Proteste gegen den Al-Quds-Tag: Gegen islamistische und antisemitische Propaganda auf Berlins Straßen – für die iranische Freiheitsbewegung!

Auch in diesem Jahr gibt es wieder Proteste gegen den islamistischen und antisemitischen Aufmarsch zum sog. “Al-Quds-Tag” in Berlin, der dieses Jahr für Samstag, den 18. August 2012 angekündigt ist.

Bereits am 13.8.2012 werden Wahied Wahdat-Hagh (European Foundation for Democracy) und Jonathan Weckerle (STOP THE BOM über den Quds-Tag und den Kampf gegen Israel und Freiheit im Nahen Osten sprechen, alle Informationen dazu hier und auf Facebook.

Das antifaschistische Bündnis “No Al-Quds-Tag” ruft am 18.8.2012 unter dem Motto Gemeinsam gegen Antisemitismus! zu einer Kundgebungen um 13.00 Uhr am Adenauerplatz auf. Alle weiteren Informationen sowie weitere Termine im Vorfeld des Al-Quds-Tages finde Sie hier.

Die von STOP THE BOMB und anderen Organisationen initiierte Kundgebung “Gegen islamistische und antisemitische Propaganda auf Berlins Straßen – Solidarität mit Israel und der iranischen Freiheitsbewegung!” wird am 18.8.2012 um 14.30 am am Joachimstaler Platz (Karte) beginnen. Weitere Informationen dazu finden Sie auf www.no-al-quds-tag.de, den Aufruf finden Sie hier. Bitte laden Sie Ihre Kontakte auch via Facebook ein!

Die Teilnahme an beiden Kundgebungen wird zeitlich wie organisatorisch gewährleistet werden!

Auf unserer Seite finden Sie auch die Dokumentation Proteste der Jahre 20112010 und 2009.

18.8.: Gegen islamistische und antisemitische Propaganda auf Berlins Straßen – Solidarität mit Israel und der iranischen Freiheitsbewegung!

Seit 1979 folgen jährlich zum Ende des Fastenmonats Ramadan islamistische Organisationen weltweit dem Aufruf zum „Al-Quds-Tag”als Kampftag des politischen Islam. Ajatollah Khomeini forderte nach der islamistischen Machtergreifung im Iran seine Anhänger und Anhängerinnen zur weltweiten Ausbreitung der islamischen Revolution, zur „Befreiung” Jerusalems und zur Vernichtung Israels auf.

Der diesjährige Quds-Marsch am 18. August in Berlin findet vor dem bedrohlichen Hintergrund des ungebrochen und beschleunigt vorangetriebenen iranischen Atomprogramms statt. Während die Zeit verrinnt, das islamistische Regime im Iran auf dem Weg zur Bombe zu stoppen, entlädt sich eine Welle des Hasses gegen Israel. Auslöser war ein Gedicht von Günter Grass, der den durch die Islamische Republik Iran existenziell bedrohten jüdischen Staat Israel als Aggressor und Bedrohung des Weltfriedens darstellt. Umso wichtiger ist es, dem in den letzten Jahren verstärkt als „Friedensdemonstration“ inszenierten Quds-Marsch entgegenzutreten und Solidarität mit Israel zu demonstrieren!

Wir solidarisieren uns auch mit der Mehrheit der Iraner, deren Rechte und deren Streben nach Freiheit von der iranischen Diktatur brutal unterdrückt werden. 2009 wurde eine landesweite Aufstandsbewegung mit extremer Gewalt niedergeschlagen, seitdem hat sich die Menschenrechtslage nochmals drastisch verschlechtert: Inhaftierungen, Folter, Hinrichtungen, Sittenterror, Geschlechterapartheid und Zensur sind an der Tagesordnung.

Auch in Deutschland bedroht das iranische Regime Freiheit und Leben von Menschen: Seit Mai diesen Jahres muss der 2005 aus dem Iran geflohene Musiker Shahin Najafi in Deutschland im Untergrund leben, nachdem mehrere iranische Ayatollahs Todesfatwas gegen ihn erlassen hatten. Zudem wurde von regimenahen Kreisen ein Kopfgeld von 100.000 Dollar auf Najafi ausgeschrieben. Iranische Diplomaten in Deutschland haben sich an der Verbreitung der Todes-Fatwas beteiligt.

Beim Quds-Tag marschieren nicht nur die Claqueure des Regimes, sondern auch immer einige dessen mörderischer Handlanger. Beispielsweise werden bei Quds-Märschen regelmäßig Fahnen der eng mit dem iranischen Regime verbündeten libanesischen Hisbollah gezeigt, also jener Organisation, die immer wieder in Terroranschläge weltweit verwickelt war. Zuletzt wurde am 18. Juli 2012 in Bulgarien ein Anschlag auf einen Bus mit israelischen Touristen verübt, bei dem sechs Menschen ums Leben kamen. Diesem Anschlag gingen in den letzten Jahren zahlreiche Anschlagsversuche in aller Welt voraus, die verhindert werden konnten. Seit Jahren ist bekannt und nicht zuletzt in den Berichten der staatlichen Sicherheitsbehörden nachzulesen, dass Hisbollah in Deutschland über hunderte Anhänger sowie die Fähigkeit zur Durchführung von schweren Anschlägen verfügt. Dass vor kurzem auf EU-Ebene eine Listung der Hisbollah als Terrororganisation gescheitert ist, ist ein Skandal, der aber die deutsche Regierung nur umso mehr in die
Verantwortung stellt: Die Hisbollah muss in Deutschland endlich als Terror-Organisation verboten werden!

Wir – das sind verschiedene politisch und sozial engagierte Gruppen und Einzelpersonen – rufen auch in diesem Jahr zu einer Kundgebung gegen den antisemitischen und antidemokratischen “Al-Quds-Tag” auf.

Demonstrieren Sie gemeinsam mit uns:

  • Gegen jede Form von antisemitischer und islamistischer Propaganda,
  • Gegen die Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik Iran,
  • Für ein sofortiges Verbot der Hisbollah und
  • Für Solidarität mit Israel und der iranischen Freiheitsbewegung!

Die Kundgebung findet statt am Samstag, dem 18. August 2012. Joachimstaler Str. / Ecke Kurfürstendamm (“Joachimstaler Platz”), Beginn: 14:30 Uhr.

Bereits um 13:00 Uhr beginnt am Adenauerplatz · Berlin, wo die “Quds-Demonstration” auch starten wird, Antifaschistische Kundgebung unter dem Motto „Kein Al Quds-Tag 2012 in Berlin! Gemeinsam gegen Antisemitismus“. Im Anschluß können die Teilnehmer gemeinsam zur Kundgebung am Joachimstaler Platz gehen.

Weitere Informationen zur Kundgebung der antifaschistischen Gruppen – hier klicken

Initiativkreis:

  • Anti-Defamation Center – Bildungswerk für Demokratie und Kultur gemn. e.V. (ADC Bildungswerk),
  • Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA),
  • Green Party of Iran – Deutschland, –
  • STOP THE BOMB,
  • Deutsch-Israelische Gesellschaft – Arbeitsgemeinschaft Berlin/Potsdam (DIG),
  • Koordinierungsrat deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus e.V.
  • Bund der Verfolgten des Naziregimes Berlin e.V. (BVN),
  • Redaktion haOlam.de

Unterstützer:

  • Honestly Concerned e.V.
  • Deutsch-Israelischer Bund i.Gr. (DI
  • Pro Zion NRW

Wenn Sie diesen Aufruf – egal ob als Einzelperon oder als Organisation/Initiative – unterschreiben wollen, schicken Sie bitte eine Mail an: [email protected]

 Source

Über das Gewaltpotential von israelbezogenem Antisemitismus

Vom Wort zur Tat
Über das Gewaltpotential von israelbezogenem Antisemitismus. Wie ein antisemitischer Diskurs über Israel körperliche Gewalt bedingen kann.

von Jan Riebe
Antisemitismus ist die offene Abwertung und Diskriminierung gegenüber Jüdinnen und 
Juden als »Juden« (6)  und somit auch Gewalt in Worten und Taten. Dies gilt ebenso für den 
israelbezogenen Antisemitismus. Antisemitische Diskurse tragen dazu bei – gewollt oder 
ungewollt – dass einzelne Personen sich legitimiert fühlen, körperliche Gewalt gegen Jü-
dinnen und Juden anzuwenden. Wie das Zusammenspiel von antisemitischem Diskurs und Gewalt zusammenhängt, lässt sich anhand der Positionierung der außerparlamentarischen Linken ab Ende der 60er Jahre aufzeigen. Deren antisemitischer Diskurs über Israel führte zu antisemitischer 
Gewalt. Angesichts von Zustimmungsraten zu Äußerungen mit israelbezogenem antisemitischem Inhalt von bis zu 68% der Deutschen (7) sollte die Gefahr, die vom israelbezogenem Antisemitismus ausgeht, ernst genommen werden.
Bomben gegen Juden im Namen der »Israelkritik« 
Mit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 nahm die Gleichsetzung Israels mit dem Nationalsozialismus stark zu – in vielen Diskursen wurde eine Täter-Opfer-Umkehr vollzogen. Dies 
geschah mitunter aber auch in Form proisraelischer Äußerungen. Die Springer-Presse feierte damals den israelischen Verteidigungsminister Moshe Dayan als den neuen »Wüstenfuchs Rommel«, das Nachrichtenmagazin Spiegel titelte im Juni des gleichen Jahres 
bewundernd »Israels Blitzkrieg«. Für die radikale Linke waren solche Israel lobenden NSVergleiche, insbesondere durch die von ihnen gehasste Springer-Presse, ein Bestätigung 
für ihre im Zuge des Sechs-Tage-Krieges gewachsene radikale antiisraelische Haltung. 
Zumal nahezu zeitgleich dieselben Zeitungen gegen die Außerparlamentarische Opposition (APO) hetzten und den Tod Benno Ohnesorgs mit Schlagzeilen wie »Wer Terror 
produziert, muß Härte in Kauf nehmen« (8) rechtfertigten. Da half es auch nicht, dass Ulrike Meinhof, linke Vordenkerin und Kolumnistin bei der Zeitschrift Konkret, auch noch 
nach dem Sechs-Tage-Krieg eine linke, kritische Solidarität mit Israel beschwor: »Es gibt 
für die europäische Linke keinen Grund, ihre Solidarität mit den Verfolgten aufzugeben, 
sie reicht in die Gegenwart hinein und schließt den Staat Israel mit ein« (9).
 Die radikale Linke, bis zum Sechs-Tage-Krieg mehrheitlich proisraelisch, folgte dieser Analyse Meinhofs weitgehend nicht. Israel wurde von Teilen der APO als »faschistisch« gebrandmarkt und 
auf der 22. Delegiertenkonferenz des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS) 
das Existenzrecht abgesprochen (10). Fortan galt für viele Linke jede Aktion, die sich formal 
gegen Israel richtete, in dieser Logik als antifaschistisch. So verhinderten linke Studierende 
1967, dass der erste Botschafter Israels in Deutschland, Asher Ben-Natan, an verschiedenen Universitäten mit Studierenden über den Sechs-Tage-Krieg reden konnte. Einer der Störer begründete dies damit, dass er sich dann ja gleich Adolf Hitler vom Himmel runterholen könne,   um mit ihm über Konzentrationslager zu debattieren (11). Diese Täter-Opfer-Umkehr, nach der die Israelis die »neuen Nazis« waren, hatte fatale Folgen: Am 9. November 1969 deponierten Linke – mit Hilfe eines agent provocateur des Verfassungsschutzes – anlässlich der Gedenkstunde zum 31. Jahrestag der Novemberpogrome, eine Bombe im Jüdischen Gemeindehaus in Berlin. Lediglich 
der defekte Zeitzünder verhinderte ein Massaker, bei dem wahrscheinlich u.a. zahlreiche Holocaust-Überlebende umgekommen wären. 
In einem Bekennerschreiben wird die Tat als antifaschistisch gerechtfertigt: 
»Am 31. Jahrestag der faschistischen Kristallnacht wurden in Westberlin mehrere 
jüdische Mahnmale mit ›Schalom und Napalm‹ und ›El Fatah‹ beschmiert. Im jüdischen Gemeindehaus wurde eine Brandbombe deponiert. Beide Aktionen sind nicht mehr als rechtsradikale Auswüchse zu diffamieren, sondern sie sind ein entscheidendes Bindeglied internationaler sozialistischer Solidarität. Das bisherige Verharren der Linken in theoretischer Lähmung bei der Bearbeitung des Nahostkonflikts ist Produkt des deutschen Schuldbewusstseins: ›Wir haben eben Juden vergast und müssen die Juden vor einem neuen Völkermord bewahren.‹ […] Jede Feierstunde in Westberlin und in der BRD unterschlägt, daß die Kristallnacht von 1938 heute täglich von den Zionisten in den besetzten Gebieten, in den Flüchtlingslagern und in den 
israelischen Gefängnissen wiederholt wird. Aus den vom Faschismus vertriebenen Juden 
sind selbst Faschisten geworden, die in Kollaboration mit dem amerikanischen Kapital das 
palästinensische Volk ausradieren wollen.« (12).
Der geplante Anschlag stieß in großen Teilen der Linken auf scharfe Kritik, dennoch teilten viele diese einfache Logik, nach der Israel faschistisch geworden sei und somit »Widerstand« gegen Israel antifaschistisch sei (13). Dieses Erklärungsmuster bildete in der Folgezeit für viele Linke die Grundlage ihrer Politik gegenüber Israel. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im gleichen Maße Gewalttaten gegenüber Jüdinnen und Juden Unterstützung fanden, dennoch fiel die Kritik daran oft schwach aus.Im Jahr 1972 rechtfertigte auch Ulrike Meinhof – in völliger Umkehr zu ihrer 1967 
verlautbarten Positionierung – in einem Pamphlet (14)  der Roten Armee Fraktion das Olympia-Attentat auf die israelische Mannschaft in München als Antifaschismus. Sie bezeichnete Moshe Dayan als »Himmler Israels«, und warf Israel vor, einen «Moshe-Dayan-Faschismus« zu betreiben. Zudem habe der Staat Israel »seine Sportler verheizt wie die Nazis die Juden – Brennmaterial für die imperialistische Ausrottungspolitik«. (15)
Wie weit die Ideologie des Antisemitismus die Betrachtung des Nahostkonfliktes in Teil 
der Linken bestimmte, zeigte sich 1976 bei einer Flugzeugentführung deutscher und 
palästinensischer Terroristen. Der deutsche Terrorist Böse, Mitglied der Revolutionären 
Zellen (RZ), selektierte die Passagiere in Juden und Nichtjuden. Explizit wurde mit der 
Ermordung der jüdischen Flugpassagiere gedroht. Für viele Jüdinnen und Juden weltweit 
stand fest: Es handelte sich um eine Selektion wie einst an der Rampe von Auschwitz, 
vorgenommen durch einen deutschen Aktivisten der RZ. Die Stürmung des Flughafengebäudes, in dem die Geiseln gefangen gehalten wurden, verhinderte ein antisemitisches Massaker. Größere Teile der radikalen Linken begannen erst 15 Jahre später, über den antisemitischen Charakter dieses Ereignisses kontrovers zu diskutieren.
In diese Tradition, Jüdinnen und Juden als die neuen Faschisten und damit einhergehend zu legitimen Angriffszielen zu deklarieren, reihte sich auch ein vermutlich geplanter 
Mordanschlag der RZ auf die jüdischen Gemeindevorsteher von Berlin und Frankfurt, 
Heinz Galinski und Ignaz Lipinski, ein. Die geplanten Taten kamen nur durch einen Aussteiger ans Licht. Die RZ veröffentlichten daraufhin ein Schreiben, in dem sie zwar nicht direkt zugaben, die beiden jüdischen Gemeindevorsteher tatsächlich ermorden zu wollen, diese jedoch als legitime Ziele linker Politik definierten. In dem Schreiben warfen die RZ der Linken vor, die
Attentatspläne gegen Galinski und Lipinski als Antisemitismus zu kritisierten, statt zu überlegen »welche Rolle Galinski spielt für die Verbrechen des Zionismus, für die Grausamkeiten der imperialistischen Armee Israels, welche Propaganda- und materielle Unterstützungsfunktion dieser Typ hat, der alles andere ist als nur >jüdischer Gemeindevorsitzender<, und: was man in einem Land wie dem unseren dagegen machen kann. Ihr entzieht euch dieser politischen Auseinandersetzung und geilt euch auf an dem 
behaupteten (antisemitischen?) Faschismus der RZ und ihrer Hintermänner. […]« (16).
Die Liste mit antisemitischen Anschlägen in der Ideologie der Täter-Opfer-Umkehr, 
verbunden mit dem Duktus antifaschistisch zu handeln, ließe sich fortführen. Viele Linke 
kritisierten solche Taten, jedoch ermöglichte die breite Akzeptanz der Meinung »aus vom 
Faschismus vertriebenen Juden sind selbst Faschisten geworden« diese Taten. 
Seit den 90er Jahren gibt es innerhalb der Linken eine gewachsene Sensibilität dem eigenen Antisemitismus gegenüber. Die Auseinandersetzungen werden häufig sehr kontrovers und intensiv geführt. Diese Debatten haben wesentlich dazu beigetragen, dass der antisemitische Diskurs zurückgedrängt wurde, parallel dazu nahmen antisemitische Taten aus der Linken stark ab.(17)
 Dies ist einerseits mit einem Bedeutungsverlust der radikalen Linken seit 1990 durch den Zusammenbruch des Ostblocks zu erklären, aber auch mit der selbstkritischeren Auseinandersetzung mit dem eigenen Antisemitismus. Dennoch kann nicht von einem Verschwinden des Antisemitismus von links geredet werden, auch kommt es immer wieder zu Gewalttaten im Zuge der Auseinandersetzungen in der Linken um Israel und Antisemitismus. Zudem geben auch Entwicklungen in Teilen der Linkspartei Grund zur Sorge, wie diverse Vorfälle mit antisemitischen Charakter der letzten Jahre zeigen (18).
Täter-Opfer-Umkehr in der »Mitte« der Gesellschaft
Dennoch sollten insbesondere die hohen Zustimmungsraten in der Mitte der Gesellschaft 
Anlass bieten, den israelbezogenen Antisemitismus auch wenn er sich häufig »nur« in Diskursen niederschlägt, ernst zu nehmen. Nicht weil in der Gegenwart in Deutschland aus 
ihr körperliche antisemitische Gewalt in hohem Maße erwächst, sondern weil Vorstellungen, wie die, »was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch 
nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben«, 
an die Täter-Opfer-Umkehr anschließen, die für den israelfeindlichen, in Teilen antisemitischen Kurs der außerparlamentarischen Linken Ende der 60er bis weit in die 80er 
Jahre entscheidend war. Dass solche Aussagen, die die Verbrechen des Nationalsozialismus 
extrem relativieren und Israels Politik dämonisieren, in Deutschland Zustimmungsraten 
von 30 bis über 50% erzielen, zeigt, dass wir es nicht mit Einstellungen einer kleinen 
Minderheit zu tun haben. Auch dass 70% der Deutschen Israel für die größte Gefahr des 
Weltfriedens (19) halten, bestätigt, dass in großen Teilen der Gesellschaft ein sehr negativer 
Diskurs über Israel vorherrscht. 
Dies alles kann dazu beitragen, dass sich beispielsweise bei einer neuerlichen Eskalation im Nahen Osten auch antisemitische Gewalt wieder Bahn bricht – ob von rechts, links oder aus der Mitte der Gesellschaft. Insbesondere Rechtsextreme, die laut Kriminalstatistik 2011 für 775 der 811 antisemitischen Straftaten in Deutschland verantwortlich waren, versuchen immer wieder, ihre antisemitischen Taten als »Kritik« an Israel zu tarnen (20). Hinzu kommt, dass sich nicht »nur« antisemitische Gewalttäter durch diesen Diskurs ermutigt sehen, sondern dass große Teile der 
Gesellschaft antisemitische Gewalt nicht als solche wahrnehmen oder wahrnehmen wollen.
»Antisemitismus? – aber das Opfer war doch ein Israeli«
Wie antisemitische Gewalt nicht als solche wahrgenommen wird, wenn sie sich gegen Israelis richtet, lässt sich an einem Vorfall vom April 2010 veranschaulichen: In Laucha, SachsenAnhalt wurde ein Jugendlicher zusammengeschlagen. Die Täter waren Neonazis. Sie riefen dabei immer »Du Scheiß-Jude, verpiss dich« und ähnliches. Darauf fragte eine Journalistin in einem Interview die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung: »Nun, Frau Kahane, was meinen Sie? Ist das schon Antisemitismus?« »Schon? Ja klar, was denn sonst?!« antwortete Kahane. »Naja«, meinte die Journalistin, »aber das Opfer war doch ein Israeli«. 
Ein die Wahrnehmung betreffend ähnliches Szenario spielte sich 2010 in Hannover ab. 
Bei einem Stadtteilfest wurde eine jüdische Tanzgruppe antisemitisch beleidigt und mit 
Steinen beworfen. Einige lokale Akteure vor Ort konnten in der Tat keinen Antisemitismus erkennen, sondern sahen darin lediglich ein Nachspielen des Nahostkonfliktes. 
Es zeigt sich, dass selbst, wenn eindeutige Begriffe wie »Scheiß Jude« im Kontext einer 
Gewalttat gegen einen Juden fallen, dies nicht notwendig als antisemitisch wahrgenommen wird, wenn die Opfer Israelis sind. Außerdem kann Gewalt gegen Jüdinnen und 
Juden als falsche Form der »Kritik« an Israel erscheinen und nicht als die antisemitische 
Praxis, die sie ist. In solchen Beispielen spiegelt sich wider, wie real die Gefahr des Zusammenspiels antisemitischer Gewalt und des Wegschauens der Mehrheitsgesellschaft ist. 
Letzteres zeigt auch, wie wenig Sensibilität und Wissen in großen Teilen der Gesellschaft 
bezüglich Formen und Gefahren von israelbezogenem Antisemitismus vorhanden sind. 
Fazit
Die Täter-Opfer-Umkehr ist ein zentraler Bestandteil des israelbezogenen Antisemitismus. 
Wie solch ein antisemitischer Diskurs in Gewalt umschlagen bzw. sie bedingen kann, zeigt 
der Blick auf die Israeldebatten der außerparlamentarischen Linken Ende der 60er Jahre. 
Angesichts Zustimmungsraten von bis zu über 50% der deutschen Mehrheitsbevölkerung 
zu Aussagen, die die Politik Israels mit der des Nationalsozialismus auf eine Ebene stellt, 
wird deutlich, wie aktuell, wie wirkungsmächtig und breit verankert die Täter-OpferUmkehr bei Debatten über Israel derzeit ist. Israelbezogener Antisemitismus stellt eine akute Bedrohung der demokratischen Kultur, aber auch für die Unversehrtheit von Jüdinnen und Juden und alle dar, die als Repräsentanten oder Sympathisantinnen Israels wahrgenommen werden. Dies können dann auch Kinder und Jugendliche einer Tanzgruppe einer jüdischen Gemeinde sein, wie der Vorfall in Hannover gezeigt hat.
Anmerkungen:
6 Damit ist gemeint, dass jenseits von der realen Existenz von Jüdinnen und Juden im Antisemitismus Judenbilder konstruiert werden. Brian Klug fasst dies so: »In short, antisemitism is the process of turning Jews into ›Jews‹«
7 Vgl. Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.): Deutsche Zustände Folge 3, Frankfurt/Main, S. 151
8 Schlagzeile der B.Z. vom 3. Juni 1967
9 Ulrike Meinhof: Drei Freunde Israels, in: Konkret 7/1967
10 So heißt es in einer verabschiedeten Resolution: »Die Anerkennung des Existenzrechts der in Palästina lebenden Juden durch die sozialrevolutionäre Bewegung in den arabischen Ländern darf nicht identisch sein mit der Anerkennung Israels als Brückenkopf des Imperialismus und als zionistisch
es Staatsgebilde.« Vgl. Martin W. Kloke: Israel und die deutsche Linke, Frankfurt am Main 1990, S. 77. In dieser Resolution spricht sich der SDS auch gegen antisemitische-rassistische Tendenzen von Teilen der arabischen Kriegspropaganda aus.
11 Vgl. Interview mit Inge Deutschkron, Dokumentarfilm: Wir sind da. Juden in Deutschland nach 
1945, Janusch Kozminski Filmproduktion aus dem Jahr 2000
12 AGIT 883, Nr. 40 vom 13.11.1969, S. 9
13 Vgl. Martin W. Kloke: Israel und die deutsche Linke, Frankfurt am Main 1990, S. 77 ff.
14 Vgl. «Die Aktion des »Schwarzen September« in München. Die Strategie des antiimperialistischen Kampfes, November 1972« in: Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF, Berlin 1997, S. 151-177.
15 Noch weiter ging im Jahr 2008 der Direktor des Sportwissenschaftlichen Instituts an der Universität Göttingen, Arnd Krüger. Er behauptete in einem Vortrag, die Sportler seien freiwillig in den Tod gegangen, um die Schuld (und auch die Schulden) Deutschlands gegenüber dem Staat Israel zu verlängern.
16 Die gesamte RZ-Erklärung »Die Hunde bellen, und die Karawane zieht weiter« ist online nachzulesen unter:
www.salzborn.de/txt/2011_zfp.pdf
19″>
www.salzborn.de/txt/2011_zfp.pdf
19 Die Aussage »Israel ist die größte Gefahr für den Weltfrieden« ist für sich alleine genommen nicht als antisemitisch einzustufen, aber Ausdruck eines sehr negativen Israelbildes in Deutschland. Dennoch ist die Aussage anschlussfähig an antisemitische Ressentiments, wie das vom jüdischen Weltbrandstifter.
20 So marschierten beispielsweise zeitgleich am 3. Juni 2003 mit einer Veranstaltung mit dem damaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, anlässlich der Ausstellung »Rassismus in Deutschland« rund 60 Neonazis aus der Region unter der verhöhnenden Losung »Der Rassismus ist ein Meister aus Israel«. Einer der Redner, ein Mitglied des NRW-Landesvorstands der NPD, skandiert über das Mikro die Parole »Internationale Völkermordzentrale Israel«.Diese und viele weitere Beispiele für Aktionen, nicht nur von Neonazis, ihren Antisemitismus als Kritik an Israel zu tarnen, findet sich in der von der Amadeu Antonio Stiftung seit 2002 betriebenen Chronik antisemitischer Vorfälle. Online: www.amadeu-antonio-stiftung.de/die-stiftung-aktiv/gegen-as/antisemitismus-heute/chronik-antisemitischer-vorfaelle/. 

Was ist israelbezogener Antisemitismus?

Jan Riebe
Die Frage, ab wann Kritik an Israel antisemitisch ist, beschäftigt und verunsichert 
viele. Im Folgenden wird erläutert, wie zwischen Kritik und Antisemitismus bei 
der Betrachtung Israels unterschieden werden kann.
Antisemitismus ohne Antisemiten
Vor dem Holocaust gab es nicht wenige Menschen und Vereine, die sich offen zum Antisemitismus bekannten. Es existierten Gruppierungen wie die »Deutsche Antisemitische Vereinigung«, in der sich Antisemitinnen und Antisemiten organisierten. Die fabrikmäßige 
Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus 
und die dadurch geprägte Erinnerungskultur machen dies heute hierzulande nahezu unmöglich. Ein offenes Bekenntnis zum Antisemitismus zieht die öffentliche Ächtung nach 
sich. Während die bekennenden Antisemitinnen und Antisemiten aus dem öffentlichen 
Bild weitestgehend verschwunden sind, ist der Antisemitismus geblieben. In der Wissenschaft spricht man daher von einem »Antisemitismus ohne Antisemiten«. Antisemitische 
Äußerungen werden meist nicht mehr offen, sondern über Umwege geäußert, häufig als 
vermeintlich legitime Kritik am Kapitalismus oder an Israel. Diese Form wird als »antisemitische Umwegkommunikation« bezeichnet. 
Antisemitische Israelkritik?
In Debatten um Kritik an Israel wird immer wieder von »antisemitischer Israelkritik« 
geredet. Dieser Begriff ist irreführend. Das Wort Kritik leitet sich vom griechischen Wort 
krínein ab. Es meint (unter-) scheiden, beurteilen. Im Antisemitismus wird jedoch nicht 
unterschieden oder beurteilt. Das Urteil steht stets schon vor Prüfung der Sachlage fest: 
Die Schuldigen sind immer »die Juden« oder eben Israel als imaginierter »kollektiver 
Jude«. Entweder ist eine Äußerung kritisch oder antisemitisch – beides geht nicht.
Israel als »kollektiver Jude«?
Im Antisemitismus werden »den Juden« seit jeher gewisse negative Eigenschaften zugeschrieben. Seit der Staatsgründung Israels werden diese häufig auch auf Israel projiziert. Im klassischen Antisemitismus gelten »die Juden« häufig als Weltbrandstifter – verantwortlich für die beiden Weltkriege. Heute wird Israel vorgeworfen, den Weltfrieden zu bedrohen und den 3. Weltkrieg herbeiführen zu wollen. 
Auch die antisemitische Ritualmordlegende wird auf Israel übertragen. Israel wird vorgeworfen, die palästinensischen Gebiete u.a. nur deshalb zu besetzen, um gesunde Organe der Palästinenserinnen und Palästinenser für die eigene Bevölkerung zu rauben. Diese moderne Variante der Ritualmordlegende findet sich sowohl im islamisierten Antisemitismus, als auch in bürgerlichen europäischen Tageszeitungen. Wenn antisemitische Ressentiments auf Israel projiziert werden, handelt es sich um Antisemitismus. Oftmals wird entgegnet, dass dies nicht Antisemitismus sein könne, da nur über Israel eine Aussage getroffen werde und nicht über alle Jüdinnen und Juden. Sobald jedoch antisemitische Ressentiments auf Israel projiziert werden, dem Staat Israel »jüdische Eigenschaften« zugeschrieben werden, wird Israel im Weltbild von Antisemitinnen und Antisemiten zum »kollektiven Juden« stilisiert. Ist das der Fall, handelt es sich eindeutig um Antisemitismus. 
Kritik, auch harsche Kritik, an der israelischen Politik, die sich keiner antisemitischen 
Ressentiments bedient, ist jedoch kein Antisemitismus.
Unterscheidungsmerkmale Kritik und Antisemitismus
Im Folgenden sollen zwei Definitionen zur Unterscheidung von legitimer Kritik an der 
Politik Israels und israelbezogenem Antisemitismus vorgestellt werden. Die bekanntesten Kriterien zur Unterscheidung zwischen Kritik und israelbezogenem Antisemitismus hat Natan Sharansky im 3D-Test entwickelt. (1). Israelbezogener Antisemitismus liegt demnach vor, wie der Name schon sagt und gerade erläutert wurde, wenn sich antisemitische Ressentiments auf den Staat Israel beziehen. Im 3D-Test geht es dementsprechend darum, Kriterien zur Erkennung von Judenhass, die aus dem klassischen Antisemitismus bekannt sind, auf den israelbezogenen Antisemitismus anzuwenden. (2) 
Das erste D ist der Test auf Dämonisierung. Während im klassischen Antisemitismus 
Jüdinnen und Juden dämonisiert wurden und werden, wie z.B. in der literarischen Darstellung von Shakespeares Shylock, so liegt in Bezug auf Israel laut Sharansky dann Antisemitismus vor, wenn Israel dämonisiert wird. Beispiele dafür sind die häufig anzutreffenden Vergleiche Israels mit dem Nationalsozialismus und der palästinensischen Flüchtlingslager mit Auschwitz.
Das zweite D ist der Test auf Doppelstandards. Während es früher wie heute ein deutliches Zeichen von Antisemitismus war und ist, wenn Jüdinnen und Juden anders als 
andere Menschen behandelt werden, z.B. durch diskriminierende Gesetze, sei in Bezug 
auf Israel stets die Frage zu stellen »ob die Kritik an Israel selektiv angewendet wird. Mit
anderen Worten, erzeugt ähnliche Politik anderer Regierungen die gleiche Kritik, oder 
wird hier ein doppelter Standard eingesetzt«?
Das dritte D ist der Test auf Delegitimierung. Wenn »die Legitimität der jüdischen 
Religion, des jüdischen Volkes, oder von beiden« negiert wird, liegt Antisemitismus vor. 
Übertragen auf Israel bedeutet dies, Antisemitismus liegt dann vor, wenn Israel das Existenzrecht abgesprochen wird.
Neben diesem 3D-Test stellt die »working definition of antisemitism« der EUMC (European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia) eine der anerkanntesten Definitionen 
dar. Zu Antisemitismus in Bezug auf Israel heißt es dort:
»Beispiele von Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Staat Israel und unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes können folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:
■■ Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die 
Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.
■■ Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das 
von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.
■■ Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in 
Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
■■ Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik des Nationalsozialismus.
■■ Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu 
machen. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar 
ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.«
Antisemitisches Ressentiment vs. Antisemiten
Es gilt aber zu beachten, dass Personen, die antisemitische Ressentiments äußern, nicht 
automatisch Antisemitinnen oder Antisemiten sind. Es ist sehr wichtig, dies zu unterscheiden. Antisemiten haben ein gefestigtes antisemitisches Weltbild. Das Äußern antisemitischer Ressentiments kann vielfältige Ursachen haben, bei
denen es immer zu intervenieren gilt, jedoch bedeutet dies nicht automatisch, dass man es mit einer oder einem Antisemiten zu tun hat.
Mit den vorangestellten Definitionen kann im Regelfall nur eruiert werden, ob Aussagen antisemitisch sind oder nicht. Antisemitismus ist jedoch eine Welterklärungsideologie. 
Deshalb sollte man nicht bei der Untersuchung einzelner Aussagen verbleiben, sondern 
über deren Beurteilung hinaus klären, inwiefern jemand einem antisemitischen Weltbild 
verhaftet ist. Die vorangestellten Definitionen können dabei gut als Kontrollsystem funktionieren und dafür sensibilisieren, inwieweit antisemitische Ressentiments gegenüber Israel die Ausnahme oder Regel sind. 
Antisemitismus als Welterklärungsideologie

Antisemitismus variiert häufig in der Form, bleibt aber vom Inhalt nahezu gleich. Um Antisemitismus zu erkennen, ist es daher oftmals notwendig, sich intensiv mit der Geschichte des Antisemitismus zu befassen.
»Die Juden« sind oder – in modernisierter Form – Israel ist in der antisemitischen Welterklärungsideologie für alles Übel der Welt direkt oder indirekt verantwortlich. Nur eine 
Welt ohne Jüdinnen und Juden, ohne Israel kann laut diesen Vorstellungen eine bessere 
werden. Der Vernichtungsgedanke ist im antisemitischen Weltbild, zumindest implizit, 
immer verankert. Diese Vorstellung, dass »die Juden« oder »der kollektive Jude Israel« 
verantwortlich sind für (fast) alle Krisen, Katastrophen, (Kontra-) Revolutionen, also für 
alles Unverstandene, Komplizierte, Schlechte, bietet Antisemitinnen und Antisemiten einen einfachen Kompass fürs Alltägliche und das Weltgeschehen. Sie verschafft ihnen eine 
einfache Erklärung, wie die Welt funktioniert, und ermöglicht eine Unterscheidung in 
eindeutig Gut und eindeutig Böse. 
‚Dieser Mechanismus, sich ein Weltbild zu konstruieren, das die Welt in die klaren 
Kategorien Gut und Böse einteilt, wird in der Wissenschaft als Manichäismus bezeichnet 
und ist konstitutiver Bestandteil des Antisemitismus.
»Man wird ja wohl nochmal sagen dürfen …«
In der antisemitischen Welterklärungsideologie spielen Assoziationen eine wichtige Rolle. 
So gerieren sich Antisemitinnen und Antisemiten oft als Tabubrecher. Für sich allein genommen, ist die Behauptung, ein Tabu zu brechen, erst einmal nicht unbedingt anrüchig. 
In Bezug auf Israel sollte es jedoch aufhorchen lassen: »Man wird ja wohl noch mal sagen 
dürfen«. Dieser Satz impliziert, dass dies aber nicht gesagt werden darf. Auch hier legt 
sich aufmerksames Nachhaken nahe. Gibt es das Tabu wirklich, von dem gerade die Rede 
ist? Und wer setzt angeblich dieses vermeintliche Tabu durch? Häufig landet man da sehr 
schnell bei der vermeintlichen Auschwitz- bzw. Antisemitismuskeule. Also dem Vorwurf: 
Jüdinnen und Juden und der Staat Israel instrumentalisieren das Gedenken an den Holocaust gegen unerwünschte Kritik, und um eigene Machtinteressen gegen die Mehrheit durchzusetzen. 
Eigentlich sollte ein täglicher Blick in die unterschiedlichsten Tageszeitungen deutlich 
machen, dass dieses häufig behauptete Tabu, man dürfe die Politik Israels nicht kritisieren, 
in keiner Weise vorhanden ist. Wohl die Politik keines Staates, vielleicht mit Ausnahme 
der USA, ist medial und in alltäglichen Gesprächen so in der Kritik, wie die Politik Israels. 
Aussagen wie »man muss Israel doch auch mal kritisieren dürfen« beinhalten häufig nicht 
den Wunsch, die Politik Israels zu kritisieren, sondern sie wollen Israels Existenz »kritisieren«. Spätestens da begeben sich die vermeintlich überzeugten Gegnerinnen und Gegner 
von Antisemitismus in antisemitische Argumentationsmuster. Den »Israelkritikern« in 
Deutschland geht es auch im Regelfall nicht in erster Linie um den Nahostkonflikt oder 
den Konflikt um die iranische Atombombe. Ihnen geht es um die deutsche Geschichte, 
um Schuldentlastung. Hier überschneidet sich sekundärer und israelbezogener Antisemitismus [vgl Text »Bildungsarbeit gegen israelbezogenen Antisemitismus«, S. 19 in dieser Broschüre]. 
Täter-Opfer-Umkehr
Dass der israelbezogene Antisemitismus, als Kritik getarnt, eine antisemitische Umwegkommunikation ist, zeigt sich auch daran, dass diese Variante des Antisemitismus unmit-
telbar mit der Staatsgründung Israels einsetzte (3), als Formen des klassischen Antisemitismus durch den Holocaust öffentlich sanktioniert wurden. Insbesondere in Deutschland 
geschah dies häufig in Form einer Opfer-Täter-Umkehr. Dass diese aktuelle Variante des 
Antisemitismus schon unmittelbar nach der israelischen Staatsgründung Anwendung 
fand, zeigt zudem, wie schnell Menschen in der Lage sind, antisemitische Ressentiments 
an neue Gegebenheiten anzupassen. So bescheinigte die damalige ZEIT-Kolumnistin Marion Gräfin Dönhoff bereits 1948, gerade vier Monate nach der Staatsgründung Israels, in 
einem Artikel über die Ermordung des UN-Vermittlers für Palästina, Folke Bernadotte, 
den Israelis, sehr weit »auf jenem Wege bereits gelangt [zu sein], der erst vor kurzem ein 
anderes Volk ins Verhängnis geführt hat« (4). Allein dieser Satz könnte aus einem Lehrbuch 
über israelbezogenen Antisemitismus stammen. Er setzt Israel mit dem nationalsozialistischen Deutschland nahezu gleich, mit dem Ziel,  Israel zu dämonisieren und deutsche 
Verbrechen massiv zu verharmlosen. Zudem vollzieht Dönhoff eine Täter-Opfer-Umkehrung: Die Israelis, viele gerade aus den deutschen Todeslagern entkommen, seien nun die 
Täterinnen und Täter und zu schlechter Letzt wird das »deutsche Volk« als Opfer dargestellt, da ihm ein eingeschlagener Weg zum Verhängnis geworden sei. Diese Betrachtungsweise des Nahostkonflikts und der Missbrauch des Nahostkonfliktes für die Relativierung 
der Verbrechen der deutschen Geschichte finden sich auch nach über 60 Jahren immer 
wieder und immer häufiger in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung.
Eine des Antisemitismus unverdächtige Kritik an Israel ist möglich, aber selten.
Schon 2004 stellte das Bielefelder Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung fest: 
 »Eine des Antisemitismus unverdächtige Kritik an Israel ist möglich, aber selten. Nur 10% der Befragten, die im GMF [Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit]-Survey 2004 eine Kritik an Israel ohne antisemitische Anleihen äußerten, signalisierten keine Zustimmung zu mindestens einer weiteren Facette des Antisemitismus. Die Mehrheit dieser Befragten kritisierte ebenso die palästinensischen Angriffe auf Israel und wendete sich generell gegen Gewalt als Mittel der Konfliktlösung. Ihre politische Position markieren sie eher als »links« oder »Mitte«, sie sind besser gebildet als der Durchschnitt, weniger nationalistisch und autoritär gestimmt und erweisen sich auch gegenüber anderen Gruppen als toleranter.« (5) 
Anmerkungen:

1 Im Internet ist der Aufsatz »Antisemitismus in 3-D«, in dem Natan Sh
aransky den 3D-Test erläutert, abrufbar unter:
5″>www.zeit.de/1948/39/voelkischer-ordensstaat-israel
5 »Antisemitismus in Deutschland und Europa« von Andreas Zick und Beate Küpper in »Aus Politik und Zeitgeschicht« 31/2007, online: www.bpb.de/apuz/30329/antisemitismus-in-deutschlandund-europa?p=0
style=”text-align: center;”>Weiterlesen 
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Jan Riebe, Diplom-Sozialwirt, ist Projektkoordinator bei der Amadeu Antonio Stiftung.

Israelbezogener Antisemitismus – ein überladenes Problem

Anetta Kahane

Wenige Themen der öffentlichen Debatte sind so schwierig und derart überladen wie der 
israelbezogene Antisemitismus. Das hat verschiedene Ursachen und drückt sich unterschiedlich aus. Fakt aber ist: es gibt ihn, den Israelhass, der antisemitisch daherkommt 
und auch so gemeint ist. Sogar wenn er nicht so gemeint ist, taucht er auf, mal direkt, mal 
indirekt, doch stets bewacht von vielen Emotionen. Gegen die Emotionen ist eigentlich 
nichts auszusetzen, die Frage ist nur, wen oder was sie beschützen. Die Antwort: in der 
Regel ist es mit den heftigen Gefühlen in dieser Debatte wie mit einer Falle, die sich umso 
fester schließt, je mehr man sich zu befreien versucht. Je leidenschaftlicher eine Diskussion 
über Israel jeden Antisemitismus darin bestreitet, desto präsenter ist er. 
Wann genau ein Diskurs über Israel antisemitische Züge annimmt, soll hier dargelegt 
werden, doch mindestens ebenso wichtig erscheint die Frage, warum Israel überhaupt so 
allgegenwärtig die öffentlichen Debatten bewegt. Erst wenn es darüber Klarheit gibt, finden inhaltliche oder auch polemische Beiträge ihren angemessenen Platz. 
Wie kein anderes Land auf der Welt steht Israel unter ständiger, missbilligender Beobachtung. In Europa und besonders in Deutschland verfolgt die Öffentlichkeit nahezu 
obsessiv, was in diesem kleinen Land geschieht. Dabei steht der Konflikt mit den Palästinensern stets im Mittelpunkt aller Betrachtung. Bezugspunkt jeder Bewertung Israels ist 
das »himmelschreiende Unrecht« gegenüber den Palästinensern, das alle anderen Konflikte der Welt als Nebenschauplätze erscheinen lässt. Weshalb ist das so? Woran erregt sich 
die deutsche Gemütslage so grundsätzlich und vehement? Weshalb gerade hier und nicht 
an anderen großen oder kleineren Konflikten, die meist härter, ungerechter, blutiger und 
fundamentaler geführt werden als die Auseinandersetzungen in Israel und den Palästinensergebieten? 
Die Quellen des Hasses existieren noch immer 
Das hat mit der Geschichte zu tun, heißt es. Und das stimmt auch. Der Massenmord an 
den europäischen Juden, geplant und exekutiert von Deutschen, mit mehr oder weniger 
engagiertem Zutun aus anderen europäischen Ländern hat für unabsehbare Zeit eine Verbindung zu Israel und den Juden hervorgebracht, wie es sie zu anderen nicht gibt. Diese 
Verbindung aber muss man sich genau anschauen, denn sie ist geprägt von Schuld und 
Schuldabwehr, von Projektionen und vom ganz banalen Antisemitismus, der sich durch 
den Holocaust nicht einfach in Luft aufgelöst hat. Doch gerade angesichts des Menschheitsverbrechens kann er nicht mehr länger in seiner plumpen Form daherkommen. Denn 
wenn er es tut, wie bei Nazis und Neonazis, ist das Geschrei groß. Zu Recht. Nicht alle 
aber, die da schreien, sind selbst frei davon. Zu groß ist die Scham darüber, warum man 
eigentlich die Juden hasst. Und dass die Quellen des Hasses noch immer existieren. Es ist 
eine Mischung aus Neid und Verachtung, eine Furcht vor dem Kosmopolitischen, dem 
Abstrakten, dem Kapitalistischen, dem Revolutionären, dem Verschwörerischen und dem 
Intellektuellen. Das alles steckt in der antisemitischen Projektion, die freilich nichts mit 
dem realen Judentum zu tun hat. Es sind Urängste, tief sitzender Neid, bitterste Verachtung, niedrigste Bauchgefühle. Die Projektionen auf die Juden sind so komplex, dass sie 
eigentlich tun können, was sie wollen – es wird immer irgendein Ressentiment bestätigt. 
Nach dem Holocaust lässt sich das aber nur schwer zugeben, doch Gott sei Dank gibt es ja 
jetzt Israel. Das lässt sich gut mit als Kritik verkleidetem Ressentiment überschütten. Und 
in der täglichen Politik gibt es dafür auch immer wieder Anlass genug. 
Rassismus als Kampfbegriff
Ein grundsätzliches Missverständnis taucht immer wieder auf, wenn es um Israel geht. 
Dem Staat wird vorgeworfen, in seinem Kern rassistisch zu sein. Das ist umso bemerkenswerter, als dass diejenigen Länder, aus denen der Vorwurf kommt, hier ganz explizit Deutschland, den Rassismus im eigenen Lande verleugnen. Jeder Versuch, Rassismus 
explizit und konkret anzusprechen, ist wie ein vergebliches Rufen im Walde. Es bleibt 
im besten Fall ungehört und im schlechtesten wird der Rufer bestraft. Israel jedoch wird 
selbst von Spitzenpolitikern als jüdischer Apartheidstaat bezeichnet. So oft Rassismus in 
Bezug auf Israel als Kampfbegriff eingesetzt wird, so wenig gilt er im eigenen Lande. 
Das Judentum, Ziel des Antisemitismus, zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus. 
Jude zu sein, bedeutet sowohl eine im modernen Sinne ethnische Zugehörigkeit, als auch 
eine Religion. Man kann also Jude sein durch Geburt von einer jüdischen Mutter oder 
durch Religiosität. In vielen Fällen ist beides gleichzeitig der Fall. Dennoch gibt es Juden, 
die nicht vom Stammesverständnis her, sondern durch Beitritt – also Konversion zu Juden 
werden. Da im Judentum nicht missioniert wird, sind solche Übertritte vergleichsweise 
selten, doch es gibt sie. Wer sich entschließt, Jude zu werden, kann es auch, doch er muss 
sich auf einen mühsamen Weg machen. Anders als bei Christen oder Muslimen reicht 
kein Glaubensbekenntnis. Viele Israelis sind daher zwar Juden von Geburt, aber nicht religiös. Und umgekehrt sind nicht alle Religiösen von Geburt an Juden. Das Judentum ist 
also eine Mischung aus unterschiedlichen Formen des Bezugs. Was jedoch alle verbindet, 
ist die Geschichtsidentität. Ob säkular oder religiös, ob aus Israel oder sonst wo auf der 
Welt, alle Juden kennen ihre Geschichte seit über 5000 Jahren, die an einem Ort spielt, 
der Israel heißt. Israel – ein Begriff, der das Volk des alten Israel genauso bezeichnet wie 
einen geographischen Punkt auf der Landkarte. 
Israel, kein Staat wie jeder andere
Nach der Metzelei an den europäischen Juden wurde der Wunsch nach einem eigenen 
Staat, in dem man als Jude in der Mehrheit ist, immer nachdrücklicher. Dass ausgerechnet 
jene Ecke der Welt dafür ausgesucht wurde, die den Bezug zur eigenen Identität verkörpert, hatte also seine Logik. In diesem Staat aber sollen die Juden die Mehrheitsgesellschaft 
bilden. Also müssen säkulare und religiöse Perspektiven im Aufbau des Staates berücksichtigt werden. Und das ist schwer in der modernen Welt. Ein Privilegieren der Juden als 
Mehrheit in einem jüdischen Staat bedeutet, Nicht-Juden dieses Privileg vorzuenthalten. 
Das wiederum ist in einer Demokratie nicht möglich. Also sind die Gesetze innerhalb 
Israels an der Stelle kompliziert, statt einfach. Einfach wäre es zu sagen: alle sind gleichberechtigt. Doch das würde bedeuten, keinen jüdischen Staat zu haben, sondern einen Staat 
wie jeden anderen. 
Davor jedoch fürchten sich die Juden, denn ihre Lage in der Region ist sehr schwierig. 
Der Hass der umliegenden Staaten bedroht ihre Existenz. Und zwar weil Israel nicht 
nur ein jüdischer, s
ondern eben auch ein säkularer, moderner, demokratischer Staat ist, 
dessen Gesellschaft äußerst heterogen und multikulturell ist. Israel ist westlich orientiert, 
hat eine intensive Debattenkultur, über alles wird gestritten; es ist eine Insel vital gelebter 
Demokratie inmitten einer Region, in der um wichtige Parameter der Menschenrechte 
wie Pressefreiheit, Religionsfreiheit, freie Wahlen und vieles mehr noch gekämpft werden 
muss. Der Hass auf Israel ist ein Ventil für die Wut und Resignation über das Stagnieren 
der Region auf einem niedrigen ökonomischen Niveau. Viele Länder im Mittleren Osten 
haben noch einen schwierigen und langen Weg von Despotie zu Demokratie zu gehen. 
Doch statt sie dabei zu unterstützen und für die Menschenrechte einzutreten, ist es für 
viele Europäer leichter, Israel zu dämonisieren und die Juden dabei zu meinen. 
Gewiss ist die Mehrheit-Minderheit-Konstruktion in Israel für Europäer schwer zu verstehen, und die Folgen auch schwer gutzuheißen, doch der einfache Rückzug auf ein Ressentiment belegt nur den Mangel an Bereitschaft, sich in die israelische Lage hineinzudenken. Dass es darüber hinaus auch jegliche Art von Kritik an der jeweiligen politischen Ausrichtung der Regierung geben kann, versteht sich von selbst. Meist sind aber das Ressentiment und der Mangel an Bereitschaft zu Empathie die Quellen der Kritik und nicht die ohnehin komplizierte Sachlage. Israelfeindschaft oder – wie wir es nennen – israelbezogener Antisemitismus hat den klassischen Antisemitismus als Gesellschaftstheorie längst abgelöst. 
Antisemitismus jenseits der extremen Rechten
Dieser Antisemitismus kommt nicht mehr nur bei Rechtsextremen vor, im Gegenteil. 
Gerade Menschen, die den Kapitalismus ablehnen und den Imperialismus bekämpfen, 
benutzen Israel als ihre Projektionsfläche. Israel und die Juden sind für sie fast gleichbedeutend mit Kapitalismus und Imperialismus. Auch das ist ein altes antisemitisches Ressentiment, Juden mit Geld und Verschwörung zu verbinden, sie als heimliche Herrscher 
der Welt zu fantasieren. Oder als gnadenlose Rächer gegenüber den »unterdrückten Völkern« der Region. Viele antikapitalistische Gruppen und Verbände haben eine irrationale 
Haltung zu Israel und den Juden. In ihrer Ideologie zeigen sich die alten Klischees, die 
Gerüchte über die Juden. Und sie behaupten, man dürfe Israel nicht kritisieren, um so 
jeder Auseinandersetzung von vorn herein aus dem Weg zu gehen oder jeden Widerspruch 
zu delegitimieren. Und schon entstehen wieder heftige Emotionen, die keinerlei Vernunft 
mehr zugänglich sind. 
Israel entstand in einer Zeit des weltweiten Umbruchs. Nach den beiden Weltkriegen 
sind viele Staaten neu entstanden und andere verschwanden. Grenzen wurden neu gezogen, gerade in Europa, Bevölkerungen wurden ausgetauscht. Polen, Ukrainer, Ungarn, 
Rumänen, Tschechen, Deutsche – überall in Mittel- und Osteuropa gerieten die Grenzen, Staaten und ihre Bewohner in Bewegung. Die meisten Juden, die dort lebten waren 
umgebracht worden, die überlebten, suchten nach einem neuen Weg. Und viele führte 
dieser Weg in ein neues, eigenes Land, in dem weder Invasoren noch Nachbarn sie einfach 
töten konnten. Alle diese neuen Grenzen sind inzwischen Normalität. Niemand will mehr 
ernsthaft, dass die Vertriebenen nach Polen, Russland oder sonst wohin zurückkehren. 
Ebenso wenig wollen das alle anderen. Denn in dem Fall müssten die meisten Europäer 
noch einmal komplett umziehen. Mitsamt aller ihrer Nachfahren. Niemand will sich die 
Konflikte, Probleme und Kämpfe, die daraus heute entstehen würden, wirklich vorstellen. 
Warum also soll Israel das einzige Land sein, dem nicht zugebilligt wird, als Produkt 
der europäischen und speziell der deutschen Geschichte anerkannt zu werden? Weshalb 
gerade Israel? Wozu die Obsession? Um israelbezogenen Antisemitismus aufzulösen, muss 
man zuerst verstehen. Dazu wollen wir mit diesem Heft beitragen. 

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Anetta Kahane ist Vorsitzende der Amadeu Antonio.Stiftung

Europa soll mal wieder judenfrei werden

Udo Ulfkotte

Norwegen ist in wenigen Wochen »judenfrei«. Die letzten 819 in Norwegen lebenden Juden verlassen derzeit wegen des wachsenden Antisemitismus das Land. Damit wird Norwegen das erste europäische Land, in dem nicht ein Jude mehr leben wird. Die gleiche Entwicklung gibt es in allen europäischen Staaten.

Wer jetzt in den Nachrichten Berichte über den Terroranschlag auf Juden in Bulgarien hört, der erfährt nicht, dass Juden in Europa jeden Tag Angriffen ausgesetzt sind. Im Februar 2012 berichtete die norwegische Zeitung Aftenposten über den Auszug der Juden aus dem Land. Anne Sender, Vorsitzende der jüdischen Glaubensgemeinschaft in Norwegen, sagte damals über die Gründe: »Viele Zuwanderer bringen den Antisemitismus aus ihren Heimatländern mit. Das Beschämende aber ist, dass ihnen hierzulande niemand entgegentritt.« Es ist die muslimische Einwanderungswelle, die Europa den Antisemitismus zurückbringt. Eine ähnliche Entwicklung wie in Norwegen zeichnet sich im Nachbarland Schweden ab – und in allen EU-Staaten. Es sind Muslime, welche überall die Juden vertreiben. Der InformationsdienstKopp Exklusiv berichtet als einer von wenigen ganz offen über das Thema.

 

In Frankreich fing es an. Kein Tag vergeht dort ohne Angriffe von Muslimen auf Juden. Die Zeitungen berichten kaum noch darüber, es sind zu viele Fälle. Allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 2012 gab es in Frankreich 268 Angriffe auf Juden. Frankreich ist jetzt einzutiefst antisemitisches Land. Die sozialistische Regierung unternimmt unter Präsident Hollandenichts, um die Juden zu schützen – im Gegenteil. Die vielen Muslime sind eine wichtige Wählergruppe. Und sie stehen unter dem Schutz der Sozialisten. Am 5. Juli 2012 wurde ein 17 Jahre alter Jude nahe Toulouse von zwei muslimischen Nordafrikanern in einem Zug fast zu Tode getreten, weil an seiner Halskette ein Davidstern hing. Die Polizei mochte nicht einmal die Strafanzeige aufnehmen. Juden werden in Frankreich jetzt ganz offen dazu ermuntert, das Land zu verlassen.

Nicht anders ist es in Italien. Wer jüdischen Glaubens ist, der muss ständig um sein Leben fürchten und in einer Art Hochsicherheitstrakt leben. Seit sechs Jahren berichten auch britische  Medien über den Auszug der Juden aus Großbritannien. An dem Trend hat sich nichts geändert. Gab es 1990 noch 340.000 Juden in Großbritannien, so sind es heute weniger als 240.000. Muslimische Zuwanderer machen ihnen das Leben zur Hölle und vertreiben sie. Auch aus dem belgischenAntwerpen wurden die Juden vertrieben. In den Niederlanden haben führende Politiker den Juden ganz offen dazu geraten, das Land möglichst bald zu verlassen. Der frühere EU-Kommissar Frits Bolkestein sagte, die Niederländer marokkanischer Herkunft seien antisemitisch und es sei besser, wenn die Juden freiwillig gingen. Sie könnten in die USA oder nach Israel auswandern. Niederländische Politiker aus den Reihen der Sozialdemokraten marschierten sogar gemeinsam mit Muslimen, die öffentlich zum Vergasen von Juden aufriefen. Im deutschsprachigen Raum wird von den Medien nicht darüber berichtet. Schließlich sind Muslime aus der Sicht deutscher Journalisten aufrechte Menschen, die nichts mit Rechtsextremisten gemein haben. Deutsche Journalisten leisten mit dieser Einstellung Beihilfe zur Vertreibung der Juden aus Europa. Denn den Albtraum der islamischen Zuwanderung verdrängen sie.

Source: Kopp-online19.07.2012

Nur ein Islam ohne Scharia kann zu Europa gehören: Eine Klarstellung von Egon Flaig

Unsere Art zu leben beruht auf Republikanismus, Partizipation aller Bürger, Wissenschaftlichkeit. Islamische Gottesstaaten kennen dergleichen nicht
Wo hat denn der Islam dieses Europa geprägt, hat er die Aufklärung erlebt, gar eine Reformation?“ Für diese Frage bringt der Bundespräsident Verständnis auf. Und dafür wird er angegriffen. Von dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, hört man: „Das europäische Abendland steht ganz klar auch auf muslimischmorgenländischen Beinen. Wer das leugnet, betreibt Geschichtsfälschung.“ Und Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, belehrt uns: „Ich empfehle Herrn Gauck einen Blick in die Geschichtsbücher: Der Islam gehört zur Geschichte Europas und Deutschlands . . . In den Debatten der Historiker besteht daran überhaupt kein Zweifel.“ Diese Debatten braucht Herr Kolat nicht zu kennen; dürfen Verbände mit Sonderinteressen doch ein kulturelles Gedächtnis pflegen, das ohne historische Wahrheit auskommt. Bei diesem Thema gilt es zu unterscheiden: Es gibt islamische Strömungen, die nicht der Scharia folgen, und es gibt den Scharia-Islam. Der Unterschied ist fundamental für die Chancen von Demokratie und Menschenrechten. In der Scharia sind Muslime die Herren, Anhänger anderer Buchreligionen die Unterworfenen (Dhimmi, wörtl. Schutzbefohlene): Die Unterworfenen dürfen keine Waffen tragen, sind somit keine vollwertigen Männer. Christen und Juden müssen Farbmerkmale tragen (daraus entstand später der Judenstern). Sie dürfen nicht auf Pferden reiten, sondern auf Eseln. Sie zahlen einen besonderen Tribut. Eine Muslima darf keinen Ungläubigen heiraten. Dhimmi müssen vor Muslimen den Kopf senken; von diesen geschlagen, dürfen sie sich nicht wehren; wer zurückschlägt, dem wird die Hand abgehackt, oder er wird hingerichtet. Ihre Zeugenaussage gilt nicht gegen Muslime; diese brauchen für Verbrechen an einem Dhimmi nur die halbe Strafe zu tragen und dürfen deswegen nicht hingerichtet werden. Die grausamsten Hinrichtungen (Verbrennen, Häuten) sind den Dhimmi vorbehalten. Wie der Nationalsozialismus die Menschen in Herrenmenschen und Untermenschen auf rassischer Basis spaltete, so hat die Scharia ein religiöses Apartheid-System geschaffen, welches je nach Epoche und Region variierte. Ferner verlangt die Scharia, dieses System über die Welt auszudehnen, nötigenfalls durch den Dschihad. Der Scharia-Islam darf getrost als Islamofaschismus bezeichnet werden, als der momentan gefährlichste Rechtsradikalismus der Welt. Niemals hat dieser Islam zu Europa gehört. Unsere europäische Kultur vermochte sich nur zu bilden, weil sie sich mehr als 1000 Jahre gegen die ständigen Invasionen, Eroberungen und Angriffe der islamischen Sultanate und Emirate gewehrt und sich behauptet hat.

Vor allem drei Merkmale zeichnet die europäische Kultur aus. Erstens der Republikanismus: Die politischen Gemeinschaften sind gegründet auf die Partizipation der Bürger; diese nehmen mittels institutionalisierter Verfahren an den Entscheidungen und Beschlüssen teil. Zweitens der menschenrechtliche Universalismus: Ihm verdanken wir die Menschenrechte und die weltweite Abschaffung der Sklaverei. Drittens die Wissenschaftlichkeit: Alle Fragen nach „richtig“ oder „falsch“, die nicht moralischer oder religiöser Art sind, sind zu beantworten im Medium des wissenschaftlichen Forschens. Von diesen Besonderheiten stammen die erste und die dritte aus der griechischen Antike, die zweite ist im christlich-evangelikalen Kontext entstanden. Das Gerede von „unserer jüdischchristlichen Kultur“ bezeugt da-rum eine ähnliche Ignoranz wie die Behauptung von Herrn Mazyek, Europa stehe auch auf islamischmorgenländischen Beinen. Denn was dem islamischen Kulturraum knappe 500 Jahre lang einen Vorsprung vor dem europäischen verschaffte, seine Überlegenheit in Wissenschaft und Technik, entstammt der griechischen Kultur. Den Gelehrten der persisch-arabischen Welt gebührt Ehre dafür, dass sie die griechische Philosophie, Mathematik, Astronomie, Geografie, Kartografie, Mechanik, Medizin und teilweise Technologie bewahrt und tradiert haben. Aber die Fortschritte, die das „islamische Morgenland“ in einem halben Jahrtausend auf diesen Gebieten machte, nehmen sich bescheiden aus gegenüber dem gewaltigen wissenschaftlichen Kapital, das es aus der hellenistischen Kultur erbte. Und die großartige republikanische und demokratische Tradition der Griechen fand in der islamischen Kultur überhaupt keine Fortsetzung. Die theokratische Durchdringung des Politischen ließ für republikanische Gemeinwesen, in welchen die Bürger sich frei ihre Gesetze und ihre Verfassungen geben, nicht den mindesten Spielraum. Wo hat es je unter islamischer Herrschaft sich selbst verwaltende Bürgerschaften gegeben, wo beschließende Volksversammlungen, wo Parlamente? Nirgendwo finden wir reguläre Wahlen, nirgendwo Abstimmungen, nirgendwo städtische Verfassungen, nirgendwo ein Rathaus. Nichts von jener politischen Kultur, welche in West- und Mitteleuropa sich seit dem Mittelalter in Hunderten von Städten allmählich heranbildete. Darum hielt es Jacob Burckhardt für „ein Glück, daß Europa sich im ganzen des Islams erwehrte“.

Manche Wissenschaftler versuchen, die Trennlinie zwischen diesen politischen Kulturen zu verwischen. Aber welchen wissenschaftlichen Wert hat die Behauptung, einen Gottesstaat könne man ebenfalls Republik nennen, wenn die betreffende Islamwissenschaftlerin auf einer internationalen Konferenz im Herbst 2010 sich kleinlaut in der Runde erkundigen muss, ob das Dreiklassenwahlrecht Preußens demokratisch sei oder nicht?

Benjamin Constant nannte die politische Freiheit das größte Geschenk, das der Himmel uns gegeben hat. Er irrte. Nicht dem Himmel, sondern der griechischen Klassik verdanken wir sie. Geschenke der kulturellen Tradition sind bitter erkämpfte Errungenschaften. Sie gehen schnell verloren. Aber sie können auch angenommen werden. Als Cem Özdemir einwarf, „es kann keinen Zweifel daran geben, dass der Islam, der Teil unseres Landes ist, unter dem Dach unseres Grundgesetzes gelebt werden muss“, hat er das Entscheidende getroffen: Ein Islam unter dem Dach des Grundgesetzes kann gewiss Teil unseres Landes sein, kann Teil der europäischen Kultur werden und diese bereichern. Der Abgeordnete Mehmet Kilic hat kürzlich in Pforzheim Exemplare des Grundgesetzes verteilt als Antwort auf die Koran-Verteilung jener Islamisten, die in Bonn auf bürgerkriegsähnliche Art 29 Polizisten verwundeten. Es ist eine Ehre für einen Staat, wenn Bürger muslimischen Glaubens so für seine Verfassung einstehen. Und es ist eine würdevolle Bereicherung unserer politischen Kultur.

EGON FLAIG, 63, lehrt Geschichte an der Uni Rostock. Er schrieb u. a. eine „Weltgeschichte der Sklaverei“.

 Source: Focus
Montag, 25.06.2012

Fundamentalismus der Aufklärung oder Rassismus der Antirassisten?

                Von
Pascal Bruckner

24.01.2007.
Ayaan Hirsi Ali sieht nicht nur gut aus, sondern beruft sich
auch noch auf Voltaire. Da übertreibt sie, finden Ian Buruma und Timothy
Garton Ash, und erklären sie zur “Fundamentalistin der Aufklärung”. Sie
selbst verkörpern den Rassismus der Antirassisten. 

“Was sollte man einem Menschen antworten, der einem sagt, er gehorche
lieber Gott als den Menschen, und der sich infolgedessen sicher ist,
den Himmel zu verdienen, wenn er einen erdrosselt?”
(Voltaire)

“Kolonialismus
und Sklaverei haben im Westen ein Gefühl der Schuld hinterlassen, das
dazu verführt, andere Kulturen einfach immer ganz wunderbar zu finden.
Diese Haltung ist denkfaul, wenn nicht rassistisch.”
(Ayaan Hirsi Ali)

Es
lässt sich nicht leugnen: Die Feinde der Freiheit kommen zuerst aus den
freien Gesellschaften, aus einem Teil jener aufgeklärten Eliten, die
der übrigen Menschheit – ja sogar den eigenen Mitbürgern – den Genuss
demokratischer Rechte verwehren, falls diese das Pech haben, einer
anderen Religion oder Ethnie anzugehören als sie selbst. Wer’s nicht
glauben will, der lese zwei kürzlich erschienene Texte : das Buch des
niederländisch-britischen Autors Ian Buruma über den in Amsterdam verübten Mord an Theo van Gogh (1) und die von dem englischen Journalisten und Universitätsprofessor Timothy Garton Ash verfasste und in der New York Review of Books veröffentlichte Rezension desselben Buches (2).

Ian Burumas
nach angelsächsischer Art geschriebene Reportage fasziniert insofern,
als sie alle Protagonisten des Dramas, den Mörder wie sein Opfer
scheinbar unparteiisch zu Wort kommen lässt. Allerdings kann er seinen
Ärger über das Engagement Ayaan Hirsi Alis, einer niederländischen Abgeordneten somalischer Herkunft, nur schlecht verbergen. Ayaan Hirsi Ali war mit Theo van Gogh befreundet und steht selbst unter Morddrohung. Ihre Kritik am Koran bringt Buruma in Verlegenheit. Timothy Garton Ash
argumentiert noch brutaler: Als Apostel des Multikulturalismus ist er
der Meinung, Ayaan Hirsi Alis Haltung sei zugleich verantwortungslos und
kontraproduktiv. Sein Urteil ist erbarmungslos: “Ayaan Hirsi Ali ist
eine mutige, freimütige und leicht vereinfachende Fundamentalistin der
Aufklärung.” (3) Als Beweis dafür dient ihm, dass diese junge Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt, in ihrer Jugend der Muslimbruderschaft
in Ägypten angehört und lediglich ein Credo durch ein anderes ersetzt
habe: den Propheten-Fanatismus durch den Vernunfts-Fanatismus.

Diese
Art der Gleichsetzung ist nicht neu: Die Katholische Kirche gebrauchte
sie im gesamten 19. Jahrhundert, um Reformen zu blockieren. Im unlängst
in Frankreich ausgebrochenen Kopftuchstreit wurde sie von den
Gegnern des Gesetzes ins Feld geführt. Im Fall Ayaan Hirsi Alis, die
selbst beschnitten wurde und zwangsverheiratet werden sollte, die aus
Afrika floh, um in den Niederlanden Asyl zu finden, ist diese
Anschuldigung von vornherein falsch: Im Unterschied zu Mohammed Bouyeri,
dem Mörder Theo van Goghs, hat sie niemals Mord gepredigt, um ihre
Ideen durchzusetzen. In ihrer Autobiografie schreibt sie: “Der Koran ist
Menschenwerk, nicht Gotteswerk. Darum müssen wir uns frei fühlen, ihn
zu interpretieren und der modernen Zeit anzupassen, anstatt uns
schmerzhaft zu verrenken, um wie die ersten Gläubigen in einer fernen
und fürchterlichen Vergangenheit zu leben.” (4)
Hier findet sich keine Spur von Sektierertum. Ihre einzigen Waffen sind
die der Überzeugung, der Widerlegung, der Rede. Sie argumentiert mit
Vernunft und nicht mit pathologischem Bekehrungseifer.

Die bloße
Hoffnung, eines Tages die Tyrannei und den Aberglauben zu besiegen,
kann doch wohl nicht als ungesunde Exaltiertheit gelten. Doch Ayaan
Hirsi Ali wie auch andere aufbegehrende Musliminnen – Taslima Nasrin, Wafa Sultan (hier ihr unglaubliches Interview auf Al Dschasira), Irshad Manji, Seyran Ates, Necla Kelek
– hat in den Augen unserer so wohlwollenden Professoren ein
unverzeihliches Verbrechen begangen: Sie nimmt die demokratischen
Prinzipien ernst. Wenn sich der Schwache gegen den Starken zur Wehr
setzt, ist es bekanntlich bequemer, über ersteren herzufallen als über
letzteren. Dem Widerständler wird von den Feiglingen gern vorgeworfen,
er fordere den Zorn des Mächtigen heraus.

Nicht ohne Perfidie bestreitet Ian Buruma Ayaan Hirsi Ali das Recht, sich auf Voltaire zu berufen: Dieser habe einer der mächtigsten Institutionen seiner Zeit, der Katholischen Kirche, die Stirn geboten, während sie sich damit begnüge, “eine verletzliche Minderheit im Herzen Europas” anzugreifen (5).
Dabei vergisst er, dass der Islam keine Grenzen kennt. Die muslimischen
Gemeinschaften der Alten Welt haben mehr als eine Milliarde
Glaubensanhänger unterschiedlicher Strömungen im Rücken. Sie können zur
Vorhut einer fundamentalistischen Offensive oder gerade im Gegenteil zum
Beispiel einer vernünftigeren Religiosität werden. Das ist wahrlich
keine Lappalie, sondern eine der größten Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts!

Nicht genug, dass Ayaan Hirsi Ali wie eine
Einsiedlerin leben muss, umgeben von Leibwächtern, die sie davor
bewahren, dass die Radikalen ihr Versprechen wahr machen und ihr den
Hals durchschneiden. Sie muss auch noch – wie Robert Redeker,
der französische Philosoph, den islamistische Webseiten mit dem Tod
bedrohen – , den Spott der Lehnstuhlphilosophen und Oberlehrer über sich
ergehen lassen. In Holland hat man sie, sogar von links, als Nazi
beschimpft! (6)
Demnach wären die Verteidiger der Freiheit also Faschisten, während die
Fanatiker als Opfer dastehen! Hier schnappt ein altbekannter
Mechanismus ein: Wer sich gegen die Barbarei auflehnt, wird selbst
beschuldigt, ein Barbar zu sein.

Das Gleichheitszeichen
kommt jedoch in der Politik wie auch in der Philosophie immer einer
Abdankung gleich. Wenn denken heißt, seine eigenen Worte abzuwägen, um
die Welt treffend zu benennen, also zu vergleichen, dann zeugt die
Gleichsetzung vom Scheitern des Denkens. “CRS-SS” zu schreien, wie man es im Mai 1968 tat, oder “Bush = Bin Laden” oder zu sagen, Voltaire sei dasselbe wie Savonarola,
heißt, sich mit und zweifelhaften Parallelen zufriedenzugeben. Die
Aufklärung wäre dann nur eine weitere Religion – so verrückt und
unnachgiebig wie der Katholizismus der Inquisition oder der radikale
Islam. Im Fahrwasser von Heidegger hat eine ganze Denkschule von Gadamer bis Derrida
den Anspruch der Aufklärung angefochten, ein neues Zeitalter einer sich
selbst bewussten Geschichte zu verkörpern. Im Gegenteil: Dieser
philosophischen und literarischen Episode sollen alle Leiden unserer
Zeit entsprungen sein: Kapitalismus, Kolonialismus,Totalitarismus. Die
Kritik der Vorurteile soll nur ein weiteres Vorurteil sein, womit
bewiesen wäre, dass die Menschheit unfähig ist zur Selbsterkenntnis. Dem
Wahn einiger Literaten, die mit Gott und der Offenbarung tabula rasa
machen wollten, sei es zu verdanken, dass Europa später in die
Finsternis hinabgetaucht sei. Durch eine scheußliche Dialektik habe die
Erweckung der Vernunft Ungeheuer hervorgebracht (Horkheimer, Adorno).

Dass
es tatsächlich einen Fanatismus der Moderne gegeben hat, davon zeugt
die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Es ist auch unbestreitbar,
dass der Fortschrittsglaube die Gestalt einer Religion samt ihren
Hohepriestern – von Saint Simon bis Auguste Comte über Victor Hugo
– angenommen hatte. Die abscheulichen weltlichen Religionen des
Nationalsozialismus und des Kommunismus standen den schlimmsten
Gottesstaaten, deren radikale Negation sie – zumindest im zweiten Fall –
sein wollten, mit ihren todbringenden Ritualen und Massenmorden in
nichts nach. Man hat im 20. Jahrhundert mehr gegen Gott getötet als in
seinem Namen. Und doch wurden der Nationalsozialismus und nach ihm der Kommunismus
von demokratischen Regierungen entthront, die ihre Inspiration aus der
Aufklärung und der Philosophie der Menschenrechte bezogen und die auf
Toleranz und Meinungsvielfalt beruhten. Die Romantik hat die
Abstraktheit der Aufklärung, ihren Anspruch, einen neuen, von jeglichem
religiösen Gefühl, von jeglichem Fleisch befreiten Menschen zu
erschaffen, heilsam gemildert. Wir sind heute die Erben beider
Bewegungen und wissen die Besonderheit einer nationalen, sprachlichen
und kulturellen Verankerung mit der Universalität des
Menschengeschlechts in Einklang zu bringen. Schon seit langem übt die
Moderne Selbstkritik, stellt ihre eigenen Ideale unter Verdacht und
verurteilt die Anbetung einer Vernunft, die blind für die eigene
Maßlosigkeit ist. Kurz, bis zu einem gewissen Grad kennt sie ihre
Grenzen.

Die Aufklärung hat sich als fähig erwiesen, auch ihre
Irrtümer zu überdenken. Kritik an ihren zum Exzess getriebenen Begriffen
ist ein weiterer Beweis der Treue zu ihr. Ja, sie ist so sehr
Bestandteil unseres zeitgenössischen geistigen Werkzeugs, dass selbst
die von Gott besessenen Eiferer sich auf sie berufen, um ihre
Botschaften zu verkünden. Ob wir wollen oder nicht, wir sind die Kinder
dieses kontroversen Jahrhunderts, wir sind gezwungen, unsere Väter in
der Sprache zu verdammen, die sie an uns weitergegeben haben. Und weil
die Aufklärung selbst ihre ärgsten Feinde besiegen konnte, besteht kein
Zweifel, dass sie auch die islamistische Hydra niederringen wird.
Vorausgesetzt sie glaubt an sich und ächtet nicht ausgerechnet die
wenigen Reformer des Islam.

Wir besitzen heute zwei Vorstellungen von Freiheit:
die eine stammt aus dem 18. Jahrhundert und beruht auf der Befreiung
von Tradition und Autorität, die andere stammt aus der
anti-imperialistischen Anthropologie und nimmt an, dass alle Kulturen
die gleiche Würde besitzen und darum nicht nach unseren eigenen
Kriterien beurteilt werden dürfen. Der Relativismus empfiehlt
uns, unsere vorgeblichen Werte als die Glaubenssätze jenes Stammes
anzusehen, der sich “der Westen” nennt. Auf diesen Auffassungen beruht
der Multikulturalismus: Entstanden 1971 in Kanada, will er vor allem das
friedliche Zusammenleben von Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher
ethnischer oder rassischer Herkunft auf ein und demselben Territorium
gewährleisten. Für den Multikulturalismus verfügt jede menschliche
Gruppe über eine Einzigartigkeit und Legitimität, die ihr Existenzrecht
begründen und ihr Verhältnis zu den anderen definieren. Die Kriterien
von Recht und Unrecht, von Verbrechen und Barbarei treten zurück vor dem
absoluten Kriterium des Respekts vor dem Anderen. Es gibt keine ewige
Wahrheit mehr, der Glaube an sie entspringt einem naiven
Ethnozentrismus.

Wer schüchtern daran erinnert, dass Freiheit
unteilbar ist, dass ein Menschenleben überall denselben Wert besitzt,
dass die Amputation der Hand eines Diebes oder die Steinigung einer
ehebrüchigen Frau nirgendwo geduldet werden können, wird im Namen der
notwendigen Gleichheit der Kulturen zurechtgewiesen. Wie die anderen
leben und leiden, wenn man sie erst einmal in das Ghetto ihrer
Eigentümlichkeit eingepfercht hat, darum soll man sich nicht scheren?
Man tröstet sich über die Last ihres Schicksals, indem man ihre unantastbare Andersartigkeit
hervorhebt. Nun ist es allerdings eine Sache, die Überzeugungen und
Riten von Mitbürgern fremder Herkunft anzuerkennen, und eine ganz
andere, inselartigen Gemeinschaften den Segen zu geben, die jede
Kontamination durch das Fremde abwehren und Schutzwälle zwischen sich
und der übrigen Gesellschaft errichten. Wie kann man eine
Andersartigkeit akzeptieren, die die Menschen ausgrenzt, statt sie
aufzunehmen? Hier stößt man auf das Paradoxon des Multikulturalismus:
Er gewährt allen Gemeinschaften die gleiche Behandlung, nicht aber den
Menschen, aus denen sie sich bilden, denn er verweigert ihnen die
Freiheit, sich von ihren eigenen Traditionen loszusagen. Statt dessen:
Anerkennung der Gruppe, Unterdrückung des Individuums. Bevorzugung der
Tradition gegen den Willen all jener, die Bräuche und Familie hinter
sich lassen, weil sie zum Beispiel die Liebe nach ihrer eigenen
Vorstellung leben wollen.

Man vergisst, dass es einen
regelrechten Despotismus von Minderheiten gibt, die sich gegen die
Assimilation sträuben, solange diese nicht mit einem Status der
Exterritorialität und mit Sonderrechten verknüpft ist. So macht man
diese Minderheiten zu Nationen innerhalb der Nationen, die sich dann zum
Beispiel zuerst als Muslime und dann erst als Engländer, Kanadier oder
Holländer ansehen: Identität gewinnt die Oberhand über
Staatsangehörigkeit. Schlimmer: Aus lauter Respekt vor Besonderheiten
sperrt man die Individuen erneut in eine rassische oder ethnische
Definition, stößt sie zurück in eine Abgrenzung, aus der man sie doch
gerade herausholen wollte. Da haben wir den Schwarzen, den Araber, den
Pakistani, den Muslim, Gefangene ihrer Geschichte auf Lebenszeit, in
ihre Hautfarbe und ihren Glauben verbannt, ganz wie in der Kolonialzeit.

Man verweigert ihnen, was bisher unser Privileg gewesen ist: den Übergang von einer Welt in eine andere, von der Tradition zur Moderne, vom blinden Gehorsam zur Vernunftentscheidung. “Ich habe die Welt des Glaubens, der Beschneidung (7)
und der Ehe für die der Vernunft und der sexuellen Befreiung verlassen.
Ich habe diese Reise gemacht und jetzt weiß ich, dass eine dieser
beiden Welten ganz einfach besser ist als die andere, nicht wegen ihrer
hübschen blinkenden Dinge, sondern wegen ihrer Grundwerte”, schreibt
Ayaan Hirsi Ali in ihrer Autobiografie (8).
Minderheitenschutz bedingt auch das Recht der Angehörigen dieser
Minderheiten, sich ihnen ohne Risiko für die eigene Person zu entziehen –
durch Gleichgültigkeit, Atheismus, Mischehe, durch das Vergessen von
Klan- oder Familiensolidarität, oder durch das Schmieden eines eigenen
Schicksals, das ihnen selbst gehört und nicht in der bloßen Wiederholung
der elterlichen Muster besteht.

Mit Rücksicht auf die erlittenen
Kränkungen erhebt man die ethnische, sexuelle, religiöse oder regionale
Minderheit oft zu einer Art kleiner Nation, bei der auch der maßloseste
Chauvinismus in aller Unschuld als Ausdruck einer legitimen Selbstliebe
gehandelt wird. Statt die Freiheit als eine den Determinismus
aufbrechende Kraft zu feiern, unterstützt man die Wiederholung von
Vergangenheit und den Zwang, den die Gemeinschaft auf den Einzelnen
ausübt. Randgruppen produzieren zuweilen eine Art von Gesinnungspolizei
und fahnenschwenkendem Mikronationalismus, der in einigen Ländern
Europas bedauerlicherweise auch noch staatlich gefördert wird. Die
Erpressung zu ethnischer, religiöser oder rassischer Solidarität, die
Verurteilung Abtrünniger als Verräter, “Türken vom Dienst” “Onkel Toms”
und “Bountys” soll jedes Streben nach Autonomie brechen. Unter dem
Anschein der Vielfalt schafft man ethnische oder religiöse Kerker, deren
Insassen die Privilegien der Mehrheitsgesellschaft verwehrt bleiben.

Dass
eine Ayaan Hirsi Ali mit den Sanktionen unserer Intellektuellen zu
rechnen hat, ist also kaum überraschend. Nichts fehlt im Porträt, das
Timothy Garton Ash von der jungen Frau entwirft, nicht einmal ein
altbackener Machismo: Nur die Schönheit und der Glamour der
niederländischen Abgeordneten erklären für Ash ihren Medienerfolg, nicht
etwa die Triftigkeit ihrer Vorwürfe (9). Dass der integristische Theologe Tariq Ramadan,
dem er flammende Loblieder singt, seinen Ruf auch seinem playboyhaften
Aussehen verdanken könnte, fällt Ash nicht ein. Stimmt schon: Ayaan
Hirsi Ali durchkreuzt die gängigen Stereotypen der political
correctness: Als Somalierin verkündet sie die Überlegenheit Europas über
Afrika, als Frau ist sie weder verheiratet noch Mutter, als Muslimin
kritisiert sie offen die Rückständigkeit des Korans. Dass sie all diese
Klischees mit Füßen tritt, macht sie zu einer echten Rebellin im
Gegensatz zu den Talmirevolutionären, die unsere Gesellschaften wie am
Fließband produzieren.

Was Ian Buruma und Timothy Garton Ash an
ihr maßregeln, ist das Verrückte, Hochfahrende, Maßlose und Getriebene,
ihr Enthusiasmus. Sie handeln dabei wie jene Inquisitoren, die in jeder etwas zu flamboyanten Frau
die vom Satan bewohnte Hexe jagten. Bei der Lektüre ihrer durch und
durch herablassenden Äußerungen versteht man, dass der Kampf gegen den
muslimischen Fundamentalismus zuallererst auf symbolischer Ebene und
zuallererst von Frauen gewonnen werden muss, weil sie der Dreh- und
Angelpunkt der Familie und der sozialen Ordnung sind. Sie zu befreien,
ihnen in allen Belangen die gleichen Rechte wie den Männern zu gewähren,
ist die notwendige Bedingung für einen Fortschritt in den
arabisch-muslimischen Gesellschaften. Übrigens: Jedesmal, wenn ein
westlicher Staat Minderheitenrechte gesetzlich verankern wollte,
waren es Angehörige dieser Minderheiten – meistens Frauen -, die
Widerspruch einlegten. Die großzügige Bereitschaft zu einem
Entgegenkommen – etwa die Bestrebungen im kanadischen Staat Ontario,
Muslime zumindest in Erb- oder Familienstreitigkeiten nach der Scharia
richten zu lassen, oder auch der Vorschlag der ehemaligen
Bundesverfassungsrichterin und Sozialdemokratin Jutta Limbach,
im deutschen Grundgesetz ein Minderheiten-Statut zu schaffen, das zum
Beispiel die Befreiung muslimischer Mädchen vom Sportunterricht erlaubt –
wird wie ein Rückschritt und eine erneute Einkapselung erlebt (10).

Die Mystik des Respekts vorm Anderen, wie sie sich im Westen entwickelt, ist äußerst dubios: Denn Respekt
bedeutet etymologisch gesehen “aus der Ferne betrachten”. Im 19.
Jahrhundert empfand man die Eingeborenen als so fremd, dass es undenkbar
war, ihnen das europäische Modell oder gar die französische
Staatsbürgerschaft anzutragen. Damals wurde die Andersartigkeit als
Minderwertigkeit gedacht, jetzt wird sie wie eine unüberwindbare Distanz
erlebt. Auf die Spitze getrieben führt dieses Lob der Autarkie in
sattsam bekannt Politikmodelle: Was war die südafrikanische Apartheid
anderes als ein wörtlich genommener Respekt vor der Andersheit, bis hin
zu dem Punkt, an dem der Andere so verschieden von mir ist, dass er
nicht mehr das Recht hat, sich mir zu nähern?

So bremst man aus
Sorge um das religiöse Gleichgewicht jede Reformregung innerhalb einer
bestimmten Konfession, so sperrt man einen Teil dieser Bevölkerung –
meistens die Frauen – in einen Minderheitenstatus. So erhält man auf
subtile Weise unter dem Mäntelchen der Vielfalt die Segregation
aufrecht. Womit bewiesen wäre, dass sich hinter dem Loblied auf die
Schönheit aller Kulturen oft genug nur die sattsam bekannte Herablassung
der einstigen Kolonialherren verbirgt. Manche sagen: Der Islam
ist erst im 7. Jahrhundert entstanden, er hat einen unvermeidlichen
Rückstand. Oder, wie Tariq Ramadan behauptet: Die Masse der Gläubigen
ist noch nicht reif genug, eine Praxis wie die Steinigung aufzugeben (er
selbst ruft zu einem Moratorium für diese Art von Bestrafung auf, nicht
zu deren Abschaffung) (11).
Doch diese Auffassung verkennt die “Ungeduld der Freiheit” (Michel
Foucault), die muslimische Eliten beim Anblick jener laizistischen
Nationen ergreift, die sich von den Fesseln des Dogmas und rückständigen
Sitten befreit haben.

Die Aufklärung gehört dem
Menschengeschlecht und nicht nur einigen Privilegierten aus Europa und
Nordamerika – die sich überdies herausnehmen, sie wie verwöhnte Gören
mit Füßen zu treten und anderen vorzuenthalten. Vielleicht ist der
Multikulturalismus angelsächsischer Prägung nichts anderes als eine legale Apartheid,
begleitet – wie so oft – vom rührseligen Gesäusel der Reichen, die den
Armen erklären, dass Geld allein nicht glücklich macht. Wir tragen die
Bürde der Freiheit, der Selbstverwirklichung, der Gleichberechtigung der
Geschlechter, euch bleiben die Freuden des Archaischen, des Missbrauchs
nach Vorvätersitte, der arrangierten Heiraten, Kopftücher und Vielehen.
Angehörige dieser Minderheiten werden unter Denkmalschutz gestellt. Wir
sperren sie in ein Reservat, um sie vor dem Fanatismus der Aufklärung
und den Kalamitäten des Fortschritts zu bewahren: All jenen, die uns
unter dem Sammelnamen Muslime bekannt sind (Maghrebiner, Pakistani,
Afrikaner) soll es verboten sein, den Glauben abzulegen, oder nur ab und
zu zu glauben, auf Gott zu pfeifen oder sich ein Leben fernab von Koran
und Stammesriten aufzubauen.

Der Multikulturalismus ist ein Rassismus des Antirassismus. Er kettet die Menschen an ihre Wurzeln. Der Bürgermeister von Amsterdam, Job Cohen,
einer der Stützpfeiler des niederländischen Staates, fordert
beispielsweise, man solle “einige muslimisch-orthodoxe Gruppierungen,
die bewusst die Frau diskriminieren”, akzeptieren, weil wir einen “neuen
Klebstoff brauchen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten”. Im Namen des
gesellschaftlichen Zusammenhalts lädt man uns ein, jubelnd die
Intoleranz zu beklatschen, mit der diese Gruppen unseren Gesetzen
begegnen. Man preist folglich die Koexistenz kleiner, abgeschotteter
Gesellschaftsgruppen, die jede für sich eine andere Norm befolgen. Wenn
man das gemeinsame Kriterium für die Unterscheidung von Recht und
Unrecht aufgibt, wird jede Vorstellung von einer nationalen Gemeinschaft
untergraben. Ein französischer, britischer, holländischer Staatsbürger
unterliegt zum Beispiel der strafrechtlichen Verfolgung, wenn er seine
Ehefrau schlägt. Soll seine Tat ungeahndet bleiben, falls sich
herausstellt, dass er Sunnit oder Schiit ist? Soll ihm sein Glaube das
Recht verleihen, die gemeinschaftlichen Regeln zu brechen? Mit anderen
Worten: Man verherrlicht beim Anderen, was man bei sich selbst immer
gegeißelt hat: die Abschottung, den kulturellen Narzissmus, den
eingefleischten Ethnozentrismus!

In dieser Toleranz liegt
Verachtung, denn sie unterstellt, dass einige Gemeinschaften unfähig
seien zur Moderne. Und was, wenn das Aufbegehren der britischen Muslime
sich nicht nur der rückschrittlichen Sittenstrenge ihrer Anführer
verdankt, sondern auch der dunklen Ahnung, dass die staatlichen
Aufmerksamkeiten, die ihnen zuteil werden, nichts weiter sind als eine
subtile Herablassung, die ihnen bedeuten soll, dass sie allzu
zurückgeblieben sind für die moderne Ziviliation? Einige italienische
Gemeinden wollen bekanntlich Strände für muslimische Frauen einrichten,
damit sie baden können und dabei vor den Blicken der Männer geschützt
sind. Schon in zwei Jahren könnte das erste “islamische Krankenhaus”,
das in allen Punkten den Vorschriften des Korans folgt, in Rotterdam
gebaut werden. Man fühlt sich zurückversetzt in die amerikanischen
Südstaaten zur Zeit der Rassentrennung – doch diese Rassentrennung wird
vom Who’s Who der fortschrittlichen Kräfte in Europa nach Kräften
unterstützt!

Es gilt einen doppelten Kampf zu führen: Die
Minderheiten müssen vor Diskriminierungen geschützt werden (zum Beispiel
durch Vermittlung regionaler Sprachen und Kulturen oder durch die
Anpassung des Schulkalenders an ihre religiösen Feste), die einzelne
Person jedoch muss vor Einschüchterungsversuchen ihrer community
geschützt werden.

Und noch ein letztes Argument gegen den Multikulturalismus angelsächsischer Prägung:
Er funktioniert nicht. Die Regierungen haben es selbst zugegeben. Nicht
genug damit, dass Großbritannien dem Dschihad jahrelang als Asylland
gedient hat, mit den bekannten dramatischen Folgen. Nun muss
Großbritannien auch noch eingestehen, dass sein auf Kommunitarismus und
Separatismus gegründetes Sozialmodell versagt hat. Wie hat man nicht
über den französischen Autoritarismus gespottet, als die Assemblee
nationale den Frauen und jungen Mädchen das Tragen des Kopftuchs in
Schulen und öffentlichen Gebäuden per Gesetz untersagte. Die
Frankophobie Timothy Garton Ashs, der seinen Artikel in der New York
Review of Books im Departement Seine Saint-Denis beginnen lässt, ist
eines Neocons aus Washington würdig! Aber wie lässt sich dann erklären,
dass politische Verantwortliche in Großbritannien, Holland und
Deutschland unter dem Schock der immer weiteren Verbreitung von Burka
und Hidschab ihrerseits erwägen, Gesetze dagegen zu erlassen? (12).

Die
Fakten sind grausam. Sie widersprechen den Abwieglern, die Europa dem
Islam anpassen wollen statt umgekehrt. Je mehr man vor dem Radikalismus
der Bärtigen zurückweicht, desto schärfer wird ihr Ton.
Appeasementpolitik macht sie nur hungriger. Die Hoffnung, dass
Wohlwollen die Rohlinge entwaffnen wird, entbehrt jeder Grundlage. Auch
wir in Frankreich haben unsere Kollaborateure des Dschihadismus,
bei den Linksradikalen wie auch bei den Rechten: anlässlich des
Karikaturenstreits schlugen Abgeordnete der UMP einen
Blasphemie-Paragrafen vor, der uns glatt ins Ancien Regime zurückversetzt hätte.

Das moderne Frankreich hat sich im Kampf
gegen die Hegemonialmacht der Katholischen Kirche herausgebildet, es
wird sich zweihundert Jahre nach der Revolution nicht unter das Joch
eines neuen Fanatismus begeben. Deshalb sind Bestrebungen eines
islamischen Revanchismus insbesondere wahhabitischer Saudis,
Muslimbruderschaften, Salafisten und von Al Qaida, die auf Europas
Gesellschaften zugreifen und Andalusien zurückerobern wollen, als
Kolonialismus zu bekämpfen. (13). Wie sind Europa und Frankreich laizistisch
geworden? Durch den unablässigen Kampf gegen die Kirche und ihren
Anspruch, über die Geister zu herrschen, die Widerspenstigen zu
bestrafen, Reformen zu blockieren, die Einzelnen, vor allem die ärmsten,
im Schwitzkasten der Resignation und der Angst gefangen zu halten. Es
war ein unerhört gewaltsames Ringen auf beiden Seiten, mitunter
schrecklich und niederträchtig, doch es hatte einen unbestreitbaren
Fortschritt zur Folge und erlaubte uns, 1905 das Gesetz über die
Trennung von Kirche und Staat zu verabschieden.

Das französische Modell (das später von Mustafa Kemals Türkei nachgeahmt wurde) verdankt sich einem glücklichen Sieg über Obskurantimus und Bartholomäusnächte.
Darin besteht seine Überlegenheit. Warum sollten wir dem Islam
durchgehen lassen, was wir von Seiten der Kirche nicht mehr dulden? Der Laizismus,
dessen Prinzipien übrigens in den Evangelien niedergelegt sind, beruht
auf einer Handvoll einfacher Prinzipien: Religionsfreiheit, friedliches
Nebeneinander der Religionen, Neutralität des öffentlichen Raumes,
Einhalten des Gesellschaftsvertrages und schließlich auf der von allen
gebilligten Gewissheit, dass die göttlichen Gesetze nicht über den
staatlichen Gesetzen stehen, sondern anderswo wirken, in den Herzen der
Gläubigen, in einem Raum privater Andacht.

Frankreich, so die
deutsche Philosophin Hanna Arendt, hat seine Kolonisierten gleichermaßen
als Brüder und Untertanen behandelt. Die Zeit der Kolonien ist
glücklicherweise vorbei. Doch die auf dem Ideal der Gleichheit beruhende
republikanische Assimilation setzt voraus, dass allen Menschen,
unabhängig von Rasse, Geschlecht und Glauben, die gleichen Rechte
zustehen. Dieses Ideal ist bei weitem noch nicht umgesetzt. Es steckt
sogar in einer Krise, wie die Unruhen in den Banlieus
im November 2005 gezeigt haben. Und doch scheint es mir ein besseres
Modell zu sein als die Anbetung der Vielfalt. Gegen das Recht auf
Vielfalt muss man unablässig das Recht auf Ähnlichkeit bekräftigen: Was uns verbindet, ist stärker als das, was uns trennt.

Die
Standpunkte von Ian Buruma und Timothy Garton Ash liegen auf einer
Linie mit jenen der amerikanischen und britischen Regierungen (selbst
wenn sie in politischer Hinsicht mit ihnen uneins sind): Die Niederlage
George W. Bushs und Tony Blairs in ihrem Krieg gegen den Terror ist auch
darauf zurückzuführen, dass sie dem militärischen Kampf den Vorrang vor
einem Kampf der Ideen gegeben haben. Die unverbesserliche Frömmelei
dieser beiden Regierungsführer, ihre Mischung aus strategischer
Protzerei und Blauäugigkeit hat sie daran gehindert, den Kampf da
auszutragen, wo es nötig gewesen wäre: auf dem Terrain des Dogmas, der Interpretation der Schriften, einer neuen umfassenden Lektüre der religiösen Texte. (14)
Gestern noch verband sich der Kalte Krieg mit einem globalen Kampf
gegen den Kommunismus, in dem das Aufeinanderprallen von Überzeugungen
und der kulturelle Kampf, der über Kino, Musik und Literatur ausgetragen
wurde, eine wichtige Rolle spielte. Heute beobachten wir nicht ohne
Sorge, wie die britische Regierung im Kreis ihrer muslimischen
“Berater” mit dem Motto kokettiert: Lieber Fundamentalismus als
Terrorismus. Dabei sieht sie nicht, dass der eine der Zwillingsbruder
des anderen ist, und dass der fundamentalistische Würgegriff Europas
Muslime für immer einer möglichen Reform entfremden wird.

Darum ist das Engagement für einen aufgeklärten europäischen Islam
von entscheidender Bedeutung: Europa kann ein leuchtendes Beispiel für
eine Reform dieses Monotheismus werden, von dem man sich erhofft, dass
er eines Tages für die Selbstkritik und die Gewissensprüfung gewonnen
werden kann, so wie es das Zweite Vatikanische Konzil im Fall der
Katholiken bewirkt hat. Allerdings sollte man sich nicht im
Gesprächspartner irren und jene Fundamentalisten als Freunde der
Toleranz hinstellen, die nicht mit offenen Karten spielen und sich der
Linken und der Intelligentsia bedienen, um ihre Konfession vor der
Bewährungsprobe des Laizismus zu bewahren (15).

Die
Zeit ist reif für eine große Solidaritätsbewegung zugunsten aller
Rebellen in der islamischen Welt, der Ungläubigen, der atheistischen
Libertins, der Schismatiker, der Freiheitswächter, so wie wir einst die
Dissidenten Osteuropas unterstützt haben. Europa sollte diesen
abweichenden Stimmen Mut machen, ihnen finanzielle, moralische und
politische Unterstützung zukommen lassen, ihnen eine Patenschaft
anbieten, sie einladen und beschützen. Es gibt heute keine heiligere,
ernsthaftere und für die Eintracht zukünftiger Generationen
entscheidendere Aufgabe. Doch unser Kontinent geht mit
selbstmörderischer Unwissenheit vor den Gottesverrückten in die Knie und
knebelt oder verleumdet die freien Denker. Selig die Skeptiker, die
Ungläubigen, die die tödliche Glut des Glaubens erkalten lassen!

Ist
es nicht seltsam? 62 Jahre nach dem Ende des Dritten Reichs und 16
Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer hat ein wichtiger Teil der europäischen Intellektuellen
nichts besseres zu tun, als die Freunde der Demokratie anzuschwärzen.
Sie wollen, dass wir nachgeben, zurückweichen, sie propagieren eine
Aufklärung light. Dabei sind wir noch weit entfernt von den ungleich
dramatischeren Umständen der dreißiger Jahre, als sich die besten Köpfe
im Namen von Rasse, Klasse oder Revolution Berlin oder Moskau in die
Arme warfen. Die heutige Gefahr ist diffuser, zersplitterter. Da gibt es
nichts, was der übermächtigen Gefahr des Dritten Reiches ähnlich wäre.
Selbst das Regime der Mullahs in Teheran ist ein Papiertiger, den ein
Mindestmaß an Härte in die Knie zwingen würde. Und doch wimmelt es nur
so von Priestern der Erschlaffung. Kant definierte die Aufklärung durch eine Devise: “Sapere aude!
– Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!” Eine Kultur
des Muts – vielleicht ist es das, was unseren Seelsorgern fehlt. Sie
sind die Symptome eines müden und von Selbstzweifeln geplagten Europas,
das beim leisesten Alarm in Deckung geht. Hinter ihrer klebrigen
Gutmenschenrhetorik spielt eine andere Musik: die der Kapitulation!

*

Aus dem Französischen von Barbara Jantzen.

Pascal Bruckner,
Jahrgang 1948, ist Romancier und Essayist. Er studierte unter anderem
an der Sorbonne und der Ecole pratique des hautes etudes. Sein
Doktorvater war Roland Barthes. Als Essayist gehört er zum Umkreis der
“nouveaux philosophes”. Eines seiner bekanntesten Bücher sind die
“Tränen des weißen Mannes” (Le Sanglot de l’homme blanc) von 1983, das
“Tiermondisme”, einen Schuldkomplex der westlichen Welt gegenüber der
“Dritten Welt” thematisiert. Sein Roman “Lunes de fiel” wurde von Roman
Polanski verfilmt. Zuletzt erschien der Essay “La tyrannie de la
penitence : Essai sur le masochisme occidental”.

————————————————————————————

Pascal Bruckner hat mit seiner Polemik gegen Ian Burumas Buch “Murder in Amsterdam” und einen Artikel Timothy Garton Ashs eine internationale Debatte ausgelöst. Alle Artikel zu dieser Debatte finden Sie auf Deutsch hier, auf Englisch hier.

(1) Ian Buruma: “Murder in Amsterdam: The Death of Theo Van Gogh and the Limits of Tolerance”, New York (Penguin Press) 2006
(2) “Islam in Europe” in: New York Review of Books, 5. Oktober 2006
(3)
“Ayaan Hirsi Ali is now a brave, outspoken, slightly simplistic
Enlightenment fundamentalist.” Auch Buruma spricht von “Enlightenment
fundamentalists”, s. Seite 27 seines Buchs.
(4) Ayaan Hirsi Ali: “Mein Leben, meine Freiheit”, München (Piper) 2006
(5) Buruma, ebd., s. 179.
(6)
Laut Ian Buruma vergleicht der bekannte holländische Autor Geert Mak
Ayaan Hirsi Alis Film “Submission” mit dem antisemitischen Propagadafilm
der Nazis “Jud Süß” (“Murder in Amsterdam”, Seite 240)
(7)
Zur Information: 30.000 Frauen afrikanischer Herkunft wurden in
Frankreich beschnitten und 30.000 junge Mädchen sind in den kommenden
Jahren davon bedroht. Frankreich war lange Zeit das einzige Land, das
die Beschneiderinnen strafrechtlich verfolgte. Das Gesetz vom 4. April
2006 hat die Maßnahmen weiter verschärft. Seit Oktober 2004 wird die
chirurgische Wiederherstellung der Klitoris von den Krankenkassen
übernommen.
(8) Ayaan Hirsi Ali, “Mein Leben…”
(9)
Timothy Garton Ash, im bereits zitierten Artikel: “Ayaan Hirsi Ali ist
für Journalisten einfach unwiderstehlich: eine große, auffallend schöne,
exotische, mutige und freimütige Frau mit einer bemerkenswerten
Lebensgeschichte, die in ständiger Bedrohung lebt und Gefahr läuft, wie
auch van Gogh, ermordet zu werden. (…) Es ist gegenüber Frau Ali
sicher nicht respektlos anzudeuten, dass ihre Geschichte und ihre
Ansichten kein so großes Interesse hervorgerufen hätten, wäre sie klein,
buckelig und schielend gewesen.”
(10) Jutta Limbach: “Making multiculturalism work”, in: signandsight.com
(11)
Er hat diese Ansicht erneut vertreten, während dem auf einem
französischen Sender ausgestrahlten Fernsehduell mit Nicolas Sarkozy vom
20. November 2003. Sein Bruder Hani Ramadan, der ebenfalls Schweizer
Staatsbürger ist, findet diese Art der Bestrafung gerechtfertigt.
(12)
Verschiedenen Umfragen zufolge fühlen sich 87 Prozent der britischen
Muslimen vor allem als Muslime; in Frankreich sind es 46 Prozent. Die
Mehrheit der Muslime sind also dem republikanischen Ideal verhaftet und
stellen ihre religiösen Prinzipien hinter der Treue zur französischen
Nation zurück.
(13)
Hier zur Erinnerung Al Qaidas Verlautbarung vom 18. September 2001:
“Wir werden das Kreuz zerschlagen. Ihr werdet nur zwischen dem Islam und
dem Schwert wählen können.” Und im September 2006, nach der
Regensburger Rede des Papstes Benedikt XVI. über Gewalt und Religion,
schwenkten Demonstranten in Jerusalem und Nablus Spruchbänder mit der
Aufschrift: “Rom zu erobern, ist die Lösung”. Scheich Yusuf al-Qaradawi,
geistiger Führer der Muslimischen Bruderschaft und Mentor von Tarik
Ramadan, der auf Al-Dschasira sein Unwesen treibt, hat in einer seiner
berühmtesten Predigten erklärt, er sei sich sicher, dass “der Islam als
siegreicher Eroberer nach Europa zurückkehren werde, nachdem er zweimal
von dort vertrieben wurde. Dieses Mal wird die Eroberung nicht durch das
Schwert erfolgen, sondern durch Predigt und Ideologie.” Nebenbei gibt
al-Qaradawi grünes Licht für Selbstmordattentate.
(14)
2004 hat Tony Blair zur Weihnachtszeit zwei Arten von Grußkarten
drucken lassen, von denen die eine Nichtchristen bestimmt war und
Christi Geburt in keiner Weise erwähnte. Welch ein Paternalismus steckt
hinter dieser schrecklich gutmeinenden Geste!
(15)
Über Tarik Ramadans Doppelzüngigkeit und seinen tiefsitzenden
Antisemitismus: Für den schlechten Ruf seines Großvaters Hassan
al-Banna, Gründer der Muslimischen Bruderschaft in Ägypten, macht er die
Machenschaften der zutiefst reaktionären “zionistischen Lobby”
verantwortlich. Sehr zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang das sehr
gut recherchierte und überzeugende Buch von Caroline Fourest, “Frere
Tariq” (Paris, Grasset, 2004). Die Autorin wurde nach der
Veröffentlichung ihres Buches physisch bedroht, auf der Webseite der
Freunde Ramadans, oumma.com, einer Hetzjagd ausgesetzt und musste einige
Zeit lang unter Polizeischutz gestellt werden. 

Source

Egon Flaig: Es kann keine islamischen Menschenrechte geben

Menschenrechte sind universal. Sie lassen sich durch nichts einschränken. Deswegen kann es keine spezielle islamische Interpretation geben. Denn diese Religion ordnet alles der scharia, der Rechtslehre des Islam, unter und setzt somit die Universalität der Menschenrechte außer Kraft.

Mich interessiert jetzt nicht die außerordentlich spirituelle Theologie des Islam, sein radikaler Monotheismus mit der reinsten Transzendenz: ohne Trinität, ohne Opfertod, ohne Heilige. Das bewundere ich; und es fasziniert mich. Aber genau darum geht es nicht. Sondern es geht um die Juridifizierung der sozialen und politischen Ordnung, um die scharia.

Daß die scharia selber historischen Modifikationen unterliegt, ist selbstverständlich. Aber die vier islamischen Rechtsschulen selber bezeichnen diese Ordnung als scharia, als göttliche Ordnung, von Menschen ausgelegt. Daß die Auslegungen sich verändern, ist eine banale Einsicht. Entscheidend ist die Konstanz der Tradition um wichtige Kernpunkte, eine Tradition die aufrechterhalten wird durch das, was Jan Assmann die Textpflege im kulturellen Gedächtnis nennt. Es geht mir auch nicht um die scharia insgesamt, sondern um zwei Dinge:

► 
den Auftrag, Krieg gegen die Ungläubigen zu führen, bis die ganze Welt unter islamischer Herrschaft steht, dieser Krieg heißt jihad 

► um die dhimmitude, das ist der französische Begriff für den Status der Nicht-Muslime unter muslimischer Herrschaft

Seit Beginn der klassischen Zeit (9. bis 11. Jahrhundert) teilen die muslimischen Juristen die Welt in zwei Teile, nämlich das “Haus des Islam” und das “Haus des Krieges”. (…) Diese Zweiteilung hängt nicht davon ab, wo Muslime in großer Anzahl sind oder gar die Mehrheit darstellen, sondern davon, wo der Islam herrscht – in Gestalt der scharia – oder wo er nicht herrscht. Diese Dichotomie ist also keine religiöse, sondern eine politische. Zwischen diesen beiden Teilen der Welt herrscht naturgemäß so lange Krieg, bis das Haus des Krieges nicht mehr existiert und der Islam über die Welt herrscht (Sure 8, 39 u. 9, 41). Daher besteht nach klassischer Lehre für die muslimische Weltgemeinschaft die Pflicht, gegen die Ungläubigen Krieg zu führen bis diese sich bekehren oder sich unterwerfen. Dieser Krieg heißtjihad.

Die Gemeinschaft der Muslime (umma) ist folglich eine politische Gemeinschaft; das heißt, in ihrem Inneren kann es keinen Krieg geben – ausgenommen dem gegen Rebellen und gegen Häresien. Einzig der Krieg zur Unterwerfung der Ungläubigen ist legitim gewesen und obendrein Pflicht. (…) Ist es eine individuelle Pflicht oder eine kollektive? Wenn es eine kollektive Pflicht ist, dann muß die muslimische Gemeinschaft in regelmäßigen Abständen Angriffskriege gegen die Ungläubigen führen. Wenn es eine individuelle Pflicht ist, dann müssen die Gläubigen auf eigene Faust Krieg gegen die Ungläubigen führen, falls die Emire zu lange Frieden mit dem Feind halten. Fatalerweise besteht darüber innerhalb der orthodoxen Tradition seit dem 9. Jahrhundert keine Einigkeit. Viele Rechtsgelehrte definieren den jihadals individuelle Pflicht jedes tauglichen Muslim. Konsequenz dieser Lehre: wenn jeder einzelne Muslim alleine oder gruppenweise auf eigene Faust kriegerisch agieren muß, dann sind Attentate und Terroranschläge das Richtige. Al Qaida ist keine Verirrung, sondern entspricht dieser Traditionslinie. (…) Wer das abstreitet, kennt seine eigene Geschichte nicht. (…)

Der Kriegszustand dauert an, bis das Haus des Krieges vernichtet und die Welt erobert ist. Folglich sind Angriffskriege selbstverständlich und theologisch gerechtfertigt gewesen. (…) Friedensverträge, welche islamische Herrscher mit nicht-islamischen abschlossen, gelten nur als Waffenstillstände; deshalb wurden sie in der Regel für höchstens zehn Jahre abgeschlossen; zwei Rechtsschulen erlaubten nur drei bis vier Jahre Frieden. Die kurzen Fristen ermöglichten es den militärisch überlegenen Muslimen die Gegenseite unentwegt zu erpressen; auf diese Weise sind im Laufe der Jahrhunderte riesige Mengen an Geldern und Menschen an die muslimische Seite geflossen. Als sich die Kräfteverhältnisse verschoben, mußten muslimische Herrscher die Praxis ändern. So schloß 1535 Suleiman der Prächtige mit dem französischen König einen Frieden, der so lange gelten sollte, wie der Sultan lebte – ein Bruch mit der Tradition. (…)

Immer wieder wird bestritten, daß der jihad heute noch aktuell sei. Doch Peters kam in seiner großen Studie zum Ergebnis, daß auch im 19. und 20. Jahrhundert sehr viele Rechtsgelehrte der klassischen Doktrin anhängen. Er schreibt in seinem Buch “Islam and Colonialism”: “Modernistische Autoren unterstreichen den defensiven Aspekt des jihad und betonen, jihad außerhalb des islamischen Territoriums sei nur gestattet, wenn die friedliche Verbreitung des Islam behindert wird oder wenn Muslime, die unter Ungläubigen leben, unterdrückt werden. Demgegenüber weichen fundamentalistische Autoren kaum von der klassischen Doktrin ab und betonen den expansionistischen Aspekt.”

Der Haken dabei ist: die Modernisten vertreten in der Konsequenz genau dieselbe Lehre wie die Fundamentalisten. Denn der jihad ist ja berechtigt, wenn Muslime unterdrückt werden. Und ob Muslime unterdrückt werden, wer entscheidet das? Das entscheiden nicht die Gerichte in den säkularen Verfassungen, das entscheiden nicht die Menschenrechte. Das entscheiden die Normen der scharia. (…)

Die dritte Islamische Gipfelkonferenz von 1981 bekräftigte in ihrer 5. Resolution die Gültigkeit der jihad-Doktrin für die Gegenwart: “Die islamischen Länder haben in ihrer Resolution klargestellt, daß das Wort jihad in seinem islamischen Sinn gebraucht wird, der keine Interpretation oder Mißverständnis zuläßt, und daß die praktischen Maßnahmen zu seiner Erfüllung zu ergreifen sind in Übereinstimmung damit und in ständiger Konsultation zwischen den islamischen Ländern.” Das sagten nicht ein paar Spinner. Das sagten offizielle Vertreter von Staaten. Das war 20 Jahre vor dem 11. September 2001. Wenn das Leugnen aufhört, beginnt die Selbstbesinnung. Wir dürfen gespannt sein, wie diese Vergangenheitsbewältigung aussieht.

Der jihad führt zur Konversion, zur Tötung, zur Versklavung oder zur dhimmitude. Was ist das? In derscharia sind die Muslime die Herren, die Anhänger anderer Buchreligionen (Christen, Juden, Parsen) die Unterworfenen (dhimmi); dabei handelte es sich in der klassischen Zeit des Islam nicht um religiöse Minderheiten, sondern gewaltige Mehrheiten, vor allem in Syrien, Anatolien, Nordafrika (Christen):

Die Unterworfenen durften keine Waffen tragen, sie waren wehrunfähig, somit keine vollwertigen Männer; ihre Schuhe und ihre Kleider mußten speziell geschnitten sein, um sie kenntlich und lächerlich zu machen; Christen und Juden mußten besondere Farbmerkmale tragen (aus dieser Diskriminierung entstand der Judenstern). Ihre Häuser mußten niedriger sein, ihre Türschwellen abgesenkt. Sie durften nicht auf Pferden reiten, sondern nur auf Eseln, damit sie ständig an ihre Erniedrigung erinnert wurden. Sie zahlten einen besonderen Tribut, den sie persönlich entrichten mußten, wobei sie einen Schlag an den Kopf erhielten. Sie mußten vor Muslimen den Kopf senken und auf der linken Seite gehen. Sie mußten sich von Muslimen schlagen lassen ohne sich wehren zu dürfen; schlug ein Dhimmi zurück, dann wurde ihm die Hand abgehackt oder er wurde hingerichtet. Die Zeugenaussage eines Dhimmi galt nicht gegen Muslime. Muslime brauchten für Vergehen an einem Dhimmi nur halbe Strafe zu tragen; und wegen eines Dhimmi konnten sie nie hingerichtet werden; umgekehrt waren grausamste Hinrichtungsarten überwiegend den Dhimmi vorbehalten.

Die dhimmitude ist kein Nebenprodukt der islamischen Eroberungen, sondern ein offen verkündigtes Ziel des jihad selber. Die dhimmitude versetzte die Nicht-Muslime in eine radikale Inferiorität: Die Menschen in diesem Zustand als “Bürger zweiter Klasse” zu bezeichnen ist Schönrednerei. (…) Islamische Toleranz hieß: Duldung der Unterworfenen als Gedemütigte und Erniedrigte.

Sprechen wir von der Diskriminierung der Juden? 400 Jahre nach dem Islam schritt die Westkirche auf dem IV. Laterankonzil 1215 zu Maßnahmen, die uns barbarisch anmuten. Aber sie waren weitgehend eine Kopie der muslimischen Diskriminierungen. Mit einem Unterschied: wenn man die rechtlichen Bestimmungen vergleicht, dann ging die Entrechtung und Erniedrigung der Juden im Spätmittelalter nicht so weit wie in der dhimmitude. (…)

Kenner der Materie wissen das schon seit langem. Und die Leugner kommen immer mehr unter Druck und müssen ganze Forschungen diffamieren. Das passiert immer, wenn Durchbrüche in der Forschung sich anbahnen und wenn Paradigmenwechsel sich vollziehen. Das neue Paradigma könnte lauten: die rechtlich fixierte Unterdrückung Andersgläubiger – ausgenommen die Häresien – war unter dem Halbmond deutliche schwerer als unter dem Kreuz. (…)

Als Unterdrückungszustand hielt sich die dhimmitude mehr als tausend Jahre lang, bis der Druck der europäischen Mächte auf das osmanische Reich und schließlich die direkte Besetzung osmanischer Gebiete zu einer allmählichen Abmilderung der dhimmitude führte. Die islamischen Gesellschaften haben diedhimmitude nicht freiwillig abgeschafft, ebenso wenig wie die Sklaverei. Sie sind dazu gezwungen worden vom europäischen Imperialismus. (…)

Die scharia beinhaltet die dhimmitude. Egal wie abgemildert die scharia hier und dort ist: sie ist auf radikalste Weise anti-demokratisch und anti-menschenrechtlich. Die dhimmitude lebt wieder auf. Islamische Länder haben als letzte die Sklaverei abgeschafft; und einige von ihnen führen sie seit 15 Jahren wieder ein, so im Sudan. Die scharia lässt das zu; sie ist eine parafaschistische Ordnung. (…) Derscharia-Islam ist einer der schlimmeren Feinde von Menschenrechten und Demokratie.

Viele Muslime leugnen die dhimmitude. Aber es nützt genauso wenig etwas, wie den Genozid an den Armeniern zu leugnen oder den Genozid an den Juden. Die Leugnung selber muß jeden aufmerken lassen, dem die Menschenrechte heilig sind. Denn wer leugnet, ist unfähig zu erkennen, wer er kulturell ist und wie er geschichtlich dazu wurde. Unter der Maske des Antiimperialismus beschuldigen Muslime und islamophile Intellektuelle den Westen.

Der Unterschied ist freilich, daß der Westen von Anfang an, seit dem 16. Jahrhundert seine eigene Selbstkritik leistete und darum zu den Menschenrechten gelangte. Und eben diese kritische Aufarbeitung der eigenen Geschichte wird durch Leugnungen über die islamische Geschichte systematisch behindert. Wer die historische Wahrheit einfordert, wird als Kulturkrieger bezeichnet. Genau umgekehrt verhält es sich, Kulturkrieg führt, wer leugnet und wer Leugnungen mit Tabus und Sprechverboten zu sichern versucht. Wir erleben im Moment genau das. Wenn eine Seite diesen Krieg eröffnet, dann kann die andere Seite diesem Krieg nur ausweichen, indem sie einfach k
apituliert. Wollen die europäischen Intellektuellen diese Kapitulation?

Im August 1990 verabschiedeten die Außenminister der “Organisation der islamischen Konferenz” in Kairo einen Entwurf einer “Erklärung der Menschenrecht im Islam”. Die Erklärung (…) steht unter dem Vorbehalt, daß sie mit der scharia übereinstimmen müssen. Der Artikel 24 lautet: “Alle Rechten und Freiheiten, die in dieser Erklärung genannt werden, unterstehen der islamischen scharia.” Und im Artikel 25 liest man: “Die islamische scharia ist die einzige zuständige Quelle für die Auslegung oder Erklärung jedes einzelnen Artikels dieser Erklärung.”. Wenn die scharia den Menschenrechten übergeordnet ist, dann gibt es eben keine Menschenrechte, dann gilt eben die scharia. Stellen Sie sich vor, Franco, Hitler oder Stalin hätten die Menschenrechte ausgerufen; und Stalin hätte hinzugefügt: Alle diese Rechte unterstehen der kommunistischen Idee; und Hitler hätte hinzugefügt: Sie unterstehen der nationalsozialistischen Ordnung. Solche Menschenrechte sind keinen Pfifferling wert, weil die Verfasser sie im Prinzip leugnen. Anders gesagt: sie leugnen genau den Anspruch auf universale Menschenrechte, die von keiner Ordnung außer Kraft gesetzt werden dürfen.

In einer Diskussion berief sich in den 90er Jahren ein iranischer Ayatollah auf die Kairoer Erklärung, um die Ungleichheit zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen zu rechtfertigen: er argumentierte, die Menschen sind in ihrer Würde nur potentiell gleich, aktuell jedoch nach Graden der Tugend und der Rechtgläubigkeit verschieden. Da liegt der Hase im Pfeffer. Es gibt also keine Menschenrechte. Und es wird sie auch niemals als islamische Menschenrechte geben. Weil es absurd ist, nach islamischen Menschenrechten zu suchen.Menschenrechte sind weder christlich, noch europäisch, noch islamisch. Sie sind entweder universal oder sie sind nicht.

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(Quelle: Frankfurter Rundschau 30. 10. 2006)

Egon Flaig: Der Islam will die Welteroberung

Der Islam will die Welteroberung

15.09.2006 ·  Die Kriegsregeln sind flexibel, das Kriegsziel bleibt: Der Greifswalder Althistoriker Egon Flaig über Mohammeds kämpferische Religion.

„Dann wollen wir, daß die Fahne des Islam wieder über diesen Landschaften weht, die das Glück hatten, eine Zeitlang unter der Herrschaft des Islam zu sein und den Ruf des Muezzins Gott preisen zu hören. Dann starb das Licht des Islam aus und sie kehrten zum Unglauben zurück. Andalusien, Sizilien, der Balkan, Süditalien und die griechischen Inseln sind alle islamische Kolonien, die in den Schoß des Islam zurückkehren müssen. Das Mittelmeer und das Rote Meer müssen wieder islamische Binnenmeere wie früher werden.“ Diese Sätze stammen nicht von Al Qaida; sie finden sich im Programm, das der Gründer der Muslim-Brüderschaft Hassan Al Banna in einer Rede formulierte. Die Bruderschaft zählt heute Millionen und hat sich weit über Ägypten hinaus verbreitet. Ihre Intellektuellen agieren in Europa und in den Vereinigten Staaten; sie gelten als ,moderat“ und werden von den Medien entsprechend bedient. Planmäßige Rückgewinnung „verlorener“ Gebiete gehört in die Programme von Staaten, welche um territoriale Machtausübung kämpfen, also von politischen Gemeinschaften. Wie kann sie ins Programm einer Religion gehören? Ist der Islam eine Religion wie andere?

Seit Beginn der klassischen Zeit zwischen dem neunten und dem elften Jahrhundert teilen die islamischen Juristen die Welt in zwei Teile, nämlich das „Haus des Islam“ und das „Haus des Krieges“. Diese Zweiteilung hängt nicht davon ab, wo Muslime in großer Anzahl leben oder gar die Mehrheit darstellen, sondern davon, wo der Islam herrscht – in Gestalt der Scharia – oder wo er nicht herrscht. Diese Dichotomie ist also keine religiöse, sondern eine politische. Zwischen diesen beiden Teilen der Welt herrscht naturgemäß so lange Krieg, bis das Haus des Krieges nicht mehr existiert und der Islam über die Welt herrscht (Sure 8, 39 und 9, 41). Daher besteht nach klassischer Lehre für die muslimische Weltgemeinschaft die Pflicht, gegen die Ungläubigen Krieg zu führen, bis diese sich bekehren oder sich unterwerfen.

Dieser Krieg heißt Dschihad. Lautete der Missionsauftrag Jesu, alle Völker zu bekehren, ihnen aber ihre politische Ordnung zu lassen, so besteht das Ziel des Islam darin, alle Nichtmuslime politisch zu unterwerfen, ihnen aber ihre Religion zu lassen, falls es Buchreligionen sind. Der allgemeine Befehl Gottes zum Dschihad wird entnommen aus Sure 9, 29. Gewiß, winzige pazifistische Strömungen im Islam haben diese Interpretation nicht akzeptiert. Die Schiiten akzeptieren sie zwar, verlangen aber, daß ein echter Imam die muslimische Gemeinschaft anführt (und auf einen solchen warten sie schon mehr als dreizehn Jahrhunderte), daher gilt für sie vorläufig nur der defensive Dschihad, also falls die muslimische Gemeinschaft angegriffen wird.

Dagegen haben die andere Strömungen, etwa die sogenannten charidschitischen, die Aussage von Sure 9, 29 radikalisiert: Sie sehen im Dschihad eine individuelle Pflicht jedes tauglichen Muslim, welche als sechste Säule neben den anderen fünf kardinalen Pflichten steht. Konsequenz dieser Lehre: Wenn jeder entweder an der kollektiven Kriegführung gegen die Ungläubigen teilnehmen muß oder – falls die muslimische Gemeinschaft dafür momentan zu schwach ist – allein, gruppenweise auf eigene Faust kriegerisch agieren muß, dann sind Attentate und Terroranschläge das Richtige. Was die Charidschiten für den offensiven Dschihad verlangen, gilt bei den meisten Vertretern der orthodoxen Lehre der Sunna für den defensiven: Wird der Islam angegriffen oder islamisches Territorium von Ungläubigen besetzt, dann wird der Dschihad zur individuellen Pflicht; eine Fatwa des Großmufti der Al-Azhar-Universität in Kairo von 1948 – gerichtet gegen Israel – läßt daran keinen Zweifel. Jedwede feindliche Macht, welche sich an die Haager Landkriegsordnung hält und streng unterscheidet zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten, gerät hierbei in größte Schwierigkeiten.

Der Kriegszustand dauert an, bis das Haus des Krieges vernichtet und die Welt erobert ist. Darum nennt Majid Khadduri den Islam eine „göttliche Nomokratie auf imperialistischer Basis“. Friedensverträge, welche islamische Herrscher mit nichtislamischen abschlossen, gelten nur als Waffenstillstände; deshalb wurden sie in der Regel für höchstens zehn Jahre abgeschlossen; zwei Rechtsschulen erlaubten nur drei bis vier Jahre Frieden. Die kurzen Fristen ermöglichten es den militärisch überlegenen Muslimen, die Gegenseite unentwegt zu erpressen; auf diese Weise sind im Laufe der Jahrhunderte riesige Mengen an Geldern und Menschen an die muslimische Seite geflossen. Als sich die Kräfteverhältnisse verschoben, mußten muslimische Herrscher die Praxis ändern. So schloß 1535 Suleiman der Prächtige mit dem französischen König einen Frieden, der so lange gelten sollte, wie der Sultan lebte – ein Bruch mit der Tradition. Christliche Theologen versuchten – angesichts einer Pluralität von Staaten – zu definieren, was ein „gerechter“ Krieg war und was nicht; Kriege einzig um des Glaubens willen galten überwiegend nicht als gerecht. Für muslimische Gelehrte ist hingegen das „Haus des Islam“ eine politische Einheit, welche keinen inneren Krieg duldet; darum ist allein der Krieg zur Unterwerfung der Ungläubigen legitim gewesen und obendrein Pflicht, wie der berühmte Gelehrte Ibn Chaldun im vierzehnten Jahrhundert kategorisch sagt: „Im Islam ist der Dschihad gesetzlich vorgeschrieben, weil er einen universalen Auftrag hat und gehalten ist, die gesamte Menschheit freiwillig oder gezwungen zur Religion des Islam zu bekehren.“

Die Kriegsregeln des Dschihad sind flexibel. Von der Schonung über Massenversklavung bis zur massenhaften Tötung ist nach Khadduri alles möglich, genau wie bei Griechen und Römern. Das unterscheidet die heiligen Kriege des Islam fundamental von denjenigen des alttestamentlichen Israel, welche vorsahen, daß außerhalb Israels alles Männliche zu töten, auf israelischem Boden hingegen alles Lebendige überhaupt zu vernichten war (Deuteronom. 20, 10-20). Wir pflegen uns darüber zu empören, was die Kreuzfahrer 1099 in Jerusalem anrichteten. Indes, die Kreuzfahrer handelten nach gängigem Kriegsrecht; muslimische Eroberer taten derlei unentwegt und überall: 698 traf es Karthago, 838 Syrakus; der berüchtigte Wesir des Kalifat
s von Córdoba, Al Mansur, führte in siebenundzwanzig Jahren fünfundzwanzig Feldzüge gegen die christlichen Reiche Nordspaniens, versklavend, vernichtend und verwüstend; es traf Zamora (981), Coimbra (987), León, zweimal Barcelona (985 und 1008), dann Santiago de Compostela (997).

Am furchtbarsten verwüsteten die Dschihads das damals noch so städtereiche byzantinische Anatolien; das Massaker von Amorium (838) ist lange ein Fanal geblieben; die städtische Kultur Anatoliens hat sich davon nie wieder erholt.

Der Seldschuke Alp Arslan ließ ganze armenische Städte massakrieren, am furchtbarsten 1064 die Hauptstadt Ani. Mehr als berechtigt darum das Urteil von Bat Ye’or: „Die Maßlosigkeit, die Regelmäßigkeit und der systematische Charakter der von den islamischen Theologen zur Norm erhobenen Verwüstungen unterscheiden den Dschihad von anderen Eroberungskriegen.“ Gewiß, die Massenversklavung blieb das beliebteste Kriegsziel. So entstand schon im achten Jahrhundert die größte Sklavenhaltergesellschaft der Weltgeschichte; sie benötigte eine ständige Zufuhr immer neuer Sklaven; sie transformierte den afrikanischen Kontinent zum größten Sklavenlieferanten, ein Schicksal, welchem Europa knapp entkam.

Singulär ist die enorme Geschwindigkeit, mit der binnen neunzig Jahren ein arabisches Großreich zwischen Südfrankreich und Indien entstand, ohne daß ein einzelner Eroberer die Expansion gelenkt hätte. Der erfolgreichste Imperialismus der Weltgeschichte erregte nicht zuletzt die Bewunderung Hegels: „Nie hat die Begeisterung als solche größere Taten vollbracht.“ Wenn „Begeisterung“ solches vermochte, worauf beruhte sie? Die Antwort ist einfach: auf dem Märtyrertum. Ein Ereignis des Jahres 963 in Konstantinopel illustriert das: Kaiser Nikephoros Phokas hatte soeben die arabischen Besatzer aus Kreta vertrieben; nun plante er einen großen Krieg, um Ostanatolien und Nordsyrien von der muslimischen Herrschaft zu befreien. Ein Konzil sollte ihm helfen; eindringlich bat er die versammelten Bischöfe, sie sollten Soldaten, die im bevorstehenden Kampf fielen, zu Märtyrern erheben. Diesen Soldaten wäre also das Paradies sicher gewesen. Der Patriarch stellte sich gegen den Kaiser: Kein kirchliches Konzil sei imstande, Gottes Ratschluß zu antizipieren; allein Gott entscheide über das Heil.

Eine welthistorische Schlüsselszene. Der Kaiser wußte, was auf dem Spiele stand. Immer wieder hatten die Byzantiner erleben müssen, wie die muslimischen Truppen mit einer Tapferkeit kämpften, zu der die Christen nicht imstande waren. Gefallene Muslime gelten als Märtyrer für den Glauben und marschieren als Gefallene geradewegs ins Paradies. In den beiden Religionen unterscheidet sich der Begriff des Märtyrers fundamental. Christliche Märtyrer imitieren das Leiden Jesu, erleiden passiv Folter und Tod; muslimische Märtyrer sind aktive Kämpfer.

Maßgeblich für die Todesbereitschaft der Krieger ist das unverbrüchliche Versprechen, daß, wer für seinen Glauben stirbt, das ewige Heil erhalte (Sure 4, 74-76). Muslime sollten einer zehnfachen Übermacht standhalten (Sure 8, 66-67); spätere Rechtsgelehrte erlaubten, wie Khadduri schreibt, den Rückzug, falls man einer mindestens doppelten Übermacht des Feindes gegenüberstand. Da die entscheidende Ressource jedes Krieges der kämpfende Mensch und seine Opferbereitschaft ist, half es den Byzantinern nichts, technisch den Arabern und Seldschuken gleichwertig zu sein; langfristig mußten sie unterliegen, falls ihre Kampfmoral nicht dieselbe Höhe erreichte. Höhere Todesbereitschaft bringt enorme Vorteile in der Gefechtssituation: so lassen sich waghalsige Operationen angehen und kühne Manöver, die den Feind überraschen und verwirren; so lassen sich Siege erzwingen, die technisch und materiell fast nicht möglich scheinen, und Schlachten gewinnen, die unter üblichen Bedingungen verloren sind.

Nikephoros wußte um die militärischen Konsequenzen von Sure 4, 74-76; er war der erste, der die prinzipielle kriegerische Unterlegenheit der christlichen Religion zu korrigieren suchte. Doch die Bischöfe der Ostkirche sahen sich außerstande, ihre Theologie so zu manipulieren, daß ein kriegerisches Märtyrertum hätte entstehen können. Dabei blieb es. Die byzantinischen Kaiser mußten ihre schweren Abwehrkriege gegen die ständigen sarazenischen und seldschukischen Aggressionen führen, ohne daß ihnen die Religion dort half, wo Hilfe am nötigsten war.

Erst die Westkirche veränderte die theologisch-politische Situation: als Papst Urban II. 1095 zum ersten Kreuzzug aufrief, versprach er den christlichen Kriegern den Erlaß der Sünden: Gefallene Kreuzeskrieger umgingen demnach das göttliche Gericht; sie wurden insofern den Märtyrern gleichgestellt, obschon ihnen dieser Name verwehrt blieb. Der Papst als Oberhaupt einer monarchisch organisierten Kirche tat genau das, was ein Konzil östlicher Bischöfe nicht vermochte: Er verfügte über das Heil. Die Papstkirche konnte nun ebensolche „Heiligen Kriege“ führen, wie der Islam es seit Jahrhunderten zu tun pflegte. Worin unterscheiden sich dann Kreuzzüge und Dschihad? Kreuzzüge konnte allein der Papst ausrufen; daher blieben sie sehr selten – verglichen mit den unzähligen, unaufhörlichen und ubiquitären Dschihads der islamischen Welt.

Und die Ziele von Kreuzzügen blieben genau begrenzt; im November 1095 nannte Urban II. in Clermont Grund und Ziel des Kreuzzuges: „Es ist unabweislich, unseren Brüdern im Orient eiligst Hilfe zu bringen. Die Türken und die Araber haben sie angegriffen und sind in das Gebiet von Romanien (Konstantinopel) vorgestoßen; und indem sie immer tiefer eindrangen in das Land dieser Christen, haben sie diese siebenmal in der Schlacht besiegt, haben eine große Anzahl von ihnen getötet und gefangengenommen. Wenn ihr ihnen jetzt keinen Widerstand entgegensetzt, so werden die treuen Diener Gottes im Orient ihrem Ansturm nicht länger gewachsen sein.“ Die ersten Kreuzzüge bezweckten, entweder bedrängten Christen zu Hilfe zu kommen oder die Heiligen Stätten in Palästina zu befreien oder von den Muslimen unterworfene Christen zu befreien. Dagegen hielten die muslimischen Rechtsgelehrten immer am Endziel fest, das „Haus des Krieges“ zu erobern und alle Ungläubigen zu unterwerfen.

Urban II. sah richtig. Wäre Konstantinopel schon 1100 gefallen, dann hätte die enorme militärische Kraft der türkischen Heere Mitteleuropa vierhundert Jahre früher heimgesucht. Dann wäre die vielfältige europäische Kultur wahrscheinlich nicht entstanden: keine freien städtischen Verfassungen, keine Verfassungsdebatten, keine Kathedralen, keine Renaissance, kein Aufschwung der Wissenschaften; denn im islamischen Raum entschwand das freie – griechische! – Denken eben in jener Epoche. Jacob Burckhardts Urteil – „Ein Glück, daß Europa sich im ganzen des Islams erwehrte“ – heißt eben auch, daß wir den Kreuzzügen ähnlich viel verdanken wie den griechischen Abwehrsiegen gegen die Perser.

Indes, wurden Kreuzzüge nicht häufig mißbraucht? Gewiß. Kreuzzüge „entgleisten“ und wurden „zweckentfremdet“, wie etwa jener, der 1204 zur Eroberung des christlichen Konstantinopel führte. Doch das passierte mit Dschihads weitaus häufiger. Wenn die Sklaven knapp wurden, führten Emire nicht nur Dschihads gegen nichtmuslimische Völker, welche zu versklaven geboten war, sondern immer häufiger auch gegen islamisierte Völker, unter dem Vorwand, es seien keine wahren Muslime. Das geschah vorwiegend in Afrika und gegen Schwarzafrikaner, so, als zuerst Songhay 1468, dann die Marokkaner 1552 Mali überfielen, so auch, als seit dem achtzehnten Jahrhundert religiöse Reformer im Sahel ihre Dschihads gegen die muslimisierten Haussa-Städte führten, woraus das Kalifat Sokoto entstand – mit der drittgrößten Sklavenmenge nach Brasilien und den amerikanischen Südstaaten. An den Folgen dieser immer weiter gehenden Dschihads mit ihren Genoziden und Massenversklavungen leidet Afrika bis heute.

Indes, für welche politische Ordnung führten die Muslime ihre Heiligen Kriege mit dieser Vehemenz und diesem Erfolg? Für die Scharia. Eine politische Ordnung, die erstens Herren und Unterworfene streng absondert, zweitens die politische und soziale Ordnung der menschlichen Verfügung weitgehend entzieht. Bleiben wir beim ersten Aspekt: In der Scharia sind die Muslime die Herren, die Anhänger anderer Buchreligionen – Christen, Juden, Parsen, Buddhisten – Unterworfene, „Dhimmi“; dabei handelte es sich nicht um religiöse Minderheiten, sondern um gewaltige Mehrheiten, vor allem in Syrien, in Anatolien, oder um die Christen Nordafrikas.

Die Unterworfenen durften keine Waffen tragen, sie waren wehrunfähig, somit keine vollwertigen Männer. Christen und Juden mußten besondere Farben oder Kleidungsstücke tragen (diese Diskriminierung führte zum Judenstern), um als „Dhimmi“ kenntlich zu sein; sie durften nicht auf Pferden reiten, sondern nur auf Eseln, damit sie ständig an ihre Erniedrigung erinnert wurden; sie zahlten einen Tribut (Jizya), den sie persönlich entrichteten, wobei sie einen Schlag an den Kopf erhielten. Sie mußten sich von Muslimen schlagen lassen, ohne sich wehren zu dürfen; schlug ein „Dhimmi“ zurück, dann wurde ihm die Hand abgehackt, oder er wurde hingerichtet. Die Zeugenaussage eines „Dhimmi“ galt nicht gegen Muslime; diese brauchten für Vergehen an einem „Dhimmi“ nur halbe Strafe zu tragen; und wegen eines solchen Unterworfenen konnten sie nie hingerichtet werden. Umgekehrt waren grausamste Hinrichtungsarten überwiegend den „Dhimmi“ vorbehalten.

Sogar jene Diskriminierung der Juden, zu der vierhundert Jahre nach dem Islam die Westkirche auf dem IV. Laterankonzil von 1215 schritt und die uns so barbarisch anmutet, bezweckte und erreichte keine Erniedrigung dieses Ausmaßes. Eine besondere Drangsalierung brachte die türkische Herrschaft: seit 1360 wurde in unregelmäßigen Abständen bis zu einem Fünftel aller christlichen Kinder in die Sklaverei abgeführt. Sie wurden zwangsbekehrt.

Diese Sklavenmenge dürfte im Laufe von vier Jahrhunderten in die Millionen gegangen sein; davon wurden Hunderttausende ausgewählter Knaben zu fanatischen Muslimen und zu Elitekämpfern erzogen, zu den berüchtigten Janitscharen: eine Politik zur systematischen Vermehrung der muslimischen Bevölkerung und zur allmählichen Auslöschung der Christen. Sie hatte Erfolg. Die „Dhimmitude“ versetzte die Nichtmuslime in eine radikale Andersheit: Die Menschen in diesem Zustand als „Bürger zweiter Klasse“ zu bezeichnen ist Schönrednerei. Wie der Nationalsozialismus die Menschen in Herren- und Untermenschen auf rassischer Basis spaltete, so hat es die Scharia auf religiöser Basis getan. Als erste Weltreligion schuf der Islam eine Apartheid, in der die christlichen oder auch parsischen Mehrheiten kolonisiert und allmählich islamisiert wurden. Islamische Toleranz hieß: Duldung der Unterworfenen als Gedemütigte und Erniedrigte. All das ist durch Studien zur „Dhimmitude“ bekannt. Aber wer will von den millionenfachen Opfern hören?

Der Islam hat riesige Territorien religiös „gesäubert“: der zweite Kalif machte den Hidjaz, also Arabien außer dem Jemen, „christenrein“ und „judenrein“; die Alternative hieß Konversion oder Vertreibung. Das hat – von alttestamentlichen Fällen abgesehen – niemals zuvor eine Religion gemacht. Ebenso „reinigten“ die Almohaden und Almoraviden ihr Spanien nach dem Zusammenbruch des Kalifats 1031: Zehntausende Juden wie Christen mußten entweder konvertieren oder ins christliche Nordspanien oder in die Levante fliehen. Gewiß, englische und französische Könige und dann die Könige Spaniens selber taten später das gleiche; sie wandten dabei ein muslimisches Rezept an.

Und die Pogrome? Seit dem Kalifen Al-Mutawakkil (847 bis 861) schwappten immer wieder Verfolgungen über den Orient und Nordafrika, wobei Juden und Christen zwangsbekehrt, vertrieben oder massakriert wurden. Die ständige Zerstörung von Kirchen ging bis ins vorletzte Jahrhundert weiter. Allmählich zerlaufen auf dem verklärten Bild des muslimischen Spanien, welches der europäische Antiimperialismus im neunzehnten Jahrhundert geschaffen hat, die blumigen Farben. Sorgfältige Aufarbeitung der Dokumente bringen darunter ein anderes Bild zum Vorschein. Dort kam es 889 in Elvira und 891 in Sevilla zu umfassenden Pogromen gegen Christen. Im marokkanischen Fez wurden 1033 über 6000 Juden massakriert. 1058 wurde das christliche Antiochia unter Folter und Todesdrohungen muslimisch gemacht.

Das erste große Pogrom gegen Juden auf europäischem Boden fand 1066 im muslimischen Granada statt; dabei kamen 1500 jüdische Familien um. 1135 wurde das Judenviertel Córdobas niedergebrannt, die Zahl der Massakrierten nicht zu wissen mag heilsam sein. 1159 standen sämtliche Christen von Tunis vor der Wahl, zu konvertieren oder zu sterben. Um diese Zeit wurde das ehemals so vitale Christentum Nordafrikas vollends vernichtet. Die Pogrome im christlichen Herrschaftsgebiet sind kein Ruhmesblatt der europäischen Kultur; aber ihre Ausmaße bleiben zurück hinter jenen der islamischen Welt. Wir brauchen dringend eine vergleichende Geschichte religiöser Unterjochung.

Reden wir von Integration der Juden? Nirgendwo unter der Herrschaft des Islam, und auch nicht im spanischen Kalifat, waren Juden Bürger ihrer Stadt; sie blieben stets Unterworfene. In manchen deutschen Städten – Worms, Augsburg und anderen – des Hochmittelalters waren die Juden Stadtbürger besonderen Rechts, sie hatten das Recht, Waffen zu tragen, und waren bessergestellt als ärmere christliche Einwohner. Sie waren bis ins vierzehnte Jahrhundert, als sich ihre Situation verschlechterte, weit besser integriert, als die Juden im muslimischen Spanien es jemals sein konnten. Wer die politische Integration für die wichtigste hält, kann nicht umhin, Augsburg über Córdoba zu stellen. All das ist seit über fünfzehn Jahren wissenschaftlich bekannt. Aber wer will es hören?

Seine Vergangenheit nicht zu kennen heißt, sie wiederholen zu müssen. Wer weiterhin das Märchen von der islamischen Toleranz verbreitet, behindert jene muslimischen Intellektuellen, die ernsthaft an jener Reform des Islam arbeiten, die im neunzehnten Jahrhundert so erfolgversprechend begann. Denn er beraubt sie der Chance, eine Vergangenheit zu überwinden, die ansonsten zur abscheulichen Gegenwart zu werden droht. Gelänge es den Reformern, den Islam radikal zu entpolitisieren, dann könnten die Muslime zu wirklichen Bürgern in ihren Staaten werden. Übrig bliebe jene hochgradig spirituelle Religion, die nicht nur Goethe fasziniert hat: Hegel nannte den Islam die „Religion der Erhabenheit“. Dazu könnte er werden.

Quelle: F.A.Z., 16.09.2006, Nr. 216 / Seite 35

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Iran’s Vice President Makes Anti-Semitic Speech at Forum

TEHRAN — Iran’s vice president delivered a baldly anti-Semitic speech on Tuesday at an international antidrug conference here, saying that the Talmud, a central text of Judaism, was responsible for the spread of illegal drugs around the world.

European diplomats in attendance expressed shock. Even Iranian participants in the conference, co-sponsored by Iran and the United Nations, privately wondered at their government’s motive for allowing such a speech, even given its longstanding antagonism toward Israel. More than 25,000 Jews live in Iran, and they are recognized as a religious minority, with a representative in Parliament….

Mr. Rahimi, second in line to President Mahmoud Ahmadinejad, said the Talmud teaches to “destroy everyone who opposes the Jews.”

The “Zionists” are in firm control of the illegal drug trade, Mr. Rahimi said, asking foreign dignitaries to research his claims. “Zionists” is Iran’s ideological term for Jews who support the state of Israel.

“The Islamic Republic of Iran will pay for anybody who can research and find one single Zionist who is an addict,” Mr. Rahmini said. “They do not exist. This is the proof of their involvement in drugs trade.”

Mr. Rahimi, who spoke after Mr. De Leo, told stories of gynecologists’ killing black babies on the orders of the Zionists and claimed that the Bolshevik Revolution in 1917 was started by Jews, adding that mysteriously, no Jews died in that uprising.

He also said the Talmud teac
hes Jews to think that they are a superior race. “They think God has created the world so that all other nations can serve them,” he said. Halfway through his speech, Mr. Rahimi said there was a difference between Jews who “honestly follow the prophet Moses” and the Zionists, who are “the main elements of the international drugs trade.”

A European diplomat said afterward: “This was definitely one of the worst speeches I have heard in my life. My gut reaction was: why are we supporting any cooperation with these people?”

But the diplomat, who declined to be identified by name or country, defended his presence at the conference. “If we do not support the United Nations on helping Iran fight drugs, voices like the one of Mr. Rahimi will be the only ones out there,” he said.

Source: NYT