Israels 6-Tage-Krieg und danach

Wenn man in den deutschen Massenmedien nach einem Kommentar zum Sechstagekrieg sucht, der dessen Ursachen und Konsequenzen einigermaßen zutreffend und prägnant zu benennen weiß, stößt man auf einen bemerkenswerten Fund. Im Spiegel, dessen Redakteure Israel üblicherweise alles andere als wohlgesonnen sind, stand tatsächlich zu lesen, dass es vor allem die aggressive Rhetorik der arabischen Führer, der„Heilige Krieg der Araber“, der„panarabische Nationalismus“ und der„Aufmarsch der Araber“ gewesen seien, die „die Israelis so in die Enge“ getrieben hätten, „dass diese zum Präventivschlag gedrängt wurden“. Die „arabischen Gegner“ hätten dem jüdischen Staat „nicht ein Stück Land oder eine Konzession fortnehmen“ wollen, sondern „sie hatten es auf seine Existenz abgesehen“. Die Schlussfolgerung daraus: „Ein Land mit so ungünstiger Militärgeografie lässt sich nicht defensiv, sondern nur offensiv schützen. Um zu verhindern, dass die aufmarschierten arabischen Armeen das Land von allen Seiten zugleich angriffen, in mehrere Teile zerschnitten und die Verteidiger ins Meer trieben, rief General Dayan – wie 1956 – zum Angriff.“

Doch, doch: So stand es wirklich im Spiegel – vor vierzig Jahren, am 12. Juni 1967, verfasst von Rudolf Augstein unter dem Titel „Israel soll leben“Claudio Casula hat diesen Schatz fürSpirit of Entebbe wieder ausgegraben und auch daran erinnert, dass dem damaligen Herausgeber des Nachrichtenmagazins seine eigenen Erkenntnisse schon bald nichts mehr wert waren: „Wohl aber stand damals [1967] schon fest, dass Israel im technischen Sinne und für die Araber auch im moralischen Sinne der Aggressor war. Es wollte haben, was anderen gehörte und was ohne Krieg nicht zu haben war“, schrieb Augstein 1982. Heute gibt das Blatt seiner Rückblende die Überschrift „Der Sieg, der keiner war“ und lässt Christoph Schult befinden, die „Situation von damals“ sei längst „auf den Kopf gestellt“Der Sechstagekrieg habe „die Radikalen auf beiden Seiten gestärkt“ – die „Vertreter eines Groß-Israels“ wie die „extremen Kräfte“ auf „arabischer Seite“ –, doch während erstere noch immer stur seien, könne man in Bezug auf letztere Entwarnung geben: „Die Hamas fordert einen Rückzug Israels aus den 1967 besetzten Gebieten und hat sich längst von ihrer Rhetorik verabschiedet, ‚die Juden ins Meer zu treiben’.“ Diese Information hat er immerhin exklusiv für sich, um es zurückhaltend zu formulieren.

Doch der Spiegel ist erwartungsgemäß kein Einzelfall. Kaum ein Medium versäumt es, einen„Pyrrhussieg“ für Israel zu konstatieren, und paradigmatisch für die landläufige Sicht auf den Verteidigungsfeldzug des jüdischen Staates meint die FAZ allen Ernstes: „Zwar sind Islamismus, Djihadismus und Terrorismus nicht ursächlich mit dem Sechstagekrieg verknüpft (es gab sie schon viel früher), doch Israels glanzvoller Sieg, den die Muslime umgekehrt als weitere ‚Demütigung des Islam durch den Westen’ empfanden, verschaffte den radikalreligiösen Kräften im Islam endgültig jenen Zulauf, den zuvor der Arabismus und Nationalismus gehabt hatten. Die Fortdauer der Besatzung und deren Praktiken erlauben es selbst jenen Muslimen, die des Konflikts überdrüssig sind und eine Regelung wollen, sich mit den Fanatikern zu solidarisieren. Diese beherrschen heute weitgehend das Terrain.“ Dass diese angebliche „Demütigung des Islam durch den Westen“ darin begründet lag, dass sich Ägypten, Jordanien und Syrien aus freien Stücken daran machten, Israel per Angriffskrieg von der Landkarte zu radieren, schreibt die Zeitung für Deutschland nicht. Denn das würde in einen Konflikt mit ihrer Auffassung geraten, dass der jüdische Staat selbst schuld am Islamismus ist und diesem sogar vermeintlich moderate Muslime in die Arme treibt.

Da hierzulande also selbst grundlegende Fakten und Kenntnisse keine Selbstverständlichkeit sind, tun Basisbanalitäten zwangsläufig not. Das American Jewish Committee hat kürzlich eine Broschüre mit dem Titel 40 years after 1967 – Israel’s quest for peace: still a work in progress (40 Jahre nach 1967 – Israels Streben nach Frieden: immer noch in Arbeit) herausgegeben, die einen Überblick über die Ursachen des Sechstagekrieges, seinen Verlauf und seine Folgen bis heute gibt. Bernd Dahlenburg von Honest Reporting (deutsch) hat die Arbeit für Lizas Welt vollständig übersetzt.


American Jewish Committee

40 Jahre nach 1967

Vierzig Jahre nachdem es einen Krieg um sein Überleben geführt hat, ringt Israel immer noch mit dem Problem der Gebiete, die es während des Sechstagekrieges erwarb. Einerseits möchte es in Frieden und Wohlstand mit seinen arabischen Nachbarn leben – eine Priorität, für die Israel bereits einen bedeutenden Anteil Land abgegeben hat. Auf der anderen Seite sieht sich das Land ernsthaften Herausforderungen an seine Sicherheit gegenüber, denen es begegnen muss, damit es sich sicher fühlen kann, wenn es zusätzliches Land zurückgibt. Der vierz
igste Jahrestag des Sechstagekrieges bietet die Möglichkeit, sich die Umstände zu vergegenwärtigen, unter denen Israel in den Besitz dieser Gebiete kam, die Bereitschaft Israels zu prüfen, Land für Frieden zu geben, und die gegenwärtige Lage zu analysieren.


Im Gegensatz zu heute weit verbreiteten Behauptungen führte Israel den Sechstagkrieg gezwungenermaßen, nicht in Angriffsabsicht. Es antwortete nur auf die erklärten Absichten seiner Nachbarn, den jungen Staat zu vernichten. Der unmittelbare casus belli war die Sperrung der Straße von Tiran für israelische Schiffe, wie US-Präsident Lyndon Johnson nach dem Krieg bestätigte. Überdies trat Israel im Interesse des Friedens bedeutende Teile der Gebiete ab: Es gab den Sinai 1982 an Ägypten zurück und 2005 den Gazastreifen an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA). Heute hält Israel die Westbank, wenn auch in eingeschränktem Umfang, während die PA die Autonomie über einen Großteil der Gebiete ausübt. Aber wie schon im Falle des Sinai und des Gazastreifens hat Israel auch hinsichtlich dieser Gebiete die Bereitschaft gezeigt, über Vereinbarungen nach dem Prinzip Land für Frieden zu verhandeln.

Unprovozierte Aggression

Nachdem sie 1948 damit gescheitert waren, den jungen jüdischen Staat zu zerstören, bildeten die arabischen Staaten Ägypten, Syrien und Jordanien eine Koalition und mobilisierten ihre Streitkräfte, um einen neuen Anlauf zu unternehmen. Im Mai 1967 vertrieb der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser die Uno-Friedenstruppen aus dem Sinai und setzte tausende ägyptische Soldaten und Panzer in Bewegung, um die entstandene Lücke zu schließen. Nasser verkündete: „Unsere elementare Zielsetzung ist die Zerstörung Israels. Die arabischen Völker wollen kämpfen.“ Für Israel, zahlenmäßig und waffentechnisch unterlegen, war der bevorstehende Angriff existenzbedrohend.

Der syrische Verteidigungsminister Hafez Assad proklamierte: „Unsere Streitkräfte sind nun vollständig vorbereitet – nicht nur, um die Aggression zurückzuschlagen, sondern um den Akt der Befreiung einzuleiten und die zionistische Präsenz aus unserer arabischen Heimat herauszubomben.“ Während sowohl Ägypten als auch Syrien ihre Streitkräfte an Israels Grenze zusammenzogen, wurde der jüdische Staat weithin wie ein David angesehen, der sich vor der Schlacht mit einem Goliath befindet.

Israel kämpft um sein Überleben

Am 22. Mai 1967 schloss Ägypten unter Missachtung der internationalen meeresrechtlichen Abkommen die Straße von Tiran für alle israelischen Schiffe. Im Jahr 1957, als es sich im Tausch gegen das Nichtangriffsversprechen Ägyptens aus dem Sinai zurückzog, kündigte Israel an, dass eine neuerliche Sperrung der Straße, die dem Suezkrieg vorangegangen war, als Kriegshandlung betrachtet werden würde. Die Straße war ein anfälliger Verkehrsweg für den israelischen Handel – besonders für seine Ölimporte – über das Rote Meer.

Im Mai 1967 scheiterten diplomatische Bemühungen der USA, der Sowjetunion und der Uno, Nasser davon zu überzeugen, die Straße zu öffnen. Weil es nicht in der Lage war, seine Armee als Antwort auf die Mobilisierung arabischer Staaten auf unbegrenzte Zeit im Mobilisierungszustand zu halten, und angesichts einer militärischen Allianz, die jetzt Ägypten, Syrien, Jordanien und den Irak einschloss, führte Israel am 5. Juni 1967 einen Präventivschlag gegen Ägypten. In einem Überraschungsangriff am frühen Morgen zerstörte die israelische
Luftwaffe den Bestand ägyptischer Kampfflugzeuge noch am Boden. In vier Kampftagen schlug die israelische Armee die ägyptischen Streitkräfte im Sinai und im Gazastreifen und nahm beide Gebiete ein.


König Hussein greift trotz Friedensangebot an

Am Morgen des 5. Juni sandte Israel – darauf bedacht, es nicht zu Feindseligkeiten mit Jordanien kommen zu lassen – eine Mitteilung an König Hussein, in der stand, dass „Israel Jordanien nicht – um es zu wiederholen: nicht – angreifen wird, wenn Jordanien sich ruhig verhält.“ Trotz dieser Botschaft, die vom UN-General Odd Bull überbracht wurde, weigerte sich König Hussein, den geplanten Angriff zu stoppen. Jordanien nahm Gebiete im israelischen Landesinneren sowie Jerusalem unter Beschuss, bevor Israel Abwehrmaßnahmen ergriff. Jordanien lehnte auch einen Waffenstillstand ab, der während des Krieges von der Uno ausgehandelt worden war, und setzte stattdessen die Angriffe auf den jüdischen Staat fort. Als Antwort darauf drängte Israel die jordanischen Streitkräfte über den Jordan zurück und nahm Besitz von der Westbank, einem Gebiet kleiner als New Jersey. In einem überlegt geführten Kampf zum Schutz aller heiligen Stätten vereinigte Israel Westjerusalem wieder mit dem Ostteil der Stadt, der von 1948 bis 1967 von Jordanien besetzt war.

Mit der Wiedervereinigung Jerusalems konnten die Juden zum ersten Male seit 1948 wieder an der Klagemauer beten, der heiligsten Stätte des Judentums. Bis 1967 hatte Jordanien die Waffenstillstandsvereinbarungen von 1949 verletzt und den Israelis den freien Zugang zu den heiligen Stätten in Ostjerusalem verwehrt. Nach dem Krieg und bis zum heutigen Tag hat Israel dem Waqf, der islamischen Stiftungsbehörde, die Verwaltung der Moscheen auf dem Tempelberg gewährt – trotz der Bedeutung des Areals für das Judentum.

Drei Mal nein

Am 19. Juni 1967 – gerade einmal eine Woche, nachdem sich das Land seiner potenziellen Vernichtung gegenübersah – stimmte das israelische Kabinett zu, als Gegenleistung für Friedensvereinbarungen den Sinai an Ägypten und den Golan an Syrien zurückzugeben.„Alles ist verhandelbar“, sagte Israels Außenminister Abba Eban. Die arabische Antwort jedoch, vereint in ihrer kategorischen Ablehnung eines Friedens, folgte auf einem Gipfeltreffen in Khartoum im September 1967: „Kein Frieden mit Israel, keine Verhandlungen mit Israel und keine Anerkennung Israels.“

Zu diesem Zeitpunkt gab es selbst unter den arabischen Parteien noch keine Übereinstimmung über die Errichtung eines palästinensischen Staates in der Westbank und im Gazastreifen, in den Gebieten also, die Israel sich von Jordanien respektive Ägypten angeeignet hatte. Die Agenda der PLO, wie sie in der palästinensischen Nationalcharta formuliert worden war, rief zum „bewaffneten Kampf“ auf, um ganz Palästina zu befreien, einschließlich des Staates Israel. Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass die PLO 1964 gegründet wurde, drei Jahre vor dem Sechstagekrieg. Ihre raison d’etre: die Zerstörung Israels.

1947 akzeptierte Israel einen UN-Plan, einen jüdischen und einen arabischen Staat in Palästina ins Leben zu rufen, was von den arabischen Staaten abgelehnt wurde. Nach Israels Unabhängigkeitskrieg besetzte Jordanien die Westbank und Ägypten den Gazastreifen. Keiner von beiden machte Anstalten, einen palästinensischen Staat zu gründen.

Sadat kommt nach Jerusalem

Im November 1977 besuchte der ägyptische Präsident Anwar Sadat als erster arabischer Führer in offizieller Mission Israel und sprach dort vor dem Parlament. Sadat bekundete Ägyptens Wunsch, Frieden mit Israel zu schließen. Weniger als zwei Jahre später, im März 1979, unterzeichneten Israel und Ägypten einen Friedensvertrag und normalisierten ihre Beziehungen. Im Gegenzug für einen Frieden mit Ägypten zog Israel sich aus der gesamten Wüste Sinai zurück (die drei Mal so groß wie Israel ist), gab das strategisch wichtige Territorium auf, räumte seine Luftwaffenstützpunkte und Siedlungen und büßte die Ölquellen ein, die es dort entdeckt hatte.

Das Osloer Abkommen

Seit 1967 verwaltete Israel die Westbank und den Gazastreifen und regelte die Angelegenheiten der palästinensischen Bevölkerung in diesen Gebieten. Während die Palästinenser, verglichen mit ihren Erfahrungen unter jordanischer und ägyptischer Herrschaft, wesentliche Verbesserungen in ihrem täglichen Leben erfuhren, trachteten sie weiterhin nach Selbstbestimmung. 1988 gab Jordanien seinen Anspruch auf die Westbank auf und gestattete der PLO, sich um die palästinensischen Interessen zu kümmern.

Im September 1993 unterzeichneten Israel und die PLO das Osloer Abkommen. Zum ersten Mal in der Geschichte entstand eine palästinensische Regierung, die Palästinensische Autonomiebehörde, die nach und nach die Kontrolle über die palästinensischen Staatsangelegenheiten übernahm. Diese Regelung sollte zu dauerhaften Gesprächen über die Zukunft der Palästinenser führen. Im Gegenzug für die Anerkennung durch Israel versprach die PLO, auf Gewalt als legitimes Mittel des „Widerstands“ gegen den jüdischen Staat zu verzichten. Dennoch verübten palästinensische Extremisten, unter ihnen Mitglieder der Hamas und des Islamischen Djihad, zahlreiche Terroranschläge gegen Israelis.

Als Folge des Osloer Abkommens unterzeichneten Israel und Jordanien 1994 einen Friedensvertrag, der die Beziehungen zwischen beiden Staaten normalisierte. Israelis und Palästinenser hatten zu dieser Zeit große Hoffnungen; eine vollkommene und dauerhafte Beilegung des Konflikts schien möglich.

Arafat weist beispiellose Angebote zurück, Gewalttätigkeiten folgen

Verbunden mit dem Wunsch, die israelische Präsenz in der Westbank und im Gazastreifen zu beenden, bot Premierminister Ehud Barak im Juli 2000 in Camp David einen palästinensischen Staat im gesamten Gazastreifen, in über 90 Prozent der Westbank und dazu eine palästinensische Hauptstadt Ostjerusalem an. Der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde, Yassir Arafat, lehnte das Angebot ab. Monate später, im Beisein von US-Präsident Bill Clinton, erhöhte Barak das Angebot auf 97 Prozent der Westbank, einschließlich der palästinensischen Souveränität über den Tempelberg, den Ort der antiken jüdischen Tempel. Wieder wies Arafat das Angebot zurück, wie Präsident Clinton bestätigte.

Trotz der folgenden gewalttätigen Intifada hat jeder der letzten drei israelischen Premierminister – Ehud Barak, Ariel Sharon und Ehud Olmert – die Gründung eines palästinensischen Staates Seite an Seite mit Israel befürwortet. Doch anstatt sich Israels Friedensplan anzuschließen, lehnte Arafat ihn nicht nur ab, sondern unterstützte aktiv die Gewalt gegen Israel, die eine Periode des Terrors im September 2000 einleitete und alsZweite Intifada bekannt wurde. Über 1.000 Israelis wurden in ihr bei Anschlägen getötet und nahezu 8.000 verwundet.

Der Sicherheitszaun

Um sich vor den wahllosen Terrorangriffen im Rahmen der Intifada zu schützen, in der Männer, Frauen und Kinder getötet wurden, begann Israel im Jahr 2002, eine Sicherheitsbarriere zu errichten, zum größten Teil entlang der Grünen Linie, die die Westbank vom israelischen Staatsgebiet trennt. Zu 97 Prozent besteht diese Grenze aus einem Maschendrahtzaun. Nur drei Prozent werden durch eine Betonbarriere gebildet, die dazu dient, den Beschuss israelischer Zivilisten in dicht bevölkerten Gebieten zu verhindern.

Auch wenn der Sicherheitszaun keine Ideallösung ist, hat Israel sich sehr bemüht, das Lebensrecht israelischer Bürger mit dem Recht der Palästinenser auf Bewegungsfreiheit in Einklang zu bringen. Der Zaun beinhaltet Dutzende von Grenzübertrittsstellen für die Palästinenser, die es ihnen ermöglichen, sich in beide Richtungen zu bewegen und ihre Waren und Güter zu transportieren. Bei verschiedenen Anlässen hat Israels höchster Gerichtshof angewiesen, den Zaun zu versetzen, um den palästinensischen Bauern zusammenhängendes Land zu gewährleisten – trotz des damit verbundenen Sicherheitsrisikos.

2003, ein Jahr nach Baubeginn, kam es im Vergleich zum Vorjahr zu einem Rückgang von 50 Prozent der durch Terror bedingten Todesfälle auf israelischer Seite.

Einseitiger Rückzug

Im Sommer 2005 ließ Premierminister Ariel Sharon alle 10.000 israelischen Zivilisten aus dem Gazastreifen und vier Siedlungen in der nördlichen Westbank evakuieren, weil er hoffte, so einen Reibungspunkt zwischen Israelis und Palästinensern zu beseitigen und einen Friedensimpuls zu geben. Israel zog zudem sein Militär aus dem Gazastreifen ab. Doch statt ihre neue Autonomie zu nutzen – die erste Gelegenheit dieser Art, die Lage der Palästinenser in Gaza zu verbessern –, verlor die PA ihre Kontrolle über die Macht. Die Gewalt eskalierte, weil Anhänger rivalisierender Fraktionen sich regelmäßig gegenseitig umbringen. Armut und Arbeitslosigkeit sind rasant gestiegen. Terrorgruppen feuern Kassam-Raketen von Gaza aus auf Zivilisten im Süden Israels und schmuggeln hoch entwickelte Waffen aus Ägypten ein, darunter waffentauglichen Sprengstoff, Boden-Luft-Raketen und Panzerfäuste.

Der Abzug aus dem Gazastreifen veranschaulicht die Risiken für Israel, wenn es sich aus einem Gebiet zurückzieht, ohne feste Sicherheitsgarantien zu bekommen. Heute mag sich die israelische Besetzung der Westbank für die palästinensischen Zivilisten schwierig gestalten, aber ohne einen glaubwürdigen Friedenspartner auf palästinensischer Seite hat Israel keine andere Wahl, als darauf zu warten.

Vielen Israelis wäre ein Ende der israelischen Besetzung der Westbank lieber, aber Sicherheitsmaßnahmen wie Checkpoints sind weiterhin notwendig – wegen des Terrors, der von palästinensischen Gebieten ausgeht, die häufig an israelische Dörfer und Städte grenzen. Doch ganz abgesehen davon verbesserte sich das Leben durchschnittlicher Palästinenser zwischen 1967 und 1994 sogar, als Israel offiziell den Gazastreifen und die Westbank verwaltete: Universitäten wurden eröffnet, landwirtschaftliche Neuerungen Israels wurden mit den Palästinensern geteilt, moderner Komfort hielt Einzug, und das Gesundheitssystem wurde erheblich verbessert.

Die Realität der Besatzung

Heute können etwa 92 Prozent der Palästinenser in der Westbank lesen und schreiben, und die Lebenserwartung beträgt durchschnittlich 73 Jahre. Beides spiegelt einen großen Entwicklungssprung seit den 1960er Jahren und der jordanischen Herrschaft wider. Auch wenn das Leben für Palästinenser nicht einfach ist, so entspricht die Realität nicht annähernd dem Vorwurf der „Apartheid“, der verbreitet wird, um die Situation verzerrt darzustellen.

Fazit

Die meisten Israelis haben sich, wie ihre Wahl der letzten drei Premierminister zeigte, deutlich für eine Zweistaatenlösung ausgesprochen: Palästina und Israel. Doch kann Israel nur dabei behilflich sein, diese Wirklichkeit herbeizuführen, wenn es glaubwürdige Partner hat, die diesen Weitblick teilen. Die Hamas jedoch, der gegenwärtig dominierende Partner in der palästinensischen Einheitsregierung, trachtet nach einem einzigen ungeteilten islamischen Staat, der auf den Regeln der Sharia, auf dem islamischen Gesetz also, basiert. Wenn sich vertrauenswürdige Partner finden, die in guter Absicht über eine Zweistaatenlösung verhandeln wollen, wird der Frieden unweigerlich kommen.