community Centre? As Wolfgang Kraushaar appropriately puts it, this was Kunzelmann’s attempt to regain his authority among the militants…

… yet he failed utterly. In Kunzelmann’s diary, which is now in the hands of the Hamburg Institute for Social Research, he wrote – and he’ll be kicking himself now because it was his vanity that made him write it – that he was on the verge of desperation because the German Left was not prepared to support his campaign with the PLO against the Jews. Kunzelman never made the distinction between the Jews in the diaspora and the State of Israel. This is why he was completely on his own in the radical Left.

The fact that the attack targeted Jews in Germany as Israelis and also the date,November 9, leave no doubt that it was an act of anti-Semitism. The radical Left in no way supported Kunzelmann – but it barely recognised this as a clear instance of anti-Semitism. Why not?

It’s absolutely astonishing. The fake bomb was not taken very seriously at all back then. As I remember it, I was one of a very few to react it, with my article “What is anti-Semitism?” in Agit 883 (underground paper -ed). For a long time the subject was not breached on the Left. To put it rather cynically: as usual the friends of East Germany put the blame on the Right. That was their standard response to anything that was complicated in any way. And in this instance the anti-authoritarian Left seemed to be content to accept this line of argumentation. 

And why the date, November 9, the anniversary of the pogrom in 1938?

My brother writes in his “confession” in Kraushaar’s book that he didn’t even know the significance of November 9 at the time. He was apparently so full of LSD that it didn’t even dawn on him. The commune members didn’t discuss things analytically or with a view to history. Their lives were all about the struggle. When you read this today, you recognise echoes of the thirties and the movement in Germany whose focal point was also the struggle, or “Kampf”.

The bomb was supplied by the intelligence. Did you know that at the time?

Yes, I was aware that the bomb was provided by intelligence agent Peter Urbach. Kunzelmann let himself be supplied with defect bombs from the stockpiles of the German intelligence. And anyway it was a f
ake
.

Demo in Berlin mit Peter Urbach
Peter Urbach in front (with hat)

Was the bomb in the Jewish Community Centre a fake? Wasn’t it rather a bomb that failed to explode?

I call that a fake bomb. It couldn’t explode.



The target of the West Berlin Tupamaros’ first attempted bombing, West Berlin’s (then) Jewish Community Center.

But only because of a technical defect.

All bombs that came from Urbach had this technical defect. They couldn’t explode. Another fake bomb was later found in Kunzelmann’s freezer. The intelligence irresponsibly tried to smuggle these things into the student movement. But one way or another, Urbach’s superiors were aware they didn’t want to plant any active bombs – unlike a few months later when Peter Urbach provided the first generation of the RAF with real weapons.

Has that been proven?

Yes. But it has yet to be found out who was behind the attempt to arm the student movement. Peter Urbach now lives in the USA, under protection and with a false name. He could clear things up at least partially. But no one has ever tried.

But we still don’t understand. Why did the Left fail to understand how scandalous the attack was back then?

At that time we faced a twofold challenge. On one side we were fighting the US war in Vietnam. There were demonstrations nearly every day – it’s almost impossible to imagine this sort of thing nowadays. We were permanently in action. On the other hand the extra-parliamentary opposition had just split. I made the mistake of thinking that this New Left could still be held together, and joined the editors of Agit 883. That was completely idealistic. Then in early 1970 I abandoned the attempt when I saw these city Tupamaros were just using me. Agit 883 informally belonged to Dirk Schneider. He was later uncovered as a Stasi agent active in the Green Party exectutive.

So the continual mobilisation was what prevented people from seeing this anti-Semitic attack. But why did almost it take decades for the Left to start talking about it?

It was taboo.

What was taboo?

It was taboo to say there could be something like anti-Semitism on the Left. Because the Left had been a victim, because it had suffered together with the Jews in the concentration camps, it never thought it possible that this problem could also exist in its own ranks. I was severely criticised at the time, even by comrades I still think highly of today. They said, “Tilman, you shouldn’t make such a big thing of it. We can settle this internally.” When I started discussing it openly with my article on anti-Semitism I was treated like a bit of a renegade, as if I were eroding solidarity on the Left, and opening acan of worms that had to be cleared up among ourselves. But it was never cleared up. That was the problem.

The SDS had been pro-Israeli, at times even Semitophile, before 1967. Why did it turn a blind eye to this anti-Semitic aberration?

No, you’re assuming something there. The SDS was always on very good terms with leftist Zionist groups, even long before 1969. The SDS saw itself as a support group for the leftist Zionists in Israel that had been against the Israeli occupation policy since 1967. At a key SDS congress in 1967, comrades from Heidelberg had submitted a resolution that the SDS should break off all ties to Israel. I was there! Rudi Dutschke intervened and threatened that if that went through, if the Maoists mobilised a majority, then the Berlin contingent would get up and leave. Rudi was very clear that it shouldn’t come to a vote. He was on very good terms with leftist Zionist circles, and held no anti-Semitic positions. It didn’t come to a vote, and the question was deferred. Then came the attack on Rudi, and with it we lost our most reflective friend of the Israeli Left. For as long as the SDS continued to function, he prevented the West German Left from taking an openly anti-Israeli stance

Some of the sympathisers of the SDS back then – Günther Maschke, Reinhold Oberlercher, Horst Mahler und Bernd Rabehl – are now more or less open anti-Semites.

Or at least right-wing nationalists.

Don’t their biographies point to a long-standing if disavowed anti-Semitic undercurrent in the movement?

I can’t say if that was always the case with Mahler and the others. I didn’t know them well enough. Those are five people out of roughly 3,000 in the hard core of the SDS. It’s appalling that there were people like Mahler at all in the New Left. But we’re talking about an infinitesimal minority in the student movement back then, you’ve got to keep that in mind.

Did the SDS make mistakes back then?

Good question. I’d say it was a mistake that Rudi didn’t insist that the Israeli occupation policy and the growing anti-Semitism in parts of the student body be discussed at the student conference in 1967. Instead we kept the question from the agenda with tactical manoeuvres. We didn’t take the subject of underlying anti-Semitism in the German Left at all seriously. That was a mistake.

One of the major impetuses for the 68er movement was its rejection of the pall of silence surrounding acts committed by their parents. Then in 1969 an anti-Semitic act was committed within its own ranks, or to be more exact: on its margins – and everyone was evidently so busy with the revolution or Vietnam that they didn’t see it?

That’s right.

Yet the contradiction remains. We have to free ourselves from the idea that the second generation after the Holocaust, the children of the perpetrators, would have been able to simply cast off the inheritance of their parents with a sweep of the hand. There was an unconscious relationship of delegating between generations – perhaps the younger generation’s eternal comparison of Israel with the Nazis was an unconscious attempt to qualify their parents’ guilt…

Maybe for some people.

Some social psychologists even see the street battles of 1968 as an attempt by the children to recreate the violence experienced by their parents. Is there anything in that?

I think that kind of speculation doesn’t get you anywhere. It just turns the facts upside down. My experience was: German society was full of violence after 1945. That violence didn’t come from us. In January of 1952 for example, SDS students demonstrated against the new films by Veit Harlan, who’d made the hate film “Jud Süß” under the Nazis. They got severely beaten up. Another example: We wore shirts and ties to the anti-Shah demo on July 2, 1967, and were chased by the police. It’s a wonder there weren’t three or four deaths, and that only Benno Ohnesorg was shot and killed. The violence was in society. There was violence among the Berlin police and the population as a whole. At the time it was a real hate-society. When we demonstrated against the US Vietnam policies, 80 percent of the population was against us. Nowadays you can’t start to imagine what it was like! For us students it was like running the gauntlet.

A lot of people went underground. Did you ever toy with the idea?

No. I was about ten years older, I finished high-school at night school and I’d spent time at sea. My motto was: rebellion is justified, but we’re going to lose. When you’re in the minority, you can’t force your opinions onto the majority. That was the subject of a lot of my discussions with Rudi Dutschke. He was the only one I could talk to about things like that. Rudi understood my position, even though he thought it was wrong. In the mid sixties, the majority of society didn’t want to think about the taboo of genocide. Yet culturally, the student movement was a lot more successful than I’d thought was possible.

So you never wanted to go underground?

No, I was always against making yourself illegal – just like I was against the RAF and the idea that the first RAF generation had been murdered in Stammheim prison in Stuttgart. It took a long time for the German Left to take a critical look at itself. It’d had its back against the wall for a long time, and didn’t have the chance to think about itself.

That also goes for the Left’s relationship to Kunzelmann. In fact after 1969 it should have been clear he was an anti-Semite. Nonetheless he was a representative for the Alternative List (AL) in the Berlin state parliament in the 1980s. Why did the AL think they could win the elections with Kunzelmann?

Because it didn’t take the subject seriously. In 1984 when I raised the topic of anti-Semitism on the Left again, it came to nothing. Now Kraushaar is trying it again – and I’m afraid it still won’t lead to anything. Together with the others I excluded Kunzelmann from the SDS. But I have to admit, I never really took him seriously. I always thought of him as a dangerous clown. And that’s still how people on the Left think. They should stop trying to play down the problem and call anti-Semitism by its name. But I don’t think we’ll be able give this problem the attention it deserves.

Why was Kunzelmann so popular?

In fact I don’t think he was so popular. He was physically a wreck because of all the drugs he took. It was only when he went to prison that he finally got a grip on himself. But I’ll put the ball back in your court: The press always found him interesting and played along with him. For the press he was a lot more attractive than the SDS and its serious discussions. Kunzelmann said: “I rub shit in your face.” He was full of bawdy jokes, in the tradition of Luther somehow. But he was also a bawdy anti-Semite. He always readBild Zeitung, and complained that the Left didn’t understand that Bild was the best paper of all: “They always write nice things about me” (Bild Zeitung is often held responsible for the death of Rudi Dutschke, on account of the virulent hate campaign mounted by the paper – ed). That was all he cared about. For us on the other hand, Bild Zeitung was a threat. A hate paper.

Did you criticise your brother for what he did?

It was only on Christmas 2001 that he told me he was the one who carried the bomb into the Community Centre. When he told me we had a long argument. 

But your brother says you know he’d laid the bomb as early as the 1980s…

Yes, but that’s wrong. The first I heard about it was in 2001, after our mother died. He told me about it, and explained why he was only telling me then. At all costs he’d wanted to prevent our mother from finding out about it. She’d been active against the Nazis and considered herself a friend of Israel. My brother certainly felt shame at what he’d done. I told him. “Abi, what you did isn’t anti-Zionist, it’s anti-Semitic.” He agreed that it was totally wrong, but maintained it was an anti-Zionist action. I said: “If you act against the Jews in the diaspora and hold them responsible for the Israeli occupation policy, then you’re doing exactly what the neo-Nazis do, namely equating the Jews in the diaspora with the Israelis.” It took a long time for that to sink in. Three days later we were at the place of a mutual friend from the youth movement. My brother asked our friend if he also thought what he did was anti-Semitic. All our friend said was: “Of course it was.” Now my brother accepts that, but it took a while.

What do you mean “yout
h movement”?

The Boy Scouts, but the religiously unaffiliated ones. By the way, that’s another thing the 68ers haven’t ever dealt with. A whole lot of people in the Berlin SDS came from the Boy Scouts or the “Bündische Jugend” youth movement. But no one’s ever talked about that. 

In 1969 you helped your brother escape to Sweden. Would you have done that if you’d known he was the one who planted the bomb on November 9?

No. I wouldn’t have helped him if I’d known. I’d have left him on the street, to his own defences. I told him that, too. I wouldn’t have handed him over to the police, you don’t do that to your own brother. But I wouldn’t have helped him. That would have been bitter for him – and for me too.

How do you get on with him today? Do you feel he deceived you? 

No, we get along fine. To be honest, I’m happy I didn’t know about it for so long. That way I could help him. He’s my brother after all.

And why does he write that you’ve known about what he did since the 80s?

I also thought I knew about it. But then we sat down and thought about it, and came to the conclusion that I hadn’t known. All I knew was that he was part of the Tupamaros West Berlin. He was also on one of the first RAF wanted posters – wrongly so. And just a couple of weeks ago he told me something else: the fake bomb was wrapped in Tommy Weisbeckers coat – and he came from a Jewish family. His father – as far as I know – was imprisoned in Buchenwald concentration camp for being a Jew and a communist. And Dieter Kunzelmann, that scumbag, should explain once and for all why he’d had the bomb wrapped in Weisbecker’s coat. Tommy’s father was a dentist, and Tommy broke into his safe to steal gold, on order from the Tupamaros. Imagine! The Nazis had been the ones to take all the gold from the jaws of their Jewish victims. What kind of mind has Kunzelmann got? He could have sued me as far back as 1984. But he didn’t. And he knows perfectly well why not.

*

The article originally appeared in German in die tageszeitung on October 25, 2005.

Translation: lpjab.

Get the signandsight newsletter for regular updates on feature articles.
signandsight.com – let’s talk european.

Source

Orthodoxer Feminismus – Eine Chimäre


Helke Sander: 

In ihrem Text „Feminismus und kulturelle Dominanz – Kontroversen um die Emanzipation „der“ muslimischen Frau“
(Aus: BAG Mädchenpolitik Info 9/2008) 
benutzt B. Rommelspacher gleich auf der ersten Seite in einem Zwischentitel den Begriff:„Orthodoxer Feminismus“.

Dieser, offenbar von Birgit Rommelspacher (im Folgenden nur: BR) erfundene und von mir vorher nie gehörte Begriff wird nun nicht etwa erklärt, sondern als bekannt und definiert vorausgesetzt und personell einerseits auf Alice Schwarzer bezogen, die mit zwei in sich unverständlichen und offenbar aus dem Zusammenhang gerissenen Sätzen über den „Männlichkeitswahn des 21.Jh. und faschistischer Männerbündelei im 20. Jh.“ und einem nur ungefähr angegebenem Herkunftsbeleg zitiert wird, sowie auf Halina Bendkowski, deren „orthodoxer Feminismus“ sich darin äußern soll, dass sie in der Kopftuchfrage „die Durchsetzung der Menschenrechte ohne Wenn und Aber“ fordert. (Dies ganz ohne Herkunfts-Beleg, was für eine Frau Prof. Dr. BR mit Schwerpunkt „Interkulturalität und Geschlechterstudien“ geradezu Guttenbergsche Qualität hat). Andere Menschenrechte wie das Recht auf kulturelle Selbstbestimmung und Religionsfreiheit würden von Bendkowski nicht berücksichtigt, wird als Merkmal des orthodoxen Feminismus angeführt.

Ich möchte hier nicht auf die inhaltlichen Auseinandersetzungen in der Kopftuchfrage eingehen, zu denen sich in wirklich vielen und differenzierten Texten auch Schwarzer und Bendkowski geäußert haben, sondern mich darauf beschränken, was mit der WorterfindungOrthodoxer Feminismus offenbar erreicht werden soll, den BR bestimmten Leuten ohne weitere Begründung unterstellt und von dem sie sich selbst kategorisch absetzt. Diese Distanzierung von dem Begriff ist gewissermaßen schon das erste Ziel. Wer zu den orthodoxen Feministen gehört, ist nicht nur altmodisch, sondern, wie im späteren Text suggeriert wird, vor allem rechtslastig, dogmatisch, konservativ, auf die eigene Herkunft fixiert und unfähig, fremde Kulturen in ihrer Eigenart zu akzeptieren.

Nun könnte jemand, die 1945 geboren ist und bei der Entstehung der Frauenbewegung im Januar 1968 schon erwachsen war und sich in ihrem Berufsleben mit der Geschlechterfrage befasst, etwas mehr von den inhaltlichen Kontroversen wissen, die die immer äußerst heterogene Frauenbewegung wie jede andere neu entstehende Bewegung von Anfang an begleitet haben. Richtig ist allerdings, dass – anders als bei den verschiedenen kommunistischen Parteien, den verschiedenen Flügeln in der SPD, den Abspaltungen bei den Grünen usw. usw. – diese Kontroversen aus Desinteresse an der Frauenbewegung jenseits von Latzhose, Provokation und unterstelltem Männerhass kaum in den Mainstreammedien und d.h. in der breiteren Öffentlichkeit diskutiert wurden. Später, ab Mitte der 70-er Jahre, wurde die Zeitschrift EMMA zu DEM Sprachrohr DER Frauenbewegung von den gleichen Medien erklärt, die bis auf sporadische Ausnahmen nicht wahrhaben wollten, dass die Frauenbewegung von Anfang an vielfältig war. Das spiegelte sich dann allerdings auch kaum in der EMMA, auf die und hauptsächlich auf deren Herausgeberin sich die Öffentlichkeit allein mehrheitlich bezog. In der EMMA gab es keine kontinuierlichen und seriösen Auseinandersetzungen mit Themenfeldern, zu denen die Herausgeberin eine andere Meinung hatte. Was sich jenseits einfacher Zuschreibungen abspielte, wurde also mehr oder weniger von allen Medien ignoriert. (Man denke nur an die Auseinandersetzungen schon 1969 zwischen dem Aktionsrat zur Befreiung der Frauen und dem sozialistischen Frauenbund). Schon deshalb verbietet sich ein so pauschaler Begrifft wie „orthodoxer Feminismus“.

Bei allem Vorbehalt, den ich gegenüber der Rolle von Alice Schwarzer in den Medien habe, die weitgehend als Repräsentantin DES Feminismus gilt, werde ich doch nicht vergessen, dass sie am Anfang der iranischen Revolution mit einigen Feministinnen den Iran besuchte und (zwar nicht als einzige, aber doch als eine von vielen Frauen in der alten BRD und der ganzen Welt) über die Verbrechen an Frauen berichtete, die massenhaft hingerichtet wurden, u.a. deswegen, weil sie KEIN Kopftuch trugen und tragen wollten. Darauf aufmerksam gemacht zu haben und weiterhin auf die Verbrechen hinzuweisen, die immer noch geschehen, wenn Frauen sich in Widerspruch zu bestimmten Traditionen befinden, wird also von BR als engstirniger orthodoxer Feminismus beschrieben. Dazu gehört die Diskriminierung solcher Frauen durch BR, die selber schon wegen ihrer Ansichten schlimme Gewalterfahrungen gemacht haben (Seyran Ates, Ayaan Hirsi, Necla Kelek, um nur die hier bekanntesten zu nennen) und die sich in die Anonymität zurückziehen müssen, um nicht Opfer religiöser Krimineller oder sich auf die Religion berufender Chauvinisten zu werden. Ich will ja gar nicht bestreiten, dass das Kopftuch auch ein Vehikel zur Identitätsfindung junger Mädchen sein kann und für viele unterschiedliche Konfliktlösungen herhalten muss. Es ist aber je nach Gesellschaft und Stand für viele lebensgefährlich, es nicht zu tragen und eine Ungeheuerlichkeit, den KritikerInnen dieser Verhältnisse faschistische Tendenzen zu unterstellen.

Orthodoxer Feminismus, nach BR ein monolithischer Block aus den sechziger und siebziger Jahren –  soll also auf einen anderen, neueren, aufgeklärteren, intelligenteren Feminismus verweisen, der vor allem kulturelle Unterschiede anerkennt.

Offenbar weiß BR nichts über die Auseinandersetzungen aus dieser Zeit über: Frauen als Patriarchalinnen, d.h. Unterstützerinnen patriarchaler Ideologien, über Opfer und Täterinnen, über die Schwerpunkte feministischer Politik, über Lohn für Hausarbeit versus gesellschaftlicher Versorgung der Kinder, über die Kampagne „Frauen in die Bundeswehr“ gegen diese Forderung, über Feminismus als politische Kategorie (was z.B. hieß, dass auch Männer feministische Positionen politisch vertreten können und sollen) gegen einen hauptsächlich kulturellen und identitätsstiftenden Feminismus ohne Männer, usw.

Nichts davon wird bei BR auch nur erwähnt, auch nicht die feministischen Frauengruppen, die damals von den heute so genannten „Frauen mit Migrationshintergrund“ gegründet wurden, Arbeiterfrauen meist, mit bäuerlichen oder keinen Kopftüchern. Alle diese Frauen, so unterschiedlich sie auch waren und so kontrovers sie auch diskutierten, wollten tatsächlich Menschenrechte auch für Frauen durchsetzen, wollten die Ursachen für Diskriminierungen untersuchen und dagegen ankämpfen und werden heute pauschal von BR als altmodische, orthodoxe Feministinnen bezeichnet.

Nun gibt es natürlich wie bei jeder Bewegung auch in der feministischen, immer dumme Leute mit Sehnsucht nach einfachen Lösungen, die dann Ideologinnen werden und für die dann vereinzelt auch die Unterstellungen von BR zutreffen mögen. Dies aber zu verallgemeinern ist einfach unzulässig.

BR soll den Begriff Dominanzkultur entwickelt haben. Angehörige dieser Dominanzkultur, die orthodoxen Feministinnen, würden diese eigene Kultur nun den anderen aufzwingen. Die von BR geschmähte Halina Bendkowski hat vor vielen Jahren den Begriff der Geschlechterdemokratie eingeführt, die durchzusetzen sich die Heinrich-Böll-Stiftung in ihrer Eigenaussage bemüht. Ich hoffe, dass diese Institution fähig ist, die wirklichen Widersprüche zu analysieren, sonst unterstützt sie nichts weiter als Denunziation.

Helke Sander © 2-12

Source

Being Leftist and Anti-Semitic in Germany


Susanne Urban: 

In October 2004, the Dutch writer and filmmaker Leon de Winter said in an interview to the German liberal newspaper Sueddeutsche Zeitung: “The old poison of anti-Semitism is very much alive…. I will remain a stranger on this continent…. I fear that in Europe something will once more be done against the Jews.”1


Common Ground between Right and Left

Today’s German anti-Semitism is deeply connected to the Nazi period and the wish to expunge guilt and responsibility for dealing with it. Right-wing extremism, neo-Nazism, and extreme conservatism seem “naturally” linked to denial or minimalization of the Holocaust, or calling for a new one. As elsewhere in Europe, a relatively new “brotherhood” has emerged in Germany between the extreme Right and fundamentalist Islam.

Anti-Zionism, however – which is not mere criticism of Israeli policies, but the denial of the Jewish people’s right to live in their own state – also links leftists and rightists. Since the Six Day War of 1967, both the extreme and the mainstream Left in Europe have shown strong anti-Zionist tendencies, not always distinguishable from anti-Semitism. Although leftist anti-Zionism seemed to decline after the fall of Communism in 1990, it was reanimated by the Second Intifada and the antiglobalization movement, which is today a main source of leftist anti-Semitism.

In a May 2002 survey in the weekly magazine Der Spiegel, 25% agreed that “what the state of Israel does to the Palestinians is no different than what the Nazis did during the Third Reich to the Jews.”2 A new scholarly book analyzes how deeply anti-Semitism and anti-Zionism are rooted in German society.3 Since 1989, united Germany seems to stand on two main pillars: a strong anti-American and anti-Israeli attitude.

The Postwar, Pre-1967 Roots

Anti-Semitism was never exclusive to the Right; Communism, for its part, often vilified Jews as capitalists. Communism in East Germany, as elsewhere, denied the right to practice the Jewish religion and sought to eradicate religion in general, including Judaism. East Germany’s anti-Semitic policies first became evident in January 1953 when the Stasi – the state security service – confiscated documents of the Jewish communities, searched the homes of Jewish leaders, and spoke of a “Zionist conspiracy.” After the Six Day War, East Germany officially adopted an anti-Zionist stance. However, no serious data on East German anti-Semitism is available before the reunification in 1989.

Although West German left-wing anti-Semitism also increased steadily after the Six Day War, before then the West German Left supported Israel generally, and specifically the Wiedergutmachung (Reparations Agreement of 1953) and the establishment of diplomatic relations in 1965. This friendliness was, however, based on an idealization of Israel, kibbutzim, and pioneering and was not on genuinely firm ground.4 Opposition to the conservative government of Chancellor Konrad Adenauer also played a role in this left-wing philo-Semitism.

During the 1960s, the West German Left divided into a more “conservative” wing and a New Left trend. Whereas Chancellor Willy Brandt was said to be a true and unwavering friend of Israel,5 many young leftists took radical positions and opposed Brandt’s “establishment” Social Democratic Party. In 1966 they founded the Nonparliamentary Opposition (APO), a popular movement that sought to “renew” German politics from the outside. Many of its members and supporters later showed sympathy for the RAF, a leftist terrorist movement that had ties to the PLO and whose cadres trained in terrorist camps in Lebanon.


Student Radicalization

During the Six Day War, the New Left definitively transformed its hitherto moderate pro-Arab positions into full support for Arab states and the Palestinians, and its fragile pro-Israeli attitudes dissolved into anti-Semitic slogans thinly disguised as “anti-imperialist” criticism of a “fascist state.”

After 1967, however, not only the radicals but large parts of the German Left turned their backs on Israel. This went hand in hand with protests against the Vietnam War, against the conservative mainstream in Adenauer’s Germany and afterward the “Great Coalition” that was headed from 1966 by Chancellor Kurt Georg Kiesinger, a former member of the Nazi Party.6 The New Left also idealized Communist China and Ho Chi Minh, despite their involvement in mass murder against their own people.7

Well-known intellectuals who were more moderate leftists tried to dissuade the New Left from its extreme positions. Ernst Bloch, Jean Amery, Herbert Marcuse, Iring Fetscher, and Jean-Paul Sartre argued with the radicals and discouraged blind solidarity with the PLO, as opposed to legitimate criticism of Israeli policies. They warned that notions of Israel’s annihilation were intolerable and linked to National Socialist ideology. However, they were not heeded by the radicals.8

A Friend of Israel, a Foe of Leftists

The publisher Axel Caesar Springer, whose press group included the tabloid daily BILD and the daily Die Welt, as well as many other newspapers and journals, was, according to the Israeli diplomat Asher Ben-Natan, a true friend of Israel and the Jewish people:

He expressed opinions I haven’t often heard in Germany…. As the demands mounted to draw a “bottom line” under the German past, Springer thought there could never be Wiedergutmachung for the crimes Germans had committed against the Jews. He himself neither suppressed nor forgot the past and did not expect the Jewish people to forgive what had happened….Neither his moral values nor historical insights nor close relations with Jews and Israel involved benefit for him. It came from honest belief….During our conversations he never disguised his hatred for every kind of totalitarian dictatorship, including Communism….After the Six Day War Springer promulgated four guidelines for his employees and his newspapers that are still binding for the journalists and editors working for Springer publications. One was “Fostering reconciliation between Jews and Germany and supporting Israel’s right to exist.”9< /sup>

Springer was, however, a major target of the New Left, one reason being that he and his newspapers were clearly pro-Israeli and condemned the anti-Israeli stream in the New Left. Many in this movement decided: “If Springer is pro-Israeli, we have to be against the state of Israel.”10

In 1969, on the date marking Kristallnacht, an anarchist-leftist group painted graffiti on Jewish memorials saying “Shalom and Napalm” or “El Fatah.” A firebomb was also placed in the Jewish community center in Berlin. The leftist groups’ common perception was: “Jews who were expelled by fascism developed themselves into fascists, who in collaboration with American capitalism want to annihilate the Palestinian people.”11

Sharing the Ideology of Terrorism

For the New Left, nothing could discredit anti-Zionism. Even after Israeli athletes were taken hostage and murdered during the Munich Olympic Games in 1972, the leftists strengthened their solidarity with the Palestinian terror organizations.

West German New Leftists participated in the 1976 hijacking of an Air France plane to Entebbe, Uganda, where Jewish and Israeli passengers were singled out from the others by a German terrorist. The German Left ignored the hijacking and subsequent rescue operation by Israeli forces, and the German Communist Party in West Germany published a solidarity letter addressed to Ugandan dictator Idi Amin.

In 1982, after Israeli forces invaded Lebanon and the massacres in Sabra and Shatila were publicized, the whole German Left, moderate and radical, united for the first time in comparing Israel with the Third Reich and the Nazis. Thus, 1982 saw the launching of a new demonization, throughout the German public, of Israel and Jews in which they were frequently equated with Nazis.

The pathological need to compare Israel and Nazi Germany seems linked to the wish to discard the guilt and responsibility for the Holocaust. Also in 1982, the leftist newspaper taz called the Palestinians “the new Jews” and accused Israel of a “reverse Holocaust” in seeking to carry out the “final solution of the Palestinian question.”12


The Green Party and the Peace Movement

After 1982, and parallel to the peace movement’s agitation against U.S. influence and the deployment of missiles in Germany, the Green Party was founded. In those days both the peace movement and the Green Party were influenced by nationalistic, anti-American, “anti-imperialist,” and also “blood and soil” motifs taken more or less consciously from Nazi ideology.

Over the years, the Green Party evolved into a liberal, moderate leftist party. Today its leaders mostly hold pro-Israeli views, while supporting a Palestinian state as well, and fight anti-Semitism sincerely. However, many party members, particularly young ones, have more leftist, pro-Palestinian, anti-Zionist attitudes.

As for the German peace movement, it has not changed substantially since 1982, maintaining its anti-American and anti-Israeli emphasis. Although receding in importance after the fall of the Communist bloc, it came back with renewed force in 2002 as the wars in Afghanistan and Iraq were being planned. Millions of Germans, like their counterparts in other European countries, rallied in the streets to denounce the United States, Israel, and other governments that supported the war on terror.

An Evolving Anti-Semitism and Anti-Zionism

After the fall of the Berlin Wall and the German reunification, initial surveys in 1989 revealed a huge gap in anti-Semitic attitudes between East and West Germany.13 This, however, was a distortion fostered by a superficial distinction between anti-Semitism and anti-Zionism. Since it has become clear that East German “anti-Zionism” merged quickly with West German “anti-Semitism” into a homogeneous whole.14 In the Cold War era, readers of East German newspapers and also Western Communist publications were accustomed to “criticisms” of Israeli policies that used anti-Semitic caricatures and clichés. Protests by Jewish community leaders in East Berlin never appeared in public.15

The German Left stridently opposed the First Gulf War in 1991, and expressed strong sympathy for the Iraqi victims of coalition bombings. When Palestinians rejoiced as Iraqi missiles hit Israel, however, some Germans joined in their glee and attributed these attacks to “Israeli policies,”16meaning “the Jews” are to blame when they are persecuted.

Up to 2000, however, both New Left and mainstream anti-Zionist attitudes differentiated between Israel and the Jews who lived in Germany – although, as mentioned, there were cases of anti-Jewish graffiti and attacks on Jewish memorials and institutions. Only rarely was the Jewish community targeted by hostile actions with an Israeli focus. One could be anti-Zionist yet show high sympathy for the Jews in Germany based on a vague empathy related to the Holocaust.

But since 2000 the Jewish community is no longer safe and has been targeted by anti-Israeli activity, from graffiti and hate mail to demonstrations against the war in Iraq that ended up facing Jewish-community buildings or even a memorial like the Alte Synagogue in Essen. Jews in Germany are somehow held as hostages for Israeli policies, no matter what their own views.

Leftist anti-Semitic and anti-Zionist clichés have also become the common, acceptable property of conservatives, liberals, as well as leftists in Germany since 2000, and are well evident in the German media.17 The trend intensified after the September 11 attack in the United States, which gave rise to new anti-Semitic conspiracy theories that blamed the event on the Mossad. Many books developing such theories were published in Germany, and they were all bestsellers.18 Another outlet for such sentiments was the anti-war demonstrations of 2002, as well as anti-globalization gatherings.

With the Second Intifada, the Left and many other groups rediscovered or discovered their solidarity with the Palestinians – including the suicide bombers. This is an extension of the New Left anti-Zionism of the 1960s, with basically the same structural motifs and expressions. Given the decline of Communism there is less of an “anti-imperialist” emphasis, but the trend of Nazifying and demonizing Israel has grown dramatically in Germany as in Europe generally.


Nazifying Israel, How to Get Rid of the Holocaust

In today’s Germany, leftists who Nazify Israel and characterize it as the world’s most evil country have opened the door to proclaiming Jews to be evil people in general. Since Nazis represent the pinnacle of evil in leftist ideology, those who allegedly resemble them and perpetrate Holocaust-like actions are seen as being on the same moral level.

In 2002, Freie Sender Kombinat, a radio station in Hamburg run by students and leftist groups, interviewed a Palestinian named Ahmed who described Israelis as “the Nazis of today,” and compared the Holocaust to the Palestinian history “under the Zionists.” He appealed to Germany to end theWiedergutmachung and claimed that about ten billion Marks had been paid for each Israeli citizen. The presenters did not question him or even correct the absurd figure.

In October 2001, the far-Left academic journal Contraste
 published an article by the sociologist Christian Siegrist that claimed: “there are too many Jews in American politics. I think it is legitimate if they are overrepresented in science, this is somehow traditional, but it is not good if American Jews are involved in Middle Eastern politics.” He also asserted: “The atrocities against the Palestinian people are a humiliation for the whole Arab world…. They have suffered worse than what the people in New York experienced on that one day.”19

On 28 September 2002, the Palestine Committee in Stuttgart held a symposium. No protest was heard as the following statements were made:

  • We have to support the Palestinians unconditionally. This means: Solidarity with suicide bombers.

  • A two-state solution is no solution for Palestine. In the end the reactionary state of Israel and Sharon must fall. Israel must be eliminated.

  • In Germany some parts of the peace movement are under the control of the Zionists. They do not think independently; the Jews are pulling the strings.

  • Western politicians are under the control of the banks and holding companies. They need the aggressive and reactionary regime in Israel to get more and more power in that region. Sharon has nothing to fear since the banks are behind him. Is there any region in the world that is not under the rule of globalized capitalism?… Behind the Jews stands the financial capital – the reeking capitalism.

This gathering included leftist groups as well as the anti-globalization movement, Association for the Taxation of Financial Transactions for the Aid of Citizens (ATTAC).201


ATTAC

ATTAC, a worldwide group with many members and promoters in Germany, was monitored very thoroughly by Jewish organizations, mainly in France and Britain, as it went beyond criticism of economic policies to address political issues. In a January 2003 demonstration against the meeting of the World Economic Forum in Davos, some of its activists, including Germans, staged a “masquerade.” One person, disguised as President Bush, carried with another person a “golden calf.” Both “Bush” and the calf were marked with large yellow stars.

Subsequently ATTAC came under heavy criticism and tried to deflect it with a “Discussion Site of ATTAC-Germany on the Israeli-Palestinian Conflict.”21 Although attempts were made there to deny anti-Semitism and anti-Zionism, between the lines the message was clear: Israel is solely responsible for the escalation since September 2000, and European Jewish groups isolate themselves when they decline to attend “anti-racism” rallies together with ATTAC and other leftist groups.

According to one statement: “The killing of Israeli civilians is not only a moral, but also a political problem.” In other words, is it morally wrong to kill civilians, or is it understandable that suicide bombers act as they do? The “political problem,” however, is not attributed to the Palestinian Authority but to Prime Minister Ariel Sharon for allegedly “using the bombings for his foreign policy.”

Later, this statement denies that Israel is actually fighting a war against terror and belittles what Israelis undergo. Palestinian terror is legitimized as a “just fight” against the “Israeli occupation,” whereas “Israel is only struggling for the continuation of the occupation.” ATTAC Germany also asserts at the same site: “During World War II the Allies committed war crimes like the bombings of Hiroshima and Dresden, but their fight against Nazism was just.” The Allies are meant to be analogous with the Palestinian terrorists, Nazism with Israel.


Conclusion

In Germany the circle between Right and Left, between anti-Semitism and anti-Zionism, seems finally to have closed. Israel is now blamed for worldwide problems, just as Jews were accused as the source of misfortunes during the Middle Ages. The centuries-old practice of demonizing Jews has now been transferred to the state of Israel, leading to its delegitimization and isolation amid open calls for its destruction.

The extreme leftist trend in Germany contains elements that envision a world cleansed of the Jewish state.


*     *     *

Notes

1. Leon de Winter, “Das Boese existiert,” Sueddeutsche Zeitung, 18 October 2004 (the quotation is translated by Susanne Urban). 
2. Der Spiegel, May 2002. 
3. Wilhelm Heitmeyer, ed., Deutsche Zustaende (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2005). 
4. See Frank Stern, Im Anfang war Auschwitz. Antisemitismus und Philosemitismus im deutschen Nachkrieg (Schriftenr. d. Inst. f. Dt. Gesch. Uni. Tel Aviv 14), Gerlingen, 1991. 
5. Based on interviews by Susanne Urban with Asher Ben-Natan, published as a biographical account of Ben-Natan’s experiences in Germany: Bruecken bauen, aber nicht vergessen. Als erster Botschafter Israels in der Bundesrepublik Deutschland (1965-1969) (Duesseldorf: Droste, 2005). 
6. See also Bruecken bauen, aber nicht vergessen, pp. 111-145. 
7. Jean Amery, “Die Linke und der Zionismus,” Tribuene, 32 (Frankfurt am Main, 1969); Thomas Haury, Antisemitismus von Links (Hamburg: Institut für Sozialforschung 2002); Martin W. Kloke, Israel und die deutsche Linke. Zur Geschichte eines schwierigen Verhaeltnisses (Frankfurt am Main: Suhrkamp). 
8. The article and appeals of these intellectuals were published in student journals, in the quarterly journal Tribuene (Frankfurt am Main), and in left-liberal newspapers likeFrankfurter Rundschau
9. B ruecken bauen, aber nicht vergessen, pp. 93-96 (the quotation is translated by Susanne Urban). 
10. Kloke, Israel und die deutsche Linke, p. 17. 
11. Bommi Baumann, Wie alles anfing (Frankfurt am Main, 1976). 
12. Kloke, Israel und die deutsche Linke, pp. 137-143, where more such quotations can be found. 
13. Bernhard Prosch, Reinhard Wittenberg, and Martin Abraham, “Antisemitismus in der ehemaligen DDR. Ueberraschende Ergebnisse der ersten Repraesentativ-Umfrage und einer Befragung von Jugendlichen in Jena,” Tribuene, 118 (Frankfurt am Main, 1991), pp. 102-120; Emnid (a polling institute), survey conducted for the American Jewish Committee, 1991. 
14. See, e.g., a 1994 Emnid survey (Zentralarchiv für empirische Sozialforschung, Cologne, No. 2418), and polls by Infratest Burke (1996), Forsa (1998), and Infratest Sozialforschung (2002). Many of the polls were published in the weeklies Der Spiegel, Stern, and Die Woche
15. Lothar Mertens, “Staatlich propagierter Antizionismus: Das Israelbild in der DDR,” in Siegfried Theodor Arndt, Helmut Eschwege, Peter Honigmann, and Lothar Mertens, eds.,Juden in der DDR. Geschichte – Probleme – Perspektiven (Köln: Boehlau, 1988), pp. 125-159. 
16. As stated in 1991 by Green Party member Christian Stroebele. See also Martin W. Kloke, “Kathartische Zerreissproben: Zur Israel-Diskussion in der Partei ‘Die Gruenen,'” in Herbert A. Strauss, Werner Bergmann, and Christhard Hoffmann, eds., Der Antisemitismus der Gegenwart (Frankfurt am Main: Campus, 1990), p. 124 ff. 
17. Analyses of the anti-Israeli media coverage include a s
urvey by Medientenor, published in Tribuene, 162 (Frankfurt am Main, 2002), p. 93 ff.; and a survey by the Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) on behalf of the German office of the American Jewish Committee (AJC), published in 2002. See under: www.ajc.org/german/israel_medien.asp. In addition, in 2002 the Bundeszentrale für politische Bildung (Center for Civic Studies) presented its study, “Nahostberichterstattung in den Hauptnachrichten des deutschen Fernsehens,” www.attac-netzwerk.de; search “Antisemitismus,” “Israel,” or “Palestine.” 

*     *     *

Dr. Susanne Urban is a historian whose current research, along with the subject of contemporary German anti-Semitism, deals with the topic of Youth Aliyah (an organization for Jewish children’s immigration to Israel) during the Holocaust. She is affiliated with Yad Vashem and the Hebrew University. Recently she published a book coauthored with Israel’s first ambassador to Germany, Asher Ben-Natan, about his experiences there (Bruecken bauen, aber nicht vergessen. Als erster Botschafter Israels in der Bundesrepublik Deutschland [1965-1969], 2005) and a book on Jews at the Volkswagen factory in 1944-1945 (Verschleppt, verborgen und ueberlebt, 2005).

More on Contemporary Anti-Semitism from the Jerusalem Center for Public Affairs

The United Nations: Leading Global Purveyor of Anti-Semitism – An Interview with Anne Bayefsky, April 2005, No. 31 www.jcpa.org/phas/phas-31.htm

align=”justify”>Jews against Israel – Manfred Gerstenfeld, March 2005, No. 30 www.jcpa.org/phas/phas-30.htm

align=”justify”>Anti-Zionism in Belgium – The Country’s Civil Religion that Reflects the New Anti-Semitism – An Interview with Joël Kotek, February 2005, No. 29 www.jcpa.org/phas/phas-29.htm

align=”justify”>
Fighting Anti-Israelism and Anti-Semitism on the American University Campus: Faculty Grassroots Efforts – An Interview with Edward S. Beck, January 2005, No. 28 www.jcpa.org/phas/phas-28.htm

align=”justify”>
Experiencing European Anti-Americanism and Anti-Israelism – An Interview with Jeffrey Gedmin, December 2004, No. 27 www.jcpa.org/phas/phas-27.htm

align=”justify”>
French Anti-Semitism: A Barometer for Gauging Society’s Perverseness – An Interview with Shmuel Trigano, November 2004, No. 26 www.jcpa.org/phas/phas-26.htm

align=”justify”>
“Something is Rotten in the State of Europe”‘: Anti-Semitism as a Civilizational Pathology” – An Interview with Robert Wistrich, October 2004, No. 25 www.jcpa.org/phas/phas-25.htm

align=”justify”>
Jihad, Apocalypse, and Anti-Semitism – An Interview with Richard Landes, September 2004, No. 24 www.jcpa.org/phas/phas-24.htm

align=”justify”>
Anti-Semitism in Greece: Embedded in Society – An Interview with Moses Altsech, August 2004, No. 23 www.jcpa.org/phas/phas-23.htm

face=”arial”>

Other related articles:

European Anti-Americanism and Anti-Semitism: Similarities and Differences – An Interview with Andrei S. Markovits (January 2004, No. 16) www.jcpa.org/phas/phas-16.htm.

align=”justify”>Experiencing European Anti-Americanism and Anti-Israelism – An Interview with Jeffrey Gedmin (December 2004, No. 27) www.jcpa.org/phas/phas-27.htm.

align=”justify”>Anti-Semitism In Germany Today: Its Roots And Tendencies – Susanne Urban (Jewish Political Studies Review 16:3-4, Fall 2004) www.jcpa.org/phas/phas-urban-f04.htm.

style=”font-family: ‘Times New Roman’; “>


Dore Gold and Manfred Gerstenfeld, Co-Publishers. Zvi R. Marom, Editor. Joel Fishman and Chaya Herskovic, Associate Editors. Jerusalem Center for Public Affairs, 13 Tel-Hai St., Jerusalem, Israel; Tel. 972-2-561-9281, Fax. 972-2-561-9112, Email: [email protected]. In U.S.A.: Center for Jewish Community Studies, 1616 Walnut St., Suite 1005, Philadelphia, PA 19103-5313; Tel. (215) 772-0564, Fax. (215) 772-0566. © Copyright. All rights reserved. ISSN: 1565-3676.

The opinions expressed herein do not necessarily reflect those of the Board of Fellows of the Jerusalem Center for Public Affairs.

Horst Mahler dementiert Stasi-Mitarbeit


Ich habe zu keinem Zeitpunkt wie auch immer für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gearbeitet.

Die Behauptung, ich hätte die Zusammenarbeit mit der Stasi “gestanden”, ist frei erfunden und wird für den Urheber juristische Konsequenzen haben.

Ich habe auch nicht beobachtet, daß das MfS der DDR versucht hat, mich für eine Mitarbeit zu gewinnen. Dagegen hat die CIA – erfolglos – einen solchen Versuch unternommen. Vermutlich ist dieser Versuch beim Innensenator des Landes Berlin dokumentiert.

Seit der Kuba-Krise (1962) habe ich in Westberlin mit einem politischen Freundeskreis intensiv für das Vorhaben geworben, Westberlin zur “Drehscheibe” eines offenen west-östlichen Dialogs auszubauen. An der Erarbeitung dieses Konzepts war mein damaliger engster politischer Freund, Walter Barthel, beteiligt, der in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts für die Außerparlamentarische Opposition in Westberlin Außerordentliches geleistet hat. Nach dem Zusammenbruch der DDR ist Barthel laut DER SPIEGEL als Doppelagent (für das MfS und den BND) enttarnt worden, ich hatte von der Geheimdiensttätigkeit meines Freundes keine Kenntnis.

Zu damaliger Zeit habe ich mich – insbesondere auch öffentlich – dafür eingesetzt, die SEW als Dialog-Partner zu fairen Bedingungen in Westberlin in den politischen Willensbildungsprozeß einzubinden. Diese Anstrengungen brachten vielfältige Kontakte zu Journalisten und Parteifuntkionären “der anderen Seite” mit sich. Ich wurde auch mehr oder weniger regelmäßig von den in Westberlin akkreditierten Vertretern der sowjetischen Nachrichtenagenturen TASS und Novosty zu Gesprächen aufgesucht.

In den bewegten Ostertagen 1968 (nach dem Mordanschlag auf Rudi Dutschke) gestaltete sich mein Verhältnis zum Vorsitzenden der SEW Gerd Danelius, fast freundschaftlich. Von diesem erfuhr ich, welche Berichte über meine politische Tätigkeit auf dem Schreibtisch von Erich Honnecker landeten. Auf dem Höhepunkt der Turbulenzen von 1968 ordnete Danelius zu meiner Unterstützung ein Mitglied des Parteivorstandes der SEW (Herrn Teske??) als meinen “persönlichen Sekretär” ab mit der Aufgabenstellung, meine Termine zu koordinieren.

Als sich vor diesem Hintergrund im Jahre 1968 die gegen meine Person gerichtete Medienhetze verschärfte, bot mir der “Kronjurist” der DDR-Regierung, der Kollege Friedrich K. Kaul, eine Dozentur an der Humboldt-Universität an, um mich und meine Familie auf diese Weise in “Sicherheit” zu bringen. Ich habe dieses Angebot im Einvernehmen mit meiner damaligen Ehefrau abgelehnt.

Es ist sicher kein Zufall, daß der vermeintliche “Stasi-Verdacht” gegen mich gerade in diesen Tagen in großer Aufmachung hochgespielt wird. Offensichtlich soll damit ein Gegengewicht gegen den Eindruck gesetzt werden, den der vor einigen Tagen im ARD-Fernsehen ausgestrahlte mehrfach preisgekrönte Dokumentarfilm “Die Anwälte” von Birgit Schulz in einer breiten Öffentlichkeit hinterlassen hat.

Bemerkenswert ist der Umstand, daß auch diesmal wieder die Höhe der gegen mich ausgesprochenen Freiheitsstrafen (12 Jahre – durch nachträgliche Gesamtstrafenbildung auf 10 Jahre und 2 Monate zurückgeführt) sowie die zugrundeliegenden “Taten” – ausschließlich Meinungsäußerungen, im Verborgenen gehalten werden.

Um dieses Intrigenspiel bestimmter Medien zu durchkreuzen, sollte die Öffentlichkeit darauf bestehen, daß die Generalstaatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin das vollständige Protokoll meiner Vernehmung im wiederaufgenommenen Ermittlungsverfahren gegen Kurras veröffentlicht. Die Vernehmung erstreckte sich über 5 Stunden.

Abschließend verweise ich darauf, daß die mich angeblich als IM belastenden Karteikarten in Presse-Kreisen seit Jahren bekannt sind.

Horst Mahler

Scharia in Libyen? Ja, schon unter Gadhafi.


Gudrun Eussner (7.2.2012):


Über die Einführung der Scharia in Libyen gefragt: Et l’instauration de la charia ? antwortet Bernard-Henry Levy: “Es hat keine ‘Einführung’ der Scharia in Libyen gegeben. Es gab eine Rede eines Übergangspräsidenten, der dabei war abzutreten, der sagte, daß er zu gegebener Zeit wünschte, daß Libyen sich Gesetze gäbe, die im Einklang wären mit der Scharia. Das ist ganz und gar nicht dasselbe.”

Man muß es sich vorstellen! Dieser Philosoph weiß nicht, daß die Scharia in Libyen schon unter Muammar al-Gaddafi geltendes Recht ist, daß sich nichts ändern muß, sondern daß es nur noch darum geht, sie konsequent anzuwenden. Nicht umsonst veröffentlicht Muammar al-Gaddafi Das Grüne Buch, islamgrün nämlich. Auch die Nationalflagge ist unter seiner Herrschaft islamgrün.

Im Grünen Buch, herausgegeben ab 1975, steht im Kapitel “Das Gesetz der Gesellschaft”, Seite 106f.: 

“Es ist unzulässig und undemokratisch, wenn ein Komitee oder ein Parlament das Recht hat, das Gesetz für die Gesellschaft aufzustellen. Es ist auch unzulässig und undemokratisch, wenn ein Individuum, ein Komitee oder ein Parlament das Gesetz der Gesellschaft ergänzt oder außer Kraft setzt.

Was ist dann also das Gesetz der Gesellschaft?

Das natürliche Gesetz einer jeden Gesellschaft ist entweder die Tradition (Sitten und Gebräuche) oder die Religion. Jeder andere Versuch, für irgendeine Gesellschaft ein Gesetz zu formulieren, außerhalb dieser beiden Quellen, ist unzulässig und unlogisch. Verfassungen sind nicht das Gesetz der Gesellschaft. Eine Verfassung ist ein grundlegendes, vom Menschen gemachtes Gesetz. …

Die Freiheit ist bedroht, wenn die Gesellschaft kein heiliges Gesetz hat, das auf stabilen Regeln beruht, die nicht in Gefahr sind durch irgendein Instrument des Regierens geändert oder ersetzt zu werden. …

Die Religion nimmt die Tradition in sich auf, die ein Ausdruck des natürlichen Lebens der Völker ist. Deshalb ist die Religion, in dem sie die Tradition in sich aufnimmt, eine Bekräftigung des Naturgesetzes. Nicht-religiöse, nicht-traditionelle Gesetze werden von dem einen Menschen erfunden, um sie gegen den anderen Menschen zu verwenden. Deshalb sind sie unzulässig, weil sie nicht auf der natürlichen Quelle von Tradition und Religion errichtet sind. …”

Das ist der Anspruch eines modernen Muslims, grundsätzlich nach Koran und Scharia zu regieren, ohne daß beide genannt werden, auch wenn er sich für die Gleichberechtigung von Mann und Frau stark macht, seine eigenen Ansichten über Minderheiten, Schwarze, Erziehung einbringt und damit sehr zum Leidwesen radikaler Muslime Koransuren außer Kraft setzt. (Seiten 131ff.) 


Was Minderheiten “mit eigenen gesellschaftlichen Rechten” angeht (Seite 138), so können die Juden in Libyen sehr islamisch nicht gemeint sein, ihnen wird eine der beiden Behandlungen von Dhimmis zuteil. Neben der Erpressung von Schutzgeld, genannt Jizya, ist die andere die Enteignung der Juden, oft gepaart mit Ermordung: “Als Oberst Gaddafi 1969 an die Macht kam, wurden alles jüdische Eigentum eingezogen und alle Schulden bei Juden gestrichen. Auch wenn Emigration gesetzwidrig war, haben mehr als 3000 Juden geschafft, nach Israel auszuwandern. 1974 gab es noch 20 Juden, und man glaubt, daß die Anwesenheit von Juden inzwischen erloschen ist,” schreibt Jacqueline Shields, in der Jewish Virtual Library. Muammar al-Gaddafi wählt also auch da einen “moderaten” islamischen Weg, würden die Medien heute berichten, wenn es um Islam im “arabischen Frühling” ginge. Dr. Heiner Lohmann, verlinkt bei Wiki, kann getrost behaupten, das Grüne Buch wäre nicht im geringsten islamischen Inhalts. Er meint ja auch, der Islam wäre eine “Jenseits-Religion”. 

Am 2. März 1977 läßt Muammar al-Gaddafi den “Allgemeinen Volkskongreß” in Kairo eine “Deklaration der Volkssouveräntität” verabschieden, daß am Sozialismus festgehalten werde. Die Volksherrschaft “ist der Verwirklichung einer umfassenden arabischen Einheit verpflichtet sowie dem Festhalten an spirituellen Werten als einer Garantie für das moralisch ethisch richtige Verhalten … verkündet damit allen Völkern der Welt die Geburt eines neuen Zeitalters für die Massen.

1. Der offizielle Name Libyens soll Sozialistische Libysch-Arabische Volks-DSCHAMAHIRIJA sein.
2. Der Heilige KORAN ist die Grundlage des Rechts der Gesellschaft in der Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-DSCHAMAHIRIJA.
3. …” (Seiten 145f.)

Man kann nicht davon ausgehen, daß BHL weiß, wovon er spricht, daß er le livre vert gelesen hat. 

Dresden: 2012 mit anarchistischen Vorsätzen auf Dresdner Straßen!


Anarchistische Gruppen und Projekte sowie Syndikate rufen zur Verhinderung der Dresdner Naziaufmärsche im Februar auf! Wie in jedem Jahr wollen Neo-Nazis im Februar wieder zwei Aufmärsche in Dresden durchführen. Das Bündnis „Dresden Nazifrei“, das von bürgerlich-linken über emanzipatorische Antifa-Gruppen bis hin zu autoritär-kommunistischen Organisationen reicht, mobilisiert bereits seit einigen Monaten um die rechten Demonstrationen zu blockieren. Ein Aufruf des linksradikalen Bündnisses „No Pasaran“ blieb bis jetzt für dieses Jahr aus. Dafür melden sich erstmals explizit anarchistische Gruppen, Projekte, Gewerkschaften und Einzelpersonen zu Wort und kritisieren sowohl den Naziaufmarsch als auch Repression und konservative Ideologien.
 Der Mobilisierungstext, der vom Allgemeinen Syndikat Dresden (FAU IAA – FdA IFA) ausgeht, will dazu einladen, sich stärker mit anarchistischen Standpunkten zu positionieren und perspektivisch unabhängige Mobilisierungsbündnisse auf die Beine zu stellen. Er kann auch nachträglich unterzeichnet werden. Als Anarchist*innen treten wir für eine Gesellschaft ohne Herrschaft und Gewalt des Menschen über den Menschen ein. Das schließt den Kampf gegen jegliche gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, physische und psychische Gewalt gegen Menschen und Diskriminierungen z. B. aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Aussehen, Sexualität ein.

2012 mit anarchistischen Vorsätzen auf Dresdner Straßen!

Als Mitglieder verschiedener Kampforganisationen der lohnabhängigen Klasse sind wir bemüht, wirtschaftliche Gesetze für die Bevölkerung transparent zu machen, damit wir uns so in Theorie und Praxis zum Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung selbst ermächtigen können. Der Kampf gegen die Ideologien des Faschismus und der des Führerkultes Nationalsozialismus als schlimmste Formen menschenverachtenden Denkens stellt für uns daher eine Selbstverständlichkeit dar. Wir möchten mit diesem Aufruf dazu ermutigen, sich den Neo-Naziaufmärschen am 13. und 18. Februar in Dresden unter einem anarchistischen Blickwinkel in den Weg zu stellen.

Mythos und Auseinandersetzung mit konservativem Bürgertum

Politische Kämpfe um gesellschaftlichen Einfluss sind immer auch Kämpfe über begriffliche und historische Deutungshoheit. Die Bewertung und der Umgang mit der Bombardierung Dresdens war seit jeher ein wichtiger Gegenstand verschiedener machtpolitischer Interessen. Bereits die Nationalsozialist*innen versuchten die Luftangriffe auf Dresden zu einem riesigen Kriegsverbrechen zu stilisieren und die Bevölkerung damit zum Endkampf gegen die Alliierten anzustacheln. In der DDR und der SU wurde weiterhin mit der Übertreibung der Opferzahl und dem Mythos von der harmlosen, kriegsunrelevanten Kulturhauptstadt argumentiert, um somit die Westalliierten als grausame Kriegsführer zu diffamieren und diesen die „ehrenvolle Rote Armee“ entgegenzustellen. Zudem wurde die Bombardierung als eine Art gewollte Einschüchterung des Ostblocks durch die Westmächte interpretiert. Die Gedenkveranstaltungen wurden vorrangig für SED-Agitationskundgebungen gegen „den Westen“ genutzt (1).

In den letzten Jahren konnten linksradikale, libertäre und zivilgesellschaftliche Kräfte den konservativen Lagern, vor allem vertreten durch die CDU und die Frauenkirchenstiftung, einige Zugeständnisse in ihrem Umgang mit dem Jahrestag im Februar abringen. So wird mittlerweile immer der Kontext der Bombardierung erwähnt. Auch die haltlose Behauptung, Dresden hätte keine kriegserhaltenden Funktionen übernommen, wird von dieser Seite nicht mehr offen verbreitet. Bezüglich der Opferzahlen wurden durch die Einsetzung einer Historiker*innenkommission neue Erkenntnisse gewonnen. So wird heute anstatt der Nazizahl, die von 300.000 Toten berichtete, mittlerweile offiziell von 25.000 Getöteten ausgegangen. In einem jahrelangen Diskurs ist es gelungen, die vorherrschenden meinungsbildenden Institutionen zu dem Bekenntnis zu bewegen, dass weite Teile der damaligen Dresdner Bevölkerung für die Verbrechen im Nationalsozialismus mitverantwortlich waren. Diese Tatsache prägt die heutige bürgerliche Gedenkkultur, die sich nicht mehr alleine mit der Trauer um die Opfer des Bombenangriffs beschäftigen darf.

Die Konservativen ihrerseits haben mit der Etablierung des Begriffs Extremismus für verschiedenste radikale Ideologien und Gesinnungen einen großen Sieg errungen. Der Begriff ist heute so stark im politischen Diskurs verwurzelt, dass er von Medien und sogar von vielen antifaschistischen Gruppen unhinterfragt verwendet wird. Gleichsam gelang es, die sogenannte Mitte, vor allem als Synonym der ideologischen Anhänger*innen der herrschenden Partei (in Sachsen meist die CDU) gebraucht, als einzige freiheitlich-denkende Gesellschaftsschicht zu stilisieren. Alle Positionen, die sich von der vorgegebenen Mitte entfernen, bedrohen nach dieser Logik die bürgerlich-parlamentarisch definierten Freiheitsbegriff.

Bis jetzt ist es in Sachsen kaum gelungen, dieser totalitären Ideologie etwas Wirksames entgegen zu setzen. Es gelang nur vereinzelt, sich den gröbsten Blüten, wie der Extremismusklausel, z. T. zivilgesellschaftlich zu entziehen (2). Vielmehr ist aber von Zivilgesellschaft bis hin zu linksradikalen Kräften verbaler Untertanengeist zu vernehmen. So betonten in den letzten Jahren Initiativen, die sich z. B. antifaschistisch betätigen, immer wieder ihre Treue zu Grundgesetz und Demokratie, obwohl sich darunter durchaus Gruppen und Einzelpersonen befinden, die freiheitlichere Gesellschaftsformen anstreben. Durch dieses Vorgehen spalten sich gemäßigte/parlamentarische Linke selbst von revolutionären und libertären Bewegungen ab, was zu einer
politischen Lähmung aller führt.

Gleichzeitig werden die Straftaten durch Linksradikale und Libertäre im Vergleich zu denen von rechter Seite im bürgerlichen Diskurs überhöht und Angst vor linkem Terror geschürt. Dazu wird der Auftritt in Medien genutzt, der durch die Regierungsämter der Konservativen wesentlich leichter realisierbar ist als für Politiker*innen der Opposition oder gar außer- und antiparlamentarischer Bewegungen. So wird in den Publikationen und Statements von CDU und FDP über Rechtsradikalismus auch immer die Gefahr von links hervorgehoben. Gleichsam werden Kriminalstatistiken äußerst eigenwillig interpretiert (3) und Verweise auf die Publikationen des Verfassungsschutzes geliefert. Dieser wiederum publiziert nach den Maßstäben der konservativen und CDU-nahen Politologen Jesse (TU Chemnitz) und Backes (TU Dresden).

Zusammenfassend kriminalisiert die Extremismusideologie alle politischen Meinungen außer der durch die Regierung vorgegebenen (4). Dies führt zu einer grundlegenden Entpolitisierung der gesamten Bevölkerung, was einer Vernichtung der Demokratie gleichkommt. Deutungshoheit ist daher ein Mittel, um Realitätswahrnehmung bewusst zu konstruieren und ein Denken in bestimmte Richtungen durch die Vernichtung oder Schaffung von Begriffen gesellschaftlich unmöglich zu machen.

Der 13. Februar ist in diesem Sinne Ort und Zeit intensiver ideologischer Auseinandersetzungen für Dresden, Sachsen und ganz Deutschland. Linke und linksradikale/libertäre Initiativen versuchen in diesem Zusammenhang, die Eigenverantwortung der Menschen im Kampf gegen Menschenfeindlichkeit und Gewalt zu verdeutlichen. Zudem stellt die Organisation von Massenprotesten dieser Ausmaße auch die Fähigkeit zur Selbstorganisation dar und lässt breiten Bevölkerungsschichten Erfahrungen mit Selbstverwaltung, Solidarität, aber auch dem repressiven Charakter des deutschen Staates zu Teil werden.

Da unter dem Gesichtspunkt von Massenprotesten zehntausender Menschen gegen faschistische Großdemonstrationen die jahrelange „Wegschau-Taktik“ der konservativen Akteure immer öfter auch medial als schweigende Zustimmung gewertet wurde, sahen sich die entsprechenden Institutionen in den letzten Jahren gezwungen ihre Taktik zu ändern, um nicht offen als Nazifreunde dazustehen und trotzdem die Rechtsstaatlichkeit gegen „linksextremistische“ Initiativen verteidigen zu können. So rief die Herrschaft 2010 zum ersten Mal eine Menschenkette ins Leben, bei der es den Leuten erlaubt wurde, mit Tillich (Ministerpräsident von Sachsen) und Orosz (OB von Dresden) in Reih’ (und Glied) zu stehen. Diese Aktionsform ist nichts anderes als ein Publicity-Gag, geschützt von tausenden Beamt*innen: Weit ab vom Geschehen wird per Zeichensetzung und (bestenfalls) oberflächlicher Selbstkritik etwas für den angeschlagenen Ruf der Stadt getan. Anschließend kann auch das befriedete Bürgertum für den Rest des Jahres aufatmen, haben doch ein paar Stunden Händchenhalten eindrücklich bewiesen, dass ja eigentlich alle etwas gegen Nazis haben. Eine Analyse tatsächlicher rechter Ideologien und die Prüfung auf ein Vorhandensein in der so genannten Mitte finden dabei ebenso wenig statt wie die Wahrnehmung des tatsächlichen Ausmaßes militant-rechter Übergriffe und Strukturen. Die nationalstaatlichen Institutionen integrieren dabei den Protest der gemäßigten Empörten und kompensieren ihn in einem kontrollierbaren Rahmen. Weder die Menschenkette, noch andere symbolische Akte können und sollen die Neo-Nazis wirklich aufhalten, genauso wenig wie es reichen würde, einen faschistischen Aufmarsch zu blockieren, um die Grundlage für die Ausbreitung rechter Ressentiments zu beseitigen.

Auseinandersetzungen mit Repressionsorganen

Auch Staatsanwaltschaft, Bereitschaftspolizei und BKA leisten gute Zuarbeit zu den Kampagnen und gehen seit 2009 immer härter gegen Antifaschist*innen und Linksradikale/Libertäre vor. Dies äußert sich in steigenden Verletztenzahlen bei entsprechenden Demonstrationen, da Polizeieinheiten immer schneller zum Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken neigen, an einer steigenden Zahl von Observationen und Hausdurchsuchungen und nicht zuletzt an dem Großverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ($129 StG gegen Antifaschist*innen. Letzteres führte im Übrigen bis jetzt zu keinen nennenswerten Ergebnissen (5).

Während linksmotivierte Delikte in Sachsen vor allem aus Street-Art, Widerstand und Verweigerung gegen polizeiliche Maßnahmen und tausende Verstöße gegen das Versammlungsgesetz im Rahmen des 13. Februars bestehen, sind gewalttätige Übergriffe von Rechten gegen verhasste Menschengruppen an der Tagesordnung. Die Folgen sind oft schwere Körperverletzungen, z. T. sogar der Tod (wie im jüngst bekanntgewordenen Beispiel der Nazigruppe „NSU“). Die Tatsache, dass bei Regierung und Repressionsbehörden die Infragestellung von Eigentum und Staatlichkeit scheinbar bedrohlicher ist als die von Menschenleben, spricht für sich.

Naziaufmarsch und Gedenktrauermärchen beenden

Das Ziel, die Neo-Naziaufmärsche in Dresden zu beenden, eint verschiedenste Interessengruppen. Die einen sehen im alljährlichen Spektakel eine schlechte Werbung für ihren Wirtschaftsstandort, andere fühlen sich davon schlicht genervt und bedroht. Wieder andere befürchten, dass durch die Gegenproteste die Stärke und der Zusammenhalt linker Menschen und Gruppen in der Stadt wachsen. Unsere Gründe liegen anders. Im Kampf für Menschlichkeit und ein gutes Leben für alle Menschen stellen wir uns selbstverständlich den größten Feinden der Menschlichkeit in den Weg. Dabei ist uns bewusst, dass der Aufmarsch für die Nazis Werbung und Selbstbestätigung darstellt, die gravierende rechtsradikale Politisierung jedoch alltäglich stattfindet.

Aber auch das offizielle Gedenken sollte kritisch hinterfragt werden. Der 13. Februar ist unserer Meinung nach durch die vielfältigen Versuche diesen politisch zu instrumentalisieren ein problematisches Datum, um große öffentliche Gedenkveranstaltungen durchzuführen. Auch wenn zwar betont wird, dass es um alle Opfer des Nationalsozialismus geht, so ist doch die Priorisierung der O
pfer der Bombardierung durch die Datumswahl klar. Dies ist für sich eine deutliche politische Aussage, die die eigentlichen Opfer der faschistischen Terrorherrschaft mit Füßen tritt.

Während am 13. Februar tausende von Bürger*innen, also weit mehr als tatsächlich Zeitzeugen sein dürften, das Gedenken an die Bombennacht begehen, finden sich bei Gedenkveranstaltungen z. B. an die Novemberpogrome von 1938 nur maximal hundert Menschen zusammen. Unserer Meinung nach hat die Geschichte deutscher Städte andere Trauertage zu bieten, um sich der Geschichte bewusst zu werden, als ihre Zerstörung in einem von Deutschland mit unzähligen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begonnenen Krieg. Wir plädieren für das Fallenlassen des 13. Februars als Gedenktag abseits von persönlicher Trauer der Angehörigen. Wir erinnern an Massendeportationen, an politische Schauprozesse gegen Widerstandskämpfer*innen, an Erschießungen und Zwangsarbeit und wir feiern die Kapitulation Nazideutschlands am 8. Mai. Wir wollen uns die bedeutenden Tage der Geschichte mit ihrer Grausamkeit oder ihrer bitteren Freude ins Gedächtnis rufen, um die Entwicklungen und die gesellschaftlichen Dynamiken zu verstehen, um uns und andere zu mahnen, die Wiederholung von Krieg, Völkermord, Repressionsterror und Faschismus irgendwann unmöglich zu machen.

Der Kampf um die nachhaltige Verhinderung der Naziaufmärsche im Februar ist daher mehr und mehr nicht nur ein rein antifaschistischer, sondern auch ein anarchistischer Kampf.

Antifaschismus überlassen wir nicht dem Staat! Für ein gutes und gerechtes Leben für alle!
Allgemeines Syndikat Dresden (FAU IAA – FdA IFA)

Unterstützer*innen(6): Karakök Autonome,Schweiz/Türkei (FdA IFA); Libertäres Bündnis Ludwigsburg (FdA IFA); Antinationale.org (FdA IFA); Anarchistische Föderation Berlin (FdA IFA); FAU Stuttgart; ASJ Köln; ASJ Göttingen/Südniedersachsen; Libertäre Sozialist_innen Darmstadt (ASJ); AK Libertad, Augsburg; Nigra, anarchistischer Blog; Libertäre Jugend Siegburg; Dirk Lohmeyer (Libertäres Netzwerk Lippe); Syndikalismus.tk (Anarcho-Syndikalistisches Infoportal)

Erklärung:
FAU = Freie Arbeiter und Arbeiterinnen Union
IAA = Internationale Arbeiterassoziation
FdA = Forum deutschsprachiger Anarchist*innen
IFA = Internationale der anarchistischen Föderationen
ASJ = Anarchosyndikalistische Jugend

Fußnoten:

zum 13. Februar 2009, 10.02.09. – „Im Zuge des sich verschärfenden Ost-West-Konflikts wurde die Bombardierung von der DDR-Führung zum Symbol für den angloamerikanischen Luftterror erklärt und mit dem Korea- und später dem Vietnamkrieg in Zusammenhang gestellt. In einem am 13. Februar 1960 veröffentlichten Appell der Bevölkerung Dresdens an die friedliebenden Menschen der Welt wurden nun als schuldig an der Zerstörung Dresdens die westdeutschen Militaristen benannt. Es hieß in diesem Appell: ‘Die zehntausenden Toten unserer Stadt, Millionen Kriegsopfer aller Länder mahnen uns: Nicht zum dritten Mal darf es den westdeutschen Militaristen gelingen, das Leben von vielen Millionen Menschen zu vernichten.’“

(2) Siehe z. B.: www.addn.me/freiraeume/demokratiepreis-ohne-extremismusklausel/

style=”margin-top: 0px; margin-right: 0px; margin-bottom: 10px; margin-left: 0px; padding-top: 0px; padding-right: 0px; padding-bottom: 0px; padding-left: 0px; text-align: justify; “>(3) Alternative Dresden News, Alles wie immer: Verfassungsschutzbericht vorgestellt, 06.07.11 – „Der Bundesinnenminister sprach von einer zunehmenden ‘Gewaltspirale’ bei Auseinandersetzungen zwischen den beiden politischen Lagern und verwies auf interne Zahlen seiner Behörde für die ersten fünf Monate diesen Jahres. Obwohl auch die Straftaten mit politisch motiviertem rechtem Hintergrund mit knapp 15% stark gefallen sind, kann von einer Entwarnung nicht die Rede sein. Das Innenministerium führt für 2010 insgesamt 15.905 Straftaten mit rechtem Hintergrund. Damit liegt die Zahl aber nicht, wie das ZDF kürzlich glauben machen wollte, auf einem ähnlichen Niveau wie auf der linken Seite, sondern mehr als viermal höher. Im Unterschied zum bundesweiten Trend stiegen im letzten Jahr die von der sächsischen Polizei zu linken Straftaten gezählten Delikte von 89 (2009) auf 128. Ein Grund für den plötzlichen Anstieg liegt vor allem in der Entscheidung sächsischer Gerichte, den Naziaufmarsch am 13. Februar 2010 in unmittelbarer Nähe zum alternativen Szeneviertel Neustadt stattfinden zu lassen. Als Reaktion auf den Gerichtsentscheid kam es im Gebiet um den Neustädter Bahnhof nicht nur zu Blockaden tausender Menschen, sondern auch zu Auseinandersetzungen zwischen linken GegendemonstrantInnen und der zum Schutz der rechten Versammlung eingesetzten Polizei.

Eine große Diskrepanz wird auch in den den Statistiken zugrundeliegenden Zahlen sichtbar. Im Unterschied zu den von der Opferberatung des RAA Sachsen e.V. im Halbjahresrhythmus veröffentlichten Zahlen über rechte Übergriffe, gilt für die Einordnung als linke Straftat ausschließlich die Zählweise der Polizei. So werden beispielsweise Widerstandshandlungen im Rahmen von Sitzblockaden durch die Polizei zu linken Straftaten gezählt, während die tödliche Messerattacke gegen einen 19-jährigen Iraker im vergangenen Oktober vor dem Leipziger Hauptbahnhof durch ein Mitglied der rechten Szene als unpolitisch eingestuft wurde. So verwundert es dann auch nicht, dass sich die Angaben der Opferberatung zu denen des Sächsischen Innenministeriums deutlich unterscheiden. Während das Innenministerium für 2009 insgesamt 98 Gewalttaten zählte, spricht die Opferberatung von 239 rechtsmotivierten Übergriffen, darunter 136 Körperverletzungsdelikten.“

(4) Wie weit die politische Deutungshoheit schon reicht, zeigten Anfang 2011 die Reaktionen auf den Artikel „Wege zum Kommunismus“ der damaligen Vorsitzenden der Linkspartei Gesine Lötzsch, die sich durch die Glei
chsetzung von Realsozialismus und Kommunismus diffamieren ließ. Ihre Spekulationen wurden damals mit einer plumpen Gleichstellung von Staatskapitalismus/Realsozialismus und theoretischem Kommunismus diffamiert. Obwohl diese Darstellung jeder polit-theoretischen als auch ökonomischen Auffassung entspricht, sah sich die Partei anschließend mit einer Welle künstlicher und echter Entrüstung bis weit ins Lager der Gewerkschaften und Sozialdemokrat*innen konfrontiert. Daraufhin gab sie den Kommunismus-Begriff symbolisch auf und Lötzsch selbst schwor der verbotenen Lehre ab.

(5) Siehe dazu: sachsens-demokratie.net und 129-ev.tk

(6) Uns erreichte zu diesem Aufruf noch von mehreren Gruppen solidarische Kritik, die wir annehmen, in der Kürze der Zeit aber leider nicht mehr einarbeiten konnten. Wir danken trotzdem für diese Hilfe und werden den Aufruf für nächstes Jahr mit mehr Akteuren als bisher und in einem transparenteren Verfahren erarbeiten.

Source, 18.1.2012

Weitere Infos hier
https://www.libertaeres-netzwerk.info/allgemeines-syndikat/aufruf-februar-2012/

Zwischen Coventry und Leningrad: Dresden


Zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens werden Neonazis auch diesmal einen Fackelmarsch abhalten. Auf eine zusätzliche Großdemonstration scheint die Szene jedoch zu verzichten. Die Auseinander­setzung mit dem deutschen Opfermythos wird indessen vernachlässigt…

Von Michael Bergmann
Jungle World v. 26.01.2012

Die Generalprobe für den Großaufmarsch von Neonazis Mitte Februar in Dresden ist gelaufen. Vergangene Woche marschierten rund 1 300 Neonazis durch die Magdeburger Innenstadt, um der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg zu gedenken. Aus Sicht der Rechtsextremisten lief die Demonstration störungsfrei, obwohl etwa 10 000 Menschen gegen den Aufmarsch protestierten: Die Gegendemonstranten hatten eine Menschenkette um die Innenstadt gebildet, als symbolischen »demokratischen Schutzwall« gegen die Neonazis; Blockadeversuche scheiterten. In einer Reportage des MDR wurde resümiert: »Die Magdeburger haben aus einem schwierigen Anlass ein buntes Fest gemacht, weder Rechts- noch Linksextreme haben heute die Stadt dominiert.« In Dresden könnte es am Abend des 13. Feb­ruar ähnlich laufen – mit dem Unterschied, dass man dort mit doppelt so vielen Neonazis wie in Magdeburg rechnen muss. Wie in jedem Jahr wollen sie dort, anlässlich der Bombardierung Dresdens, mit Fackeln durch die Stadt marschieren.

Unklar ist weiterhin, was auf die Stadt am Samstag nach dem 13. Februar zukommt. An diesem Tag fanden zumindest in den Vorjahren die Aufmärsche der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) statt. Das Bündnis »Dresden Nazifrei«, das diese zuletzt erfolgreich blockiert hatte, ruft auch in diesem Jahr für den Samstag zu Massenblockaden auf. Nach Informationen des Dresdener »Antifa-Rechercheteams« (ART) findet jedoch diesmal kein ernstzunehmender Nazi-Aufmarsch am Samstag statt. »Die Nazis aus der freien Kameradschaftsszene wollen keine Demo an diesem Tag, und die JLO ist nicht in der Lage, so etwas allein zu organisieren«, sagte Simone Ritter vom ART im Gespräch mit der Jungle World. Außerdem sei die NPD, die in der Vergangenheit ebenfalls am Wochenende aufmarschierte, »zurzeit zurückhaltend«. Ritter zufolge »wird sie sich da anschließen, wo sie den geringsten Aufwand hat«. Dafür habe der traditionelle Fackelmarsch am 13. Februar innerhalb der Szene an Bedeutung gewonnen.

Auch Falk Kämpfer, Pressesprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen, bestätigt, dass für den Samstag »bis auf einzelne Meinungsäußerungen von Rechtsextremisten im Internet noch keine öffentliche Mobilisierung zu verzeichnen« sei. Dies lasse ihn annehmen, dass eine Demonstration der Neonazis am Wochenende, falls sie überhaupt stattfindet, deutlich kleiner sein werde als der Fackelmarsch, den das »Aktionsbündnis gegen das Vergessen« organisiert, ein neonazistisches Bündnis, das seit 2007 von der freien Kameradschaftsszene getragen wird. Unter der offiziellen Bezeichnung »Gedenk- und Trauermarsch« fordert das Bündnis ein »würdevolles, authentisches Gedenken« an die Bombardierung der Stadt.

Sollten sich am 18. Februar dennoch Neonazis nach Dresden verirren, dürften sie auf starke Gegenwehr treffen. Dem Sprecher der Stadt, Kai Schulz, zufolge habe sich die Stadt mit Parteien, Verbänden, Kirchen und zivilgesellschaftlichen Gruppen auf »Protestaktionen in Hör- und Sichtweite der Nazi-Demonstration geeinigt«. »Dies ist ein weiterer großer Schritt der Bürgerschaft«, sagte er. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich stellte sich überraschend an die Spitze der Aktion. Verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen, bei denen der CDU-Mann eher dafür bekannt ist, Aktivitäten von Neonazis in Sachsen zu verharmlosen oder zu ignorieren, reagierten skeptisch auf diese Nachricht: Man könne nicht glauben, dass Tillich einen Protest in »Hör- und Sichtweite« anführe, wenn die Gefahr bestünde, dass sich auch nur drei Nazis zu einer Demonstration formierten, ist dort zu hören – ein Zeichen, dass auch die Stadt keinen Aufmarsch am Samstag erwartet. »Dresden Nazifrei« hält dennoch an dem Aufruf zu Massenblockaden an diesem Tag fest, um Europas größten Aufmarsch von Neonazis, zu dem sich die Samstagsdemonstration entwickelt hatte, »endgültig Schachmatt zu setzen«. Sollten doch keine Neonazis aufmarschieren, so Bündnissprecher Paul Tschirner gegenüber der Jungle World, könne man immerhin feiern, dass die Dynamik ihrer Aufmärsche in Dresden gebrochen worden sei.

Zweifellos hat das linke Bündnis in den vergangenen Jahren viel geleistet. Doch der Jubel darüber, dass der Samstagsaufmarsch der Neonazis ein Ende gefunden habe, könnte verfrüht sein. In den letzten 14 Jahren kam es immer wieder vor, dass die Neonaziszene nur am eigentlichen Jahrestag der Bombardierung demonstrierte. Tschirner meint, »die NPD-JLO-Demonstrationen und der 13. Februar sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe«. Man rufe natürlich auch für diesen Tag dazu auf, die Neonazis zu stoppen, aber für eine bundesweite Mobilisierung reiche es nicht. Auf diese Weise könnten alle Beteiligten Erfolge vermelden: Die Neonazis werden am 13. Februar ihren Fackelmarsch mit mehreren Tausend Teilnehmern durchführen, das Bündnis »Dresden Nazifrei« kann am 18. Februar feiern, dass man die Nazis zurückgedrängt habe, und die Stadt Dresden wird verkünden können, dass die Dresdener Bürgerschaft den Aufmarsch am 18. Februar verhindert habe.

Ungeachtet aller Diskussionen um die Massenblockaden in Dresden und deren Erfolge rückte in den vergangenen Jahren die Auseinandersetzung mit dem Opfermythos, für den Dresden als Symbol steht, in den Hintergrund. Es scheint mittlerweile üblich geworden zu sein, Deutschen als Opfern des Krieges zu gedenken – wenn auch in Abgrenzung zu den Neonazis. So sagte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth jüngst in Magdeburg, man dürfe nicht zulassen, dass die Nazis das »Leid«, das mit der Bombardierung verbunden gewesen sei, »missbrauchen«. Die Stadt Dresden wiederum hat die offizielle Trauerfeier, die alljährlich am 13. Februar auf dem Heidefriedhof stattfindet, umgestaltet, um sie besser vor einer »Vereinnahmung« zu schützen. Zukünftig sollen keine Kränze mehr an der Gedenkmauer niedergelegt werden, sondern weiße Rosen in einem Rondell aus Sandsteinsäulen.

Schulz erläuterte der Jungle World diesen Ge­denk­ort: »Stellvertretend für die Stätten des Krieges wurden 14 Orte ausgewählt.« Dabei stünden sieben Säulen für die Konzentrationslager von Auschwitz, Bergen-Belsen, Buchenwald, Dachau, Ravensbrück, Sachsenhausen und Theresienstadt; weitere vier symbolisierten die Zerstörung Coventrys, Leningrads, Rotterdams und Warschaus durch die deutsche Wehrmacht. Für die Massaker an der Zivilbevölkerung durch Wehrmacht und SS stünden wiederum Lidice und Oradur. Und schließlich: »Die Stele mit der Aufschrift Dresden erinnert an die Bombardierung Dresdens und die zivilen Opfer im Ergebnis des Kriegsverlauf«, so Schulz. Nach Meinung des antideutschen Bündnisses »Keine Versöhnung mit Deutschland!« steht das Konzept des Stelenkreises für genau das, was die Neonazis mit der Bezeichnung »Bombenholocaust« zum Ausdruck bringen wollen. Die Pressesprecherin des Bündnisses, Susen Blum, sagte im Gespräch mit der Jungle World: »Nazis und Bürger haben unterschiedliche Motive. Die einen wollen Rache und die anderen Versöhnung. Im entscheidenden Punkt sind sie sich allerdings einig: Mit ihrem Bezug auf die angeblich unschuldigen Bombenopfer wollen sie die Taten der Deutschen relativieren.« Das Bündnis fordert deshalb 67 Jahre nach der Bombardierung Dresdens, das Gedenken daran endlich abzuschaffen.

Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945: Militärische Logik oder blanker Terror?

Related posts:

  1. Vor der Bombardierung war Auschwitz
    Gemeinsam Alt- und Neonazis am 13. Februar 2010 in Dresden stoppen… Erklärung des Auschwitz-Komitees zum 13. Februar 2010…
  2. In den Straßen von Dresden wird Demokratie verteidigt
    „Wir bewegen uns sehenden Auges auf eine Situation zu, da wir den braunen Geist nicht wieder zurück in…
  3. Zentralrat der Juden setzt auf den Dialog zwischen den Religionen
    Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Dieter Graumann, betonte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur…
  4. Fast wie immer im Februar in Dresden
    Rechtsextremisten demonstrieren wie seit Jahren weitgehend unbehelligt massiv ihre Geschichtsauffassung, während Gegenproteste ins Leere laufen… Von Olaf Meyer…


Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945: Militärische Logik oder blanker Terror?


Auch 60 (jetzt 67)  Jahre nach Kriegsende hält die Debatte um den alliierten Bombenkrieg gegen das “Dritte Reich” an – kürzlich produzierte das ZDF mit dem Film “Dresden” ein Drama, das das historische Ereignis als Kulisse nutzte. Die Bombenkriegskontroverse der vergangenen Jahre war maßgeblich durch Jörg Friedrichs Buch Der Brand angestoßen worden und markierte einen Wandel in der Erinnerungskultur. Die deutsche Zivilbevölkerung gerät nun stärker als Opfer des Krieges in das Blickfeld, zahlreiche Zeitzeugenberichte, Bildmaterialien, wissenschaftliche und literarische Zeugnisse wie Volker Hages Sammlung Hamburg 1943. Literarische Zeugnisse zum Feuersturm, wurden inzwischen dazu publiziert

Für Aufsehen sorgte der Versuch der sächsischen NPD im Frühjahr 2005, den Terminus des “Bombenholocaust” in die Debatte einzuführen. Unschwer ist die Absicht dahinter zu erkennen, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren und die Erinnerung daran zu überdecken. Zweifellos sind die Berichte von Überlebenden der Feuerstürme ungeheuer grauenerregend, sie mobilisieren Abscheu und Wut der Leser. Ebenso stark wirken die Bilder von Zerstörung und Tod. Der Terminus vom “Bombenholocaust” entfaltet deshalb eine gefährliche Wirksamkeit, weil sich gewisse Bilder von Auschwitz und Dresden gleichen: Von Zyklon B oder Kohlenmonoxyd erstickte, dicht gepackte Menschengruppen in Gaskammern und Luftschutzkellern, Leichenberge und Scheiterhaufen, Feuertod für Kinder, Frauen, Alte, ohne Ausnahme und Gnade. 

So stark diese optische Analogie ist, so unvergleichbar sind doch beide Ereignisse. Während die Vernichtungslager zum Zweck einer effektiven Tötung von Millionen von Menschen geplant und erbaut wurden, stellte der Bombenkrieg eine inhumane und gleichwohl moderne Kriegsstrategie dar, die von allen Seiten praktiziert wurde, von den Westalliierten jedoch unter spezifischen historischen Bedingungen perfektioniert wurde. Dabei war die Massentötung von Zivilisten zwar ein teilweise erwünschter Nebeneffekt, nicht aber die Hauptmotivation. Während die Nationalsozialisten das jüdische Volk vernichten wollten, versuchten Briten und Amerikaner den Krieg siegreich zu beenden, wenngleich mit barbarischen Mitteln. Bis heute sind die Fragen virulent: War der Bombenkrieg ein notwendiges, effektives und unverzichtbares Mittel zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus? Hat er den Krieg verkürzt? Haben die Bewohner Dresdens ein Opfer bringen müssen, damit viele andere überleben konnten? Oder war der Bombenkrieg ein Fehlschlag, der von verbissenen Technokraten trotzdem weiterbetrieben wurde, mit immer höheren Opferzahlen? Haben sich die Alliierten damit auf die Ebene ihrer inhumanen Gegner gestellt und an moralischem Ansehen verloren? Hat man Hitler mit Hitler bekämpft, wie Mahatma Ghandi einmal formulierte? 

Die Unversöhnlichkeit in dieser Frage wurde 1992 wieder deutlich, als dem Chef des britischen Bomber Command, Sir Arthur Harris, in London ein Denkmal errichtet und von der Queen Mom eingeweiht wurde. Dies war sicher auch als geschichtspolitisches Warnsignal an das wiedervereinigte Deutschland gemeint. Um so wichtiger ist es, daß sich Historiker immer wieder bemühen, die Faktenlage zu eruieren und damit emotionalisierte öffentliche Debatten abzukühlen versuchen. Rolf-Dieter Müller, Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt trägt mit seiner prägnanten, flüssig geschriebenen GesamtdarstellungDer Bombenkrieg ebenso dazu bei wie der britische Historiker Frederick Taylor mit seiner Studie Dresden, Dienstag, 13. Februar 1945. Militärische Logik oder blanker Terror. 

Der Luftkrieg entwickelte sich im Ersten Weltkrieg als modernstes strategisches Mittel. Alle europäischen Mächte zogen aus dem verlustreichen Stellungskrieg ihre Schlüsse und bauten in den 1920er und 1930er Jahren Luftstreitkräfte auf. Luftangriffe mit Flächenbombardements und Giftgaseinsatz sollten zum schnellen Sieg verhelfen und eigene Kräfte schonen. Zu Beginn des zweiten Weltkriegs hatte die Luftwaffe noch einen Rüstungsvorsprung und bombardierte britische Städte. Dieses Kräfteverhältnis wandelte sich ab 1941. Großbritannien und die USA bauten konsequent eine Flotte strategischer Fernbomber auf, der Fliegeroffizier Arthur Harris übernahm 1942 das Kommando über das Bomber Command der RAF. Harris hatte schon seit 1922 Erfahrungen im Bombenkrieg sammeln können. Britische Truppen in Afghanistan und im Irak gingen damals mit Bombenangriffen gegen Aufständische und gegen Siedlungen vor. Im Irak, der 1920 unter britische Kontrolle kam, ging es darum, einen unabhängigen Kurdenstaat zu verhindern. Harris übernahm das Bomber Command und genoß die Rückendeckung des Premierministers Winston Churchill. Er war davon überzeugt, eine kriegsentscheidende Waffe zu befehligen.

1942 genehmigte der Britische Verteidigungsausschuß am 14. Februar die “Area Bombing Directive”, Flächenangriffe auf Innenstädte, dicht besiedelte Verkehrs- und Industriezentren. Dieses “Dehousing Konzept” sollte durch die Kombination von Spreng- und Brandbomben eine maximale Zerstörungsleistung in Wohngebieten bewirken. Briten und Amerikaner bauten sogar ‘typisch deutsche’ Wohnhäuser und Wohnungen nach, um die Bombenwirkung detailliert zu testen. Der exilierte Berliner Architekt Erich Mendelsohn war dabei auf dem Testgelände Dugway in Utah behilflich. Die Flächenzerstörungen sollten wirksamer sein als punktuelle Schläge gegen die Rüstungsindustrie, sie sollten mit Wohnraumvernichtung und Massentötungen die Moral und Regimetreue der deutschen Zivilbevölkerung untergraben. Dieses Ziel hat die RAF nicht erreicht.

Nach der weitgehenden Zerstörung Hamburgs im Juli 1943 gab es kurzfristig Panik in der Bevölkerung und der NS-Führung, doch bald einte der Haß auf die ‘Terrorflieger’ die Deutschen wieder. Doch hatte der Bombenkrieg der Alliierten indirekt kriegsentscheidende Wirkung, glaubt Rolf-Dieter Müller: Er habe das Luftwaffenpotential von der Ostfront abgezogen, und so den deutschen Sieg gegen die Sowjetunion unmöglich gemacht.

Nach dem Ende der Kämpfe in Europa wurde der ‘erfolgreiche’ Bombenkrieg von den Amerikanern gegen asiatische Nationen weiterbetrieben. Riesige Opferzahlen forderten die konventionellen Angriffe auf Tokio und die Atombombenabwürfe, die auch als Warnung an die Sowjetunion interpretiert werden konnten. Ein weiterer Höhepunkt dieser Entwicklung war die flächenhafte Bombardierung Vietnams mit Chemikalien und Brandbomben. In der Gegenwart der Irak- und Afghanistankriege hat das Präzisions- gegenüber dem Flächenbombardement den Vorzug erhalten, weil die Militärs weit mehr als früher auf Medien und die wechselhafte öffentliche Meinung Rücksicht nehmen müssen. 

Die Zerstörung Dresdens wurde weltweit zum Symbol für die destruktive und entfesselte Kraft eines totalen Krieges. Diese Symbolwirkung war stets mit Legenden verknüpft und wurde propagandistisch genutzt. Dabei spielte Dresdens Identität als Kulturmetropole eine Rolle, auch der Zeitpunkt des Angriffs, der enorme Zerstörungsgrad und die Opferzahlen. Taylor dekonstruiert diese Legenden: Er belegt, daß Dresden nicht nur unverteidigte Kulturstadt, sondern durchaus ein wichtiger Rüstungsstandort, also legitimes Bombenziel, war und bestätigt die Opferzahlen auf der Basis deutscher Polizeiangaben zwischen 25.000- 30.000 – eine schreckliche Zahl, doch liegt sie weit unter den kursierenden sechsstelligen Angaben. Die oft kolportierten Angriffe amerikanischer Tiefflieger auf Überlebende in den Elbwiesen verweist er ins Reich der Legende.

Gleichzeitig würdigt Taylor die Leiden der Opfer und räumt Augenzeugenberichten, die die apokalyptische Szenerie schildern, breiten Raum ein. Ungeheuerlich erscheinen beispielsweise die Ereignisse an oberirdischen Löschwasserbecken, die auf Dresdner Stadtplätzen angelegt worden waren. Im Feuersturm stürzten sich viele Mensc
hen in die Becken, konnten sie aber wegen der glatten Wände nicht mehr verlassen, als die Wassertemperatur unaufhaltsam stieg. Manche ertranken mitten in der Feuerhölle, andere wurden buchstäblich gekocht. Noch wochenlang nach dem Angriff wurden auf dem Altmarkt gestapelte Leichen auf Scheiterhaufen verbrannt. Die technische Aufsicht führten dabei SS-“Experten” aus dem Vernichtungslager Treblinka. Sie brachten die nötige Kompetenz mit.

Im Kalten Krieg vergaß man im Ostblock rasch den Vorteil, den die SU vom Bombenkrieg der Westalliierten gehabt hatte. Nun galt der Bombenkrieg als Vorläufer der atomaren Bedrohung durch den “imperialistischen” Westen. Es erstaunt daher auch nicht, daß das Gedenken an den Untergang Dresdens in der DDR antiwestliche Züge annahm, wobei z. T. sogar Propagandaelemente des “Dritten Reiches” integriert wurden, wie Margalit Gilad in ihrem Beitrag Der Luftangriff auf Dresden. Seine Bedeutung für die Erinnerungspolitik der DDR ausführt. Die DDR sprach angesichts der westdeutschen Wiederbewaffnung sogar von einem Bündnis der “Mörder von Dresden und Coventry.” Dresden sei deshalb so stark zerstört worden, hieß es in der DDR, weil es für die sowjetische Besatzungszone vorgesehen war. Dieser Gedanke ist nicht ganz von der Hand zu weisen, gibt es doch britische Dokumente, die die Bombardierung Dresdens als Lektion für die anrückenden Russen bezeichnen.

Die heutigen Gedenkfeiern Dresdens stehen im Zeichen eines politischen Pluralismus. Während bei den offiziellen, zum Teil mit internationaler Beteiligung stattfindenden Veranstaltungen der Geist der Versöhnung beschworen wird, versuchen die Rechtsextremisten, die Geschichte für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Taylor hat dieses gespaltene Gedenken in einem Kapitel beschrieben: Der stille, rasche Auftritt der britischen Diplomaten, die ergriffene schweigende Mehrheit, der martialische Auftritt der Neonazis und die Gegenprovokation einiger Linker mit der Parole: “Bomber-Harris: Do it again”, über die er am meisten den Kopf schütteln mußte.

Christian Saehrendt ist Lehrbeauftragter am Institut für Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin, Lehrstuhl Prof. Dr. Winkler, mit dem Schwerpunkt: Kunstgeschichte im sozialen und politischen Kontext. Seit 2000 arbeitet er in Kooperation mit Universitäten und Forschungseinrichtungen an Forschungsprojekten über politische Denkmäler, internationale Kulturbeziehungen und die Künstlergruppe ‘Brücke’. Aktuelles Forschungsprojekt: Kunstausstellungen als Mittel auswärtiger Kulturpolitik in der DDR und der Bundesrepublik. 1995-2000 Künstlerische Arbeit im Rahmen der Gruppe “Neue Anständigkeit” in Berlin.

hagalil.com 04-07-06

Source