Lowe’s backs away from new reality show about Muslims

Lowe’s, a national hardware chain pulled its advertising from a planned reality show that depicts the lives of Muslims in America after folding under pressure from family groups.

Retail giant Lowe’s announced Friday that it would not be advertising during the TLC show titled All-American Muslim, which premièred in mid-November.

This decision came after a conservative group, the Florida Family Association, released a statement urging companies to drop their scheduled advertisements because the show threatens the group’s beliefs.

‘All-American Muslim is propaganda clearly designed to counter legitimate and present-day concerns about many Muslims who are advancing Islamic fundamentalism and Sharia law,’ the Florida Family Association statement read.

‘The show profiles only Muslims that appear to be ordinary folks while excluding many Islamic believers whose agenda poses a clear and present danger to the liberties and traditional values that the majority of Americans cherish.’

The show is based in Dearborn, Michigan, follows the lives of a number of Muslim families. One of the stars is a police officer, another a football coach, and the show chronicles their family’s daily lives.

‘Clearly this program is attempting to manipulate Americans into ignoring the threat of jihad and to influence them to believe that being concerned about the jihad threat would somehow victimize these nice people in this show,’ the Florida Family Association said on its website.

The group emailed companies that advertised during the first episode of the series on November 13, and claims that 65 of those companies did not run further advertisements during later episodes. They list those companies on the group’s website and they include McDonalds, Ikea, and General Motors.

As for Lowe’s, a company representative emailed the family group saying that they would not be advertising on the program because of the subject matter. 

‘While we continue to advertise on various cable networks, including TLC, there are certain programs that do not meet Lowe’s advertising guidelines, including the show you brought to our attention. Lowe’s will no longer be advertising on that program,’ the email read.

Lowe’s spokesman Katie Cody clarified, insisting that the reason why they stopped their ads was not solely the Florida Family Association.

‘We understand the program raised concerns, complaints, or issues from multiple sides of the viewer spectrum, which we found after doing research of news articles and blogs covering the show,’ she said.

‘It is certainly never Lowe’s intent to alienate anyone,’ she continued.

In spite of the controversy, the channel assured viewers that they will not be changing their scheduled line-up anytime soon.< /font>

‘There are no plans to pull the show. The show is going to continue as planned,’ said TLC spokesman Laurie Goldberg.


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Source: http://www.dailymail.co.uk/news/article-2072499/All-American-Muslim-Advertisers-away-TLCs-new-reality-show.html

Gewährte Polen der RAF Unterschlupf?

Am 20. Dezember 1978 lag auf dem Schreibtisch des DDR-Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke, eine „Information“ der Stasi-Abteilung XXII mit dem Aufdruck „Streng geheim“. Die Abteilung unter Oberst Harry Dahl war wenige Jahre zuvor zur „Abwehr, Kontrolle und Bearbeitung terroristischer Gefahren“ aufgebaut worden. Im Herbst 1978 hieß das in der Praxis: Dahls Leute hielten Kontakt zur linksextremistischen Szene der Bundesrepublik, zu den Terroristen der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) sowie der „Bewegung 2. Juni“.

Ende Dezember 1978 aber hatte es den Anschein, als sei dieser Kontakt zeitweise gestört. Der Terror der RAF hatte im Jahr zuvor mit den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback, dem Bankier Jürgen Ponto und dem Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer sowie der Entführung des Lufthansa-Flugzeuges „Landshut“ seinen blutigen Höhepunkt erreicht. 1978 dagegen befanden sich die Terroristen in der Defensive. Am 11. Mai waren vier RAF-Mitglieder – Brigitte Mohnhaupt, Sieglinde Hoffmann, Peter-Jürgen Boock und Rolf-Clemens Wagner – in Jugoslawien verhaftet worden. Der Diktator Tito weigerte sich aber, sie nach Westdeutschland auszuliefern, nachdem die Bundesrepublik sich nicht bereit erklärt hatte, im Gegenzug acht kroatische Dissidenten an Jugoslawien zu überstellen.

Der Westen wusste wohl Bescheid

Seit November 1978 nun fehlte aus Sicht der Stasi von den vieren jede Spur – bis zum 20. Dezember, als jenes geheime Papier auf Mielkes Tisch lag. In dieser „Information“, die der F.A.Z. vorliegt, vermeldete Dahl, der Terrorspezialist des Ministeriums in der verquasten Sprache der Stasi, seiner Abteilung lägen „vorgangsbezogene Hinweise“ vor, laut denen Mohnhaupt, Hoffmann, Boock und Wagner nach ihrer jugoslawischen Episode im sozialistischen Bruderland Polen Unterschlupf gefunden hätten. Man habe erfahren, dass ein „polnischer Bürger“ die Botschaft der Bundesrepublik in Warschau darüber in Kenntnis gesetzt habe. Dieser „Verräter“ habe den westdeutschen Diplomaten dabei wertvolles Material angeboten.

Bei diesem Material soll es sich um Aufzeichnungen von Gesprächen der RAF-Leute mit Gesinnungsgenossen in Jugoslawien, Fotos der Flüchtigen und ihrer Diplomatenpässe, Bilder angeblicher „Funkstationen“ in Westdeutschland, mit denen sie mit der Szene daheim Verbindung hielten, sowie ein Schreiben mit „Anweisungen“ Brigitte Mohnhaupts an die Unterstützer in Deutschland gehandelt haben. Außerdem soll der polnische Informant Hinweise auf geplante Anschläge geliefert haben. „Durch die BRD Botschaft in Warschau“, berichtet Dahl schließlich, „wurden die zuständigen Bonner Regierungsstellen von diesem Sachverhalt benachrichtigt.“

Das Dokument, das die polnischen Fernsehjournalisten Jacek Daciow, Witold Gadowski und Przemyslaw Wojciechowski bei der Berliner Birthler-Behörde aufgespürt haben, könnte geeignet sein, die Geschichte der RAF zumindest punktuell umzuschreiben. Bisher galt es als sicher, dass die vier in Jugoslawien festgesetzten Terroristen im November 1978 nach Südjemen weitergereist seien. Dass eine „polnische Episode“ dazwischen gelegen haben könnte, war bislang nicht bekannt. Besondere Brisanz erhält der Bericht der Stasi aber noch durch einen anderen Aspekt: Die genaue Kenntnis der Stasi über Vorgänge in „Bonner Regierungsstellen“ führt zur Frage, ob die DDR damals einen „Maulwurf“ in den zuständigen Behörden hatte, etwa im Auswärtigen Amt oder in der deutschen Botschaft in Warschau.

Hinweis auf DDR-Spion in der Bundesregierung

In der Berliner Birthler-Behörde sieht man den Wert des neu aufgetauchten Papiers allerdings mit gewisser Skepsis. Tobias Wunschik, der Fachmann des Hauses für Kontakte zwischen RAF und Stasi, weist darauf hin, dass Form und Sprache der geheimen „Information“, die Oberst Dahl damals dem „Genossen Minister“ Mielke vorlegte, darauf hindeuten, dass er selbst von der Zuverlässigkeit seiner Quellen nicht überzeugt war. So spricht er etwa von „vorgangsbezogenen Ersthinweisen“ auf einen „möglichen“ Aufenthalt von Personen in Polen, die mit den gesuchten vier Terroristen „identisch sein sollen“. Auch fehlt in dem Schreiben jeder Hinweis auf eine Quelle – einen Stasi-Spion in den westdeutschen Apparaten etwa oder eine technische Abhörstelle. Dies deutet nach Wunschiks Einschätzung ebenfalls darauf hin, dass die Stasi hier keine aus ihrer Sicht völlig sicheren Quellen besaß. „Diese Formulierungen heißen: Da hat uns jemand etwas gesteckt, was wir nicht prüfen konnten“, sagt Wunschik. Zudem enthielten die Informationen des mutmaßlichen polnischen Überläufers einige Ungereimtheiten – so sei praktisch ausgeschlossen, dass die RAF Ende 1978 in der Bundesrepublik tatsächlich „Funkstationen“ unterhalten habe.

Das polnische Fernsehteam, welches das Dokument aufgespürt hat, kommt allerdings zu anderen Folgerungen. Zwar hat Boock, der heute in Süddeutschland lebt, den Journalisten (nach ihren Angaben gegen eine Entschädigung von 500 Euro) ein Interview gegeben und den Aufenthalt in Polen bestritten. Andererseits aber haben Daciow, Gadowski und Wojciechowski einen ehemaligen Offizier der polnischen Spionageabwehr ausfindig gemacht, der, wie sie berichten, unter dem Schutz der Anonymität bestätigt habe, dass Hofmann, Mohnhaupt, Boock und Wagner tatsächlich damals für etwa sechs Wochen in Polen gewesen seien – in einem geheimen Geheimdienststützpunkt in einem Wald bei Nowy Zyzdroj (Neu Sysdroy) im ehemals deutschen Masuren. Was die vier damals in Polen konkret getan haben, ist jedoch auch diesem anonymen Zeugen unbekannt. Da allerdings in jenen Jahren Untergrundkämpfer aller Art (unter anderem der Terrorist Carlos und Mitglieder der Leibgarde Jassir Arafats) in Polen ein- und ausgingen, um sich von polnischen Geheimdienstleuten im Untergrundkampf ausbilden zu lassen sowie um sich mit Waffen zu versorgen, könnte nach den Recherchen des polnischen Fernsehteams vermutet werden, dass auch die vier Deutschen Schulungen in Konspiration und Waffenbedienung durchlaufen haben könnten.

Offen bleibt bis heute die Frage des möglichen DDR-Spions in der deutschen Botschaft in Warschau oder an anderen Stellen in den „zuständigen Bonner Regierungsstellen“. Oberst Dahl von der Stasi hatte offenbar detaillierte Kenntnisse aus dem Inneren der westdeutschen Apparate, doch sein Bericht an Mielke lässt offen, was die Quelle dieses Wissens war. Das Auswärtige Amt hat sich am Freitag dazu nicht geäußert. Ein Sprecher teilte zwar mit, man habe in Bonn schon vor der vorübergehenden Festsetzung der vier Terroristen in Jugoslawien „Hinweise“ erhalten, dass RAF-Mitglieder sich in Polen aufhalten könnten. Ob aber die deutsche Botschaft in Warschau nach der Jugoslawien-Episode der RAF, also im November und Dezember 1978, konkret über die mutmaßliche Polen-Reise der vier Gesuchten berichtet habe, ließ der Sprecher offen. Auch die Frage, ob es Hinweise auf einen Stasi-Agenten in den Apparaten der Bundesrepublik gegeben habe, der diese Information nach Ost-Berlin weiterleitete, ließ das Auswärtige Amt unbeantwortet.

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Vereint gegen Israel? Die DDR und der Linksterrorismus

Angesichts der Brandanschläge auf die Bahn in Berlin und Brandenburg warnt die Gewerkschaft der Polizei bereits vor einer neuen RAF. Eine ahistorische Einschätzung – aus zahlreichen Gründen. So gab es im Gegensatz zu heute beispielsweise in den 1970er und 1980er Jahre einen Linksterrorismus in verschiedenen Ländern – und die Terroristen wurden aus dem Ostblock unterstützt. Eine Kontinuität zu Teilen der heutigen linksradikalen Szene gibt es aber: Die Ideologie des Anti-Imperialismus, welche die Welt übersichtlich in gut (unterdrückte Völker) und böse (Imperialisten) aufteilt. Wie die DDR und der westdeutsche Linksterrorismus vereint gegen Israel agierten, zeigt der folgende Beitrag.

Von Martin Jander (Jander hielt diesen Vortrag auf Einladung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin und Potsdam)

Besonders stolz macht mich, dass mich Dr. Martin Kloke für diesen Vortrag angefragt hat, der, wie Sie hoffentlich alle wissen, das maßgebliche Buch über das Verhältnis der deutschen Linken nach dem Nationalsozialismus zu Israel[1] verfasst hat.

Ich kam zu diesem Thema auf verschiedenen Wegen. Ich habe an der Freien Universität in West-Berlin Geschichte, Germanistik und Politische Wissenschaften studiert und begann ausgerechnet im Frühjahr 1974. Am 9. November des Jahres starb, nach einem langen Hungerstreik der Häftlinge der ersten Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) Holger Meins. Man muss genauer sagen, er hat sich zu Tode gehungert. Das Thema RAF und bewaffneter Terrorismus hat mich seither nicht mehr losgelassen. Ich wollte und will verstehen, was das eigentlich war.

Ich will nicht verhehlen, dass ich damals sehr empört und skeptisch reagierte, als die Nachricht vom Tod Holger Meins veröffentlicht wurde, ein RAF-Sympathisant war und wurde ich freilich nicht.

Das Thema Deutsche Demokratische Republik (DDR) lag in der Zeit, in der ich studierte, in Westberlin, gewissermaßen vor der Haustüre. Viele meiner Kommilitonen haben sich zwar mit dieser Nachbargesellschaft nicht eingehender befasst. Ich verliebte mich 1979 in eine Frau aus Ost-Berlin, sie hat mich in die Dissidentenszene der DDR eingeführt und seit dieser Zeit hat mich auch dieses Thema nicht mehr losgelassen. Ich hatte damals nur ein sehr vages Bild von dieser marxistisch-leninistischen Nachfolgegesellschaft des Nationalsozialismus. Das hat sich dann ziemlich bald geändert.

Vor einiger Zeit, als Wolfgang Kraushaar vom Hamburger Institut für Sozialforschung mit der Vorbereitung seiner großen Linksterrorismus-Recherche begann[2], erhielt ich den Auftrag, verschiedene Aspekte des Themas zu bearbeiten.

DDR und westdeutscher Linksterrorismus?

Wenden wir uns zunächst der Frage zu, ob es eine Kooperation der DDR mit westdeutschen linksterroristischen Gruppen wirklich gegeben hat.

Dies ist eindeutig mit Ja zu beantworten. Ich hatte Gelegenheit, den großen Fundus an Akten zur RAF zu durchforsten, die das Hamburger Institut für Sozialforschung zusammengetragen hat. Darunter befinden sich auch viele Kopien von Dokumenten des Ministeriums für Staatssicherheit. Allerdings ist die wissenschaftliche Forschung zum Thema nicht eben sehr breit.[3] Heute gibt es aber gar keinen Zweifel mehr daran, dass diese Kooperation existierte.

In der Bundesrepublik wurde lange über die Existenz der Beziehungen zwischen der DDR und den linksterroristischen Gruppen nur spekuliert. So zum Beispiel wies der DDR- und Stasi-Experte Karl Wilhelm Fricke in seinem Werk Die Staatssicherheit von 1982[4], unter Verweis auf das ein Jahr zuvor erschienene Buch von Claire Sterling mit dem Titel Das internationale Terror-Netz[5] auf die Beziehungen hin. Fricke hatte 1982 geschrieben: Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) „bot neben Zuflucht in Notfällen falsche Papiere, Geld, paramilitärische Ausbildung, geschützte Einreise- und Ausreiserouten sowie eine Art Schließfachsystem für die gelagerten Waffen.“[6]

Die besten und umfangreichsten Studien stammen auf jeden Fall von Tobias Wunschick, einem Mitarbeiter der Gauck-Behörde, der schon seit einigen Jahren zu diesem Thema forscht und publiziert. Ich will Ihnen zu Beginn einfach eine kleine Chronologie zu den Beziehungen der DDR zur RAF und anderen linksterroristischen Gruppen vorstellen. Häufig werden diese Beziehungen einfach abgestritten. Erst 1990, mit der Verhaftung der RAF-Mitglieder, die sich in den 80er Jahren in die DDR abgesetzt hatten und dann mit der Öffnung der Archive des MfS, erhielten Öffentlichkeit und Forschung qualifizierte Hinweise auf die Existenz dieser Beziehungen.

(Unvollständige) Chronologie: 1970 – 1990

Der erste bislang bekannte Kontakt zwischen RAF und DDR stammt aus dem Jahr 1970. Von Juni bis August 1970, hielten sich etwa 20 Mitglieder der RAF (nach der Befreiung Andreas Baaders aus der Haft am 14. Mai 1970) zu einem militärischen Training in einem Lager der El Fatah in Jordanien auf. Am 17. August des Jahres hat Ulrike Meinhof, lange Zeit Mitglied der illegalen KPD in der Bundesrepublik, in der DDR nachgefragt, ob die Gruppe nicht die DDR als Ausgangsbasis für ihre Anschläge in der Bundesrepublik nutzen könne.[7] Dies wurde abgelehnt.

Im selben Zusammenhang gab es einen weiteren Kontakt. Das damalige RAF-Mitglied Hans Jürgen Bäcker wurde auf seiner Rückreise aus Jordanien nach Westberlin von DDR-Grenzbeamten festgehalten. Er wurde ausführlich zu den Mitgliedern der Gruppe und ihren Vorhaben befragt und gab bereitwillig Auskunft.[8] So hatte die DDR zu einem sehr frühen Zeitpunkt offenbar bereits sehr gute Kenntnisse über Personen und Strukturen bewaffneter Gruppen in der Bundesrepublik.

Im November 1973 nahm die DDR-Grenzpolizei Bommi Baumann fest und übergab ihm dem MfS zu einer ausführlichen Befragung. Er war wegen eines gefälschten Ausweises festgenommen worden. Baumann war in einer Zwangslage. Er wurde wegen schwerwiegender Verbrechen in der Bundesrepublik gesucht. Das MfS schätzte, er hätte eine Strafe von insgesamt 20 Jahren zu erwarten gehabt. Die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit machten ihm klar, dass man ihn auch sofort ausliefern könne. Also gab er mehrere Wochen lang bereitwillig Auskunft. Das MfS erarbeitete aus seinen Aussagen eine Art „Who is who“ des bewaffneten Kampfes. Dann entließ man ihn nach Westberlin.[9]

1975 entstand im MfS die Hauptabteilung XXII.[10] Diese Abteilung sollte terroristische Organisationen aus dem links- und rechtsextremen Spektrum erfassen und – soweit möglich – infiltrieren. Man beschäftigte sich mit Gruppen wie z.B. der Aktionsfront Nationaler Sozialisten, der Kampfgruppe Priem, der Abu-Nidal-Gruppe, den italienischen Roten Brigaden, der Rote Armee Fraktion, der Bewegung 2. Juni und auch den Revolutionären Zellen. Vor allem ging es darum, die terroristische Szene detailliert auszuforschen und Sicherheitsprobleme für die DDR rechtzeitig zu erkennen und entsprechend Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Einer der Hauptgründe für die Entstehung dieser Abteilung war die Furcht der DDR, sie war 1973 in die UNO aufgenommen worden, sie selbst und ihre diplomatischen Vertretungen im Ausland könnte Ziel von Anschlägen von terroristischen Gruppen werden. Heute kann man nachweisen, dass es gerade diese Abteilung XXII war, die auch für die Kooperation mit den Terroristengruppen zuständig war.

Kontakte im Sinne einer tatsächlichen Zusammenarbeit und Absprache mit Linksterroristen entwickelte das MfS – nach heutigem Kenntnisstand – zuerst zu Inge Viett im Jahr 1978. Viett, damals noch Mitglied der Bewegung 2. Juni, wurde bei einer Transitreise durch die DDR vom Leiter der Abteilung XXII des MfS, Harry Dahl, festgehalten und zu ihren Auffassungen zur DDR befragt. Harry Dahl stellte sich als „Genosse“ vor. Man machte ihr zwar klar – so jedenfalls Viett in ihren Erinnerungen – dass die DDR terroristische Aktionen ablehne, aber Transitreisen – auch nach in Westdeutschland durchgeführten Aktionen – genehmigen werde.[11] Man bedeutete ihr, „dass wir“ – so f
ormulierte Viett es später selbst – „in Zukunft relativ sicher die Grenzen zur DDR passieren könnten.“[12]

Gerade dies war von unschätzbarem Vorteil für Angehörige der Bewegung 2. Juni, die nämlich im Mai desselben Jahres einen ihrer Genossen, Till Meyer, aus dem Gefängnis in Westberlin befreiten und sich – mit der Zusage Dahls im Rücken – in kürzester Zeit durch den Übertritt nach Ostberlin der Verfolgung der Westberliner Polizei entziehen konnten. Die Gruppe floh weiter nach Bulgarien.

Später hat das MfS Inge Viett erneut geschützt. Viett und andere wurden am 27. Juni 1978 in Prag durch tschechische Sicherheitsorgane festgenommen und dem MfS übergeben. Eine interne MfS-Analyse berichtet den weiteren Ablauf knapp: „In der Zeit vom 28. Juni bis 12. Juli waren sie in der DDR in einem konspirativen Objekt untergebracht und wurden anschließend unter operativer Kontrolle nach Bagdad/Irak ausgeflogen, wo sich nach eigenen Angaben ihre Operationsbasis befindet.“[13]

Über Inge Viett, deren Gruppe Bewegung 2. Juni, sich etwa 1980 in die RAF auflöste, wurde später auch die Unterbringung von RAF-Aussteigern organisiert. Die Intensivierung der Kontakte des MfS zu linksterroristischen Gruppen in der Bundesrepublik und Westberlin bis hin zur Aufnahme von „Aussteigern“ ermunterte diese, in der DDR um finanzielle und andere materielle Unterstützung nachzufragen. Dies wurde zurückgewiesen, allerdings stellte man militärische Kenntnisse bereit. In den Jahren 1980 bis 1982 fanden zwei- bis dreimal jährlich Treffen zwischen RAF-Mitgliedern und MfS-Vertretern statt.[14] Wolfgang Beer, Adelheid Schulz und Inge Viett wurden auf einem Stasi-Gelände trainiert.[15] Pikant dabei war, die genannten waren damals als Terroristen noch aktiv. Sie lernten z. B. die Bedienung einer sowjetischen Panzerfaust. Eine solche Waffe war im September 1981 bei einem Mordanschlag auf den US-General Kroesen verwendet worden. Da die Angaben über den Zeitpunkt des Waffentrainings differieren, ergaben sich Spekulationen darüber, ob das MfS an dem Anschlag indirekt beteiligt war.[16] Ein späteres Verfahren jedoch wurde eingestellt.[17] Wesentliche Informationen lieferte das MfS aber Angehörigen der RAF darüber, welche Fandungsmaßnahmen das Bundeskriminalamt gegen Mitglieder der RAF einleitete. Da man über einen Spitzel im Bundeskriminalamt verfügte, war dies möglich.[18]

1982 landete das Mitglied der Terrorgruppe Revolutionäre Zellen Johannes Weinrich auf dem Ost-Berliner Flughafen Schönefeld. Er wurde von einem Mitarbeiter der Abteilung XXII in Empfang genommen, man ließ ihm die mitgeführte Waffe, die ebenfalls mitgeführten 25 Kilo Sprengstoff nahm man ihm ab.

Bei mehreren Einreisen in die DDR bemühte sich Weinrich später, den Sprengstoff wieder ausgehändigt zu bekommen, dies verweigerte das MfS jedoch, da zu befürchten war, Weinrich würde ihn im Westen einsetzen, um ein anderes Mitglied der Revolutionären Zellen, Magdalena Kopp, die in Frankreich verhaftet worden war und außerdem die Freundin des internationalen Top-Terroristen Carlos war, freizupressen: „Das MfS“ – schreibt Tobias Wunschik – „fürchtete, Weinrich könne von Ost-Berlin aus im Westteil der Stadt zur Tat schreiten und dadurch die DDR in den Augen der Weltöffentlichkeit dem – nicht unberechtigten – Vorwurf aussetzen, sie würde den internationalen Terrorismus unterstützen.“[19]

Man verlangte deshalb von Weinrich eine Erklärung, den Sprengstoff nicht in der Bundesrepublik oder Westberlin einzusetzen. Weinrich versprach dies und sicherte sogar zu, „Carlos“ werde zeitweilig auf Anschläge verzichten. Als er zusätzlich versicherte, er werde den Sprengstoff nicht selbst verwenden, sondern ihn an eine „Befreiungsbewegung“ weiterleiten, gab das MfS nach, obwohl bekannt war, dass Weinrich sich in nächster Nähe bereits ein Anschlagsziel ausgesucht hatte: das „Maison de France“ in Westberlin.

Am 16. August 1983 wurde der Sprengstoff an Weinrich ausgeliefert, der ihn verabredungsgemäß bei einem syrischen Diplomaten in Ostberlin deponierte. Eine Woche später jedoch ließ er ihn sich wieder aushändigen und noch am selben Tage explodierte die Bombe im Maison de France. Ein Toter und viele schwer verletzte Menschen waren die Folgen. Im Januar 2000 wurde Johannes Weinrich wegen des Anschlages zu lebenslanger Haft verurteilt.

Bislang sieht es so aus, dass in der Mitte der 80er Jahre die Kooperation der DDR mit Linksterroristen aus der Bundesrepublik aufgegeben wurde. Lediglich die Unterbringung der zehn RAF-Aussteiger, unter ihnen auch Inge Viett, wurde aufrechterhalten. Für diesen Abbruch der Kooperationsbeziehungen gibt es bislang keine rechte Erklärung.

Aber ich bin ziemlich sicher, dass in dieser Geschichte noch nicht das letzte Wort gesagt und geschrieben wurde. Nicht alles ist bereits wirklich gut erforscht. Nicht alle Dokumente des MfS wurden bereits ausreichend befragt, die Beteiligten Stasi-Angehörigen wie auch die noch lebenden RAF-Angehörigen schweigen zu diesem Thema meist. Die Aufarbeitung dieser Kooperationsbeziehungen ist noch nicht abgeschlossen.

So ist in jüngster Zeit z. B. ein Dokument aus der Abteilung XXII des MfS vom März 1982 aufgetaucht, dass sehr genau beschreibt, wie das MfS linkterroristische Gruppen in der Bundesrepublik als Partisanen nutzen könnte, um einen verdeckten Kampf gegen die Bundesrepublik zu führen.[20] Wolfgang Kraushaar, vom Hamburger Institut für Sozialforschung, vermutet, es sei möglicherweise das Konzeptpapier für die so genannte „3. Generation“[21] der RAF, über die man bislang besonders wenig weiß.[22] Er könne sich nicht vorstellen, wie die Autodidakten des Terrors derart perfekte Anschläge hätten durchführen können, die Polizei, Justiz und Staatsanwaltschaft bis heute nicht aufklären konnten. Es sei immerhin denkbar, dass sich am Ende herausstelle, die 3. Generation der RAF sei von der Stasi im Sinne einer verdeckt operierenden Partisaneneinheit gesteuert worden.

Ich weise Sie auf diese Vermutung nur deshalb hin, da sie belegt, dass das Kooperationsgeflecht von Stasi und westdeutschem Linksterrorismus bislang nicht vollständig erforscht ist.

DDR und internationaler Terrorismus

So wirklich überraschend ist die Zusammenarbeit linksterroristischer Gruppen aus der Bundesrepublik mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR nicht. Man teilte – bei aller Verschiedenheit – viele Auffassungen. Die Demokratie der Bundesrepublik war in den Augen der DDR wie der linksterroristischen Gruppen ein Produkt des amerikanischen Imperialismus, die ehemals faschistische Bourgeoisie, so hätten es wohl beide Seiten gesehen, hatte sich mit diesem Projekt über den Nationalsozialismus hinaus gerettet.

Differenzen gab es lediglich in zwei entscheidenden Punkten. Die DDR unterstützte die Politik der „friedlichen Koexistenz“ der Sowjetunion. Sie hatte außerdem, man war 1973 Mitglied der UNO geworden, eigene Sicherheitsinteressen. Die DDR wollte also nicht in den Geruch geraten, terroristische Organisationen zu unterstützen. Dies hätte ihr auf dem internationalen Parket geschadet. Linksterroristische Gruppen der Bundesrepublik beurteilten die Politik der „friedlichen Koexistenz“ eher als Verrat an der Revolution.

Über die genannten Gemeinsamkeiten und Differenzen hinaus, gab es aber einen weiteren gemeinsamen Bezugspunkt der DDR und linksterroristischer Gruppen der Bundesrepublik. Dies war insbesondere die gemeinsame Kooperation mit palästinensischen Terrorgruppen, die sich die Zerstörung Israels auf ihre Fahnen geschrieben hatten. In welcher Weise die Kooperation der DDR und der RAF mit der von beiden Seiten gepflegten Kooperation mit palästinensischen Terrorgruppen zusammenhingen, wird insbesondere an einem Dokument sichtbar, das ich Ihnen bislang noch vorenthalten habe.

Das Dokument trägt den Titel „Information 285/79 über Aktivitäten von Vertretern der palästinensischen Befreiungsbewegung in Verbindung mit internationalen Terroristen zur Ein
beziehung der DDR bei der Vorbereitung von Gewaltakten in Ländern Westeuropas“[23] und wurde am 8. Mai 1979 in eben der Abteilung XXII fertig gestellt, von der bereits die Rede war. Die Verfasser machen darauf aufmerksam, dass sowohl die Kooperation mit linksterroristischen Gruppen als auch die mit palästinensischen Terroristen den Sicherheitsinteressen der DDR schaden könnten. Darüber hinaus macht die Expertise darauf aufmerksam, dass man mit der Unterstützung palästinensischer Terroristen auch deren Kooperation mit Linksterroristen aus der Bundesrepublik unterstützt.

Die Expertise beginnt mit den Worten: „Nach vorliegenden internen Hinweisen werden von z. T. nicht eindeutig politisch bestimmbaren Kräften der palästinensischen Befreiungsbewegung in Verbindung mit anarchoterroristischen Gruppen aus westlichen Ländern verstärkt Versuche unternommen das Territorium der DDR als logistischen Stützpunkt und Ausgangsbasis für die Durchführung von Gewaltakten in Westeuropa zu nutzen. Die großzügige solidarische Haltung der DDR zum nationalen Befreiungskampf der arabischen Völker wird dabei von diesen Kräften als günstiger Umstand für die Planung und Vorbereitung von Operationen angesehen. Dabei werden auch die Kommunikationsmöglichkeiten der Hauptstadt der DDR in Rechnung gestellt.“ Insbesondere nach dem Abschluss des Vertrages zwischen Israel und Ägypten, der am 25 April 1979 in Kraft trat, aktivierten palästinensische Gruppen ihre Gewaltakte gegen westliche Länder. „Derartige Aktivitäten vom Territorium der DDR aus“ – hieß es weiter – „schaffen politische Gefahren und beeinträchtigen unsere staatlichen Sicherheitsinteressen.“[24]

Ich erspare Ihnen jetzt im Detail die Darstellung aller Informationen dieses Dokuments, ich will Sie lediglich mit einer für unseren Zusammenhang wesentlichen Passage vertraut machen. Die Geheimdienstexpertise berichtet u. a. von einem Treffen unterschiedlicher Führer palästinensischer Gruppen mit Carlos in der DDR und über bereits getroffene Vorbereitungen für Anschläge in Westeuropa. Dabei wird ausdrücklich auf die Einbeziehung „anarcho-terroristischer Kräfte“ aus der Bundesrepublik und Westberlin hingewiesen: „Im Ergebnis eingeleiteter konspirativer Kontrollmaßnahmen sind folgende bisher erkannte Aktivitäten und Verhaltensweisen der Gruppierung um Carlos in der DDR als aktionsbezogen, d. h. als Vorbereitungshandlungen für terroristische Vorhaben, zu beurteilen: Schaffung logistischer Stützpunkte in der Hauptstadt der DDR unter Einbeziehung von DDR Bürgern; Durchführung konspirativer Zusammenkünfte und Treffen zwischen Bürgern verschiedener arabischer Staaten; Forcierung der Reisetätigkeit von Verbindungsleuten der Carlos-Gruppierung in die BRD und andere westeuropäische Länder sowie nach Westberlin; Enger, ständiger Kontakt zu den Botschaften der VDRJ, der Republik Irak, Libyen sowie der PLO-Vertretung in der Hauptstadt der DDR; Bemühungen zur Beschaffung von Waffen, Sprengstoff, Geld und Informationen; Absprachen zur Erweiterung einer konspirativen „revolutionären Abteilung“; Inspirierung zu Gewaltakten des bewaffneten Kampfes bis hin zu Einzelaktionen, Attentaten und dgl. Gegen die imperialistische Politik der USA, der Zionisten und der Clique um Sadat; Aktivierung der Kontakte zu anarcho-terroristischen Kräften aus der BRD/Westberlin; Absichten, von der Hauptstadt der DDR aus unter Einbeziehung der Botschaften der UdSSR und der DDR in Syrien Operationsbasen in der SAR[25] zu schaffen.“[26]

An einer anderen Stelle heißt es: „Über das Vorhandensein enger Verbindungen und zunehmend koordinierten Vorgehens extremistischer Gruppierungen der palästinensischen Befreiungsbewegung und anarcho-terroristischer Kräfte der BRD und Westberlins liegen operative Hinweise und Erkenntnisse vor.“[27] Diese Erkenntnisse hatte man durch „Kontaktaufnahme und Abschöpfung der führenden Mitglieder der Bewegung, Inge Viett, Ingrid Siepmann und Regine Nicolai, gewonnen.[28]

Die für unseren Zusammenhang wichtige Botschaft dieses Dokumentes ist, die Kooperation von DDR und linksterroristischen Gruppen in der Bundesrepublik kam nicht nur deshalb zustande, weil man mehr oder weniger gemeinsame Auffassungen über die Bundesrepublik und die Vereinigten Staaten von Amerika hegte (auch wenn man über die Sowjetunion und die Politik friedlicher Koexistenz unterschiedlicher Auffassung war). Sie war auch deshalb möglich, weil sowohl linksterroristische Gruppen der Bundesrepublik als auch die DDR mit denjenigen kooperierten, die den Staat Israel zerstören wollten.

DDR, ein Feind Israels

Die DDR hat mehr oder weniger von Anfang an mit den Feinden Israels kooperiert. Zwar unterstützte sie, als sie noch nicht DDR, sondern Sowjetische Besatzungszone (SBZ) hieß, ganz wie zunächst die Sowjetunion, die Gründung des Staates Israel. Das Blatt wendete sich jedoch ziemlich rasch. In einer der wenigen Untersuchungen zu diesem Thema schreibt der Soziologe Thomas Haury in einem jüngst erschienenen Aufsatz: „Abgesehen von einer kurzen israelfreundlichen Phase bis 1950 bezog die DDR über die gesamte Zeit ihres Bestehens hinweg eine dezidiert feindselige Position gegenüber dem jüdischen Staat. Sie weigerte sich, Wiedergutmachungsleistungen zu leisten und nahm nie diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Stattdessen bemühte sie sich intensiv um die Gunst gerade der aggressiv israelfeindlichen unter den arabischen Staaten: Ägypten (bis zu dessen Westorientierung unter Sadat), Syrien, Irak und ab Mitte der 1970er Jahre auch Gaddafis Libyen. In Stellungnahmen der DDR-Regierungen, des Politbüros, im Parteiorgan Neues Deutschland und in horizont, der außenpolitischen Zeitschrift der SED, findet sich über 35 Jahre hinweg unisono dezidierte Israelfeindschaft.“[29]

Wie im Fall der Beziehungen der DDR zu den linksterroristischen Gruppen der Bundesrepublik, so muss auch hier gesagt werden, dass dieser Aspekt nicht wirklich gut beschrieben und erforscht ist, aber Umrisse lassen sich erkennen. Ich will Ihnen hier lediglich einige Fakten präsentieren, die deutlich machen, dass die DDR unbestreitbar mit Kräften zusammen arbeitete, die eine Zerstörung Israels anstrebten.

Die DDR unterstützte die Politik der arabischen Länder und die Politik der 1964 gegründeten Palestine Liberation Organisation (PLO), die ihr Ziel Israel zu zerstören erst 1998 aus ihrer Charta entfernte. Im Artikel 15 der PLO-Charta hieß es z. B.: „Die Befreiung Palästinas ist vom arabischen Standpunkt aus nationale Pflicht. Ihr Ziel ist, der zionistischen und imperialistischen Aggression gegen die arabische Heimat zu begegnen und den Zionismus in Palästina auszutilgen.“[30] Die Gründung Israels bezeichnete man als illegal.[31]

Die DDR ging über eine bloß propagandistische Unterstützung der arabischen Länder und der PLO weit hinaus. Sie hatte auch Anteil am Krieg arabischer Staaten und von Palästinensergruppen gegen Israel.

Mit der Unterstützung der arabischen Länder und der PLO war eine Diskreditierung des Zionismus in der DDR verbunden. Man betrachtete Israel nicht als die Heimstatt der Überlebenden der Shoah, sondern als Produkt großbürgerlichen Chauvinismus und Imperialismus, der angegriffen, wenn nicht zerstört werden müsse. Das kleine politische Wörterbuch der DDR formulierte noch 1978: „Zionismus: die chauvinistische Ideologie, das weitverzweigte Organisationssystem und die rassistische, expansionistische politische Praxis der jüdischen Bourgeoisie, die einen Teil des internationalen Monopolkapitals bildet.“[32] Die DDR erkannte Israel als Staat niemals an, zu den arabischen Ländern und zur PLO pflegte man jedoch ganz selbstverständlich diplomatische Beziehungen.

Walter Ulbricht sagte im März 1965 vor dem Staatsrat der DDR: „Die deutsch-arabische Freundschaft hat eine große Tradition. Sie beginnt bei den Forschungen der deutschen Ägyptologen und hat heute ihren Inhalt im gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus.“[33] 1969 schlug Ulbricht in einem geheimen Brief an den sowjeti
schen Parteiführer Leonid Breschnew vor, einen „Zermürbungskrieg gegen die israelischen Truppen in den okkupierten Gebieten“ zu führen und zu diesem Zweck Freiwillige aus den sozialistischen Staaten zu rekrutieren.[34] 1973 schloss die DDR ein Abkommen mit der PLO, in dem ausdrücklich Waffenlieferungen und die Pflege verwundeter PLO-Kämpfer enthalten waren.[35] Es gab in der DDR auch keine Bedenken, die militant israelfeindlichen arabischen Länder mit Waffen zu beliefern. Erich Honecker kommentierte eine Waffenlieferung an Syrien in einem Brief an den Präsidenten Assad: „Eine Staffel Abfangflugzeuge MIG 21, 62 Panzer und viele andere israelfreundliche Gegenstände.“[36]

Dass die DDR auch für Attentate palästinensischer Terrorgruppen mitverantwortlich war, hat Markus Wolf, der Stellvertreter des Geheimdienstchefs Erich Mielke, in einem Interview mit der Jüdischen Rundschau (Zürich) am Ende der 90er Jahre beschrieben: „Natürlich war die DDR nicht Zentrum des internationalen Terrorismus. Die für solche Kontakte verantwortliche Dienststelle im Ministerium für Staatssicherheit lag anderswo und handelte aus dem Motiv heraus, den Terrorismus von der DDR fernzuhalten. Die Kontakte müssen aber heute so gesehen werden, dass damit faktisch terroristische Aktionen vom Territorium der DDR aus geduldet wurden. Mein Dienst und ich selbst sind fest von der Bedingung ausgegangen, dass das Gebiet der DDR für terroristische Handlungen nicht benutzt werden darf. Es bleibt unter dem Strich aber Verantwortung und Schuld dafür, etwas geduldet zu haben, was zu solchen Handlungen führte.“[37]

Dies bedeutete, weniger verklausuliert, dass man palästinensische Terrorgruppen zwar verpflichtete, vom Territorium der DDR aus keine Anschläge auszuführen, dass man ihnen jedoch materielle Hilfe und militärisches Training zur Verfügung stellte – sie konnten die DDR als sicheres Hinterland und Trainingslager nutzen.

Die antizionistische Politik der DDR war weit mehr als nur Propaganda. Die DDR unterstützte auch die Versuche, den Staat Israel militärisch zu zerstören. Erst kürzlich hat eine Mitarbeiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin, Konstanze Ameer, bei ihren Recherchen für die neue Ausstellung der Stiftung über den Antisemitismus in der DDR – die Sie im Übrigen unbedingt besuchen sollte; die jeweils neuen Ausstellungstermine erfahren Sie auf der Website der Stiftung[38] – die Belege dafür gefunden, dass die DDR auch Terroristen der Gruppe Abu Nidal politisch schulte und militärisch trainierte. Abu Nidal war eine Gruppe, die sich 1974 von der PLO abspaltete und über 100 Anschläge in mehr als 20 Ländern ausführte. Das Ministerium für Staatssicherheit führte minutiös Buch darüber, welche Schulungen man Mitgliedern der Gruppe Abu Nidals zukommen ließ. Es ist deutlich sichtbar, dass es bei diesen Schulungen auch um militärisches Training ging.[39] Der Bericht hält zwar fest, es sei nicht zu übersehen gewesen, dass es „unterschiedliche Standpunkte zu Grundfragen des palästinensischen Widerstandskampfes“ gegeben habe, welche das genau waren, wird nicht erwähnt. Diese Differenzen schienen die Ausbilder auch nicht davon abgehalten zu haben, das militärische Training durchzuführen.

Eine wirklich umfassende Untersuchung zum Thema der Beziehungen der DDR zur PLO und den militant israelfeindlichen Ländern der arabischen Welt liegt meines Wissens noch nicht vor. Aber schon jetzt lässt sich sagen, die DDR unterstützte die Bestrebungen Israel zu zerstören vehement.

Bewaffneter Schuldabwehrantisemitismus

Bleibt die Frage offen, haben westdeutsche Terrorgruppen – RAF, Bewegung 2. Juni, Revolutionäre Zellen – tatsächlich Israel als Feind angesehen und mit Organisationen gemeinsame Sache gemacht, die Israel zerstören wollten? Auch diese Frage ist eindeutig mit Ja zu beantworten.

Die bislang genaueste Untersuchung zu diesem Thema stammt von Thomas Skelton Robinson.[40] Aber auch hier gilt wie bei den beiden bereits dargestellten Kontexten, dieses Feld ist bislang nicht wirklich gut erforscht. Es sind zu diesen Beziehungen in Zukunft noch mehr Forschungsergebnisse zu erwarten. Ich gebe Ihnen auch hier lediglich einen gerafften und kurzen Überblick.

Noch bevor die Baader-Meinhof-Gruppe gegründet wurde, machte am 9. November 1969 eine Gruppe um Dieter Kunzelmann, mit einem – Gott sei Dank missglückten – Anschlag auf das jüdische Gemeindehaus in West-Berlin auf sich aufmerksam. Wäre die Bombe explodiert, hätte es an die 200 Tote und Verletzte gegeben. Die „Tupamaros West-Berlin“ hatten bewusst den 9. November gewählt. Sie waren der Auffassung, dass „die Kristallnacht von 1938 heute täglich von den Zionisten in den besetzten Gebieten, in den Flüchtlingslagern und in den israelischen Gefängnissen“[41] wiederholt werde. Einige Angehörige der Gruppe bildeten später die Bewegung 2. Juni.

Der missglückte Anschlag selbst und seine ideologische Rechtfertigung, die Gleichsetzung der israelischen Politik mit dem Völkermord der deutschen Nationalsozialisten, zeigen unmissverständlich um was es hier geht, um bewaffneten sekundären oder Schuldabwehrantisemitismus. Das entscheidende Waffentraining, hatte die Gruppe im Oktober 1969 in einem Lager der El Fatah in Jordanien absolviert.[42]

In eben einem solchen Lager ließ sich auch die erste Generation der RAF militärisch ausbilden. Ob und in welcher Form die Kontakte der RAF zur Fatah später aufrechterhalten wurden, ist bislang nicht bekannt. Ulrike Meinhof kaufte allerdings im Dezember 1970 von zwei Mitgliedern der Organisation Pistolen vom Typ „Firebird“.[43]

Ob es im Mai 1972 tatsächlich zu einer Übereinkunft der RAF mit palästinensischen (sowie japanischen) Terroristen kam, sich fortan gegenseitig zu unterstützen, ist bislang nicht recht geklärt.[44] Als jedoch während der Olympischen Sommerspiele in München eine Gruppe des Schwarzen September am 5. September 1972 bei einer Geiselnahme zunächst zwei Mitglieder der Olympiamannschaft Israels tötet und neun weitere Athleten als Geiseln nahm, lautete ihre Forderung, neben der Freilassung von 234 Gefangenen aus israelischen Gefängnissen, Haftentlassung von Andreas Baader und Ulrike Meinhof.[45]

Die RAF hat, ganz wie vorher die Schwarze Ratten Tupamaros West-Berlin, die ideologische Rechtfertigung des Anschlages auf die israelischen Sportler unmissverständlich kundgetan. [46] In einer Schrift Ulrike Meinhofs, hieß es dazu z. B.: „Israel vergießt Krokodilstränen. Es hat seine Sportler verheizt wie die Nazis die Juden – Brennmaterial für die imperialistische Ausrottungspolitik.“[47] Wir erinnern uns, nicht Israel hatte irgendein Kommando-Unternehmen ausgeführt, israelische Sportler waren Opfer eines Angriffs eines palästinensischen Kommandos geworden. Auch hier finden wir in der ideologischen Rechtfertigung des Anschlages deutlich den Schuldabwehrantisemitismus.

Die Kooperation der RAF mit dem palästinensischen Terror reicht aber noch weiter. Im Sommer 1973 reiste Margrit Schiller – die nach dem Ende ihrer ersten Haftzeit (1971 bis 1973) erneut in den Untergrund gegangen war und eine später so genannte Gruppe 4.2.[48] mit aufgebaut hatte, die Baader, Meinhof, Ensslin und andere freipressen wollte – nach Rotterdam. Dort traf sie sich mit einer Gruppe von „Palästinensern aus der El-Fatah-Zentrale im Libanon“ und bereitete sich darauf vor, mit ihnen ein israelisches Flugzeug zu entführen, um die RAF-Führungskader freizupressen.[49] Sie warteten lange, aber vergeblich auf einen Einsatzbefehl zum Losschlagen.

Weitere Dimensionen der Kooperation deutscher Linksterroristen mit Feinden Israels wurden im Jahr 1975 sichtbar. Nach der Entführung des Vorsitzenden der Westberliner CDU, Peter Lorenz, werden die durch die Geiselnahme freigepressten Mitglieder bewaffneter Gruppen in den Südjemen ausgeflogen. Offenbar hatte die Bewegung 2. Juni, die Peter Lorenz entführt hatte, im Vorfeld der Geiselnahme über Kontaktleute der Volksfront für die Befreiung Palästina
s (PFLP) diese Unterstützung ihrer Aktion abgesprochen.[50] In dem Bekennerschreiben zur Entführung hatte die Bewegung 2. Juni als eine der Gründe für die Entführung ausdrücklich formuliert: „als cdu-chef hat er sich zum propagandisten des zionismus, der aggressiven eroberungspolitik des staates israel in palästina gemacht, und nimmt durch besuche in israel und geldspenden an der verfolgung und unterdrückung des palästinensischen volkes teil.“[51]

Eine weitere solche Kooperation mit palästinensischen Terrororganisationen wurde auch am 24. April 1975 sichtbar, als ein Kommando[52] der zweiten Generation der RAF die Botschaft der Bundesrepublik in Stockholm besetzte, zwölf Geiseln nahm und von der Bundesregierung die Freilassung von 26 Gesinnungsgenossen forderte. Als die Bundesregierung Verhandlungen verweigerte, erschoss das Kommando die Botschaftsangehörigen Andreas von Mirbach und Heinz Hillegaart. Das RAF-Kommando hatte das Gebäude vermint. Eine unbeabsichtigt ausgelöste Bombenexplosion beendete den Überfall vorzeitig. Neu war, dass das RAF-Kommando offenbar Garantien eingeholt hatte, die Gefangenen, die es freipressen wollte, in Drittländer auszufliegen. Der Überfall war mit dem Terroristen Carlos, der im Auftrag der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP)[53] arbeitete, geplant worden.[54]

Auch die dritte wichtige Gruppe des westdeutschen Linksterrorismus, die Revolutionären Zellen, kooperierte mit dem palästinensischen Terror, mit der PFLP. Sie war beteiligt an einem Überfall auf die OPEC-Konferenz in Wien am 20. Dezember 1975 und an einer Flugzeugentführung 1976, bei der eine Maschine, die von Tel Aviv nach Paris fliegen sollte, am 25. Juni gezwungen wurde zunächst nach Libyen und später nach Entebbe (Uganda) zu fliegen. Die Entführer, ein gemischtes Kommando von PFLP Terroristen und Mitgliedern der deutschen Revolutionären Zellen, trennten in Entebbe die jüdischen von den nicht-jüdischen Geiseln. Die nicht-jüdischen Geiseln ließ man frei. Den Selektionsprozess führte der deutsche RZ-Angehörige Wilfried Böse durch.[55]

Weiter intensiviert wurde die Kooperation der RAF mit palästinensischen Terrororganisationen schließlich nach der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer am 5. September 1977. Terroristen der zweiten RAF-Generation hatten ihn verschleppt, um die Freilassung von elf Inhaftierten der ersten Generation zu erreichen. Da die Bundesregierung jedoch nicht bereit war, mit den Entführern zu verhandeln, bot die PFLP an, den Druck durch eine Flugzeugentführung zu erhöhen. Am 13. Oktober 1977 zwang ein Kommando der PFLP die Lufthansa-Maschine „Landshut“ zum Flug nach Somalia.[56]

Es lässt sich also zeigen, dass alle drei wesentlichen Gruppen des westdeutschen Linksterrorismus – RAF, Bewegung 2. Juni, Revolutionäre Zellen – von Beginn an mit denjenigen arabischen Ländern und palästinensischen Terrorgruppen zusammenarbeiteten, die sich einer Zerstörung Israels verschrieben hatten und keine Verhandlungslösung im Nahen Osten anstrebten. Die Grundlage dieser Kooperation bildet offenbar auf der deutschen Seite ein bewaffneter Schuldabwehrantisemitismus, der auch vor der Ermordung von Juden in Deutschland (Anschlag auf das jüdische Gemeindehaus, 9.11.1969) und der Selektion jüdischer von nicht-jüdischen Passagieren (Flugzeugentführung nach Entebbe) nicht zurückschreckte.

Antifaschismus und Antisemitismus

Um das Beziehungsgeflecht von MfS und bundesdeutschen Linksterroristen vollständig zu erfassen, genügt es nicht, sich auf den gewissermaßen binnendeutschen Kontext zu konzentrieren. Eben dieser Kontext unter der Fragestellung „Wie wollte Erich Mielke im Auftrag von Erich Honecker die Bundesrepublik unterwandern?“ verfolgt der größere Teil der Forschungen und Publikationen zum Thema.

Dadurch gerät ein wesentlicher Aspekt dieses Themas leicht unter die Räder. Dies scheint zunächst nur ein internationaler Kontext zu sein, es geht um die Außenpolitik der DDR und das Verhältnis der RAF zum internationalen Terrorismus, oder besser gesagt um Teile davon. Die DDR war fast von ihrem Anfang an ein sich selbst antifaschistisch und antizionistisch zugleich definierender Staat; die bewaffneten Gruppen der alten Bundesrepublik teilten, mit wenigen Ausnahmen diese Selbstdefinition. Sowohl die bundesdeutschen Terroristen als auch die DDR pflegten beste Beziehungen zu den Kräften im arabischen Raum und zu den palästinensischen Terroristen, die den Staat Israel auslöschen wollten.

Die pro-palästinensische Politik der DDR stand im Kontext ihrer antiisraelischen Politik nach dem Ende des Nationalsozialismus.[57] Nach einer anfänglichen Unterstützung der Gründung Israels durch die Sowjetunion hatte sich bereits einige Jahre später das Blatt vollkommen gewendet. Zeitlich parallel zu einer antizionistischen und antisemitischen Kampagne in der Sowjetunion und in vielen ihrer Sattelitenstaaten in Osteuropa wurde das Steuer herumgerissen, Israel galt nun als „zionistisch“, „imperialistisch“ und als Aggressor, ab sofort ließ man seine Unterstützung den arabischen Feinden Israel und später auch palästinensischen Terrorgruppen zukommen, die man als „nationale Befreiungsbewegungen“ ansah und deren „antiimperialistischen Kampf“ man unterstützte.

Auch die SED hatte in der SBZ/DDR diesen Positionswechsel nachvollzogen. Noch 1948 hatte man die Gründung Israels begrüßt und entsprechend an einem Gesetz zur Wiedergutmachung gegenüber allen Opfern, kommunistischen und jüdischen, des Nationalsozialismus gearbeitet. Im Winter 1952/53 entfachte man dagegen eine antisemitische Kampagne, in der die jüdischen Gemeinden der DDR als „fünfte Kolonne des US-Imperialismus“ attackiert wurden und der Erfinder eines Wiedergutmachungsgesetzes in der DDR, Paul Merker, unter dem Vorwurf inhaftiert wurde, er sei ein Agent des amerikanischen Imperialismus und habe vorgehabt, deutsches Volksvermögen an „jüdische Kapitalisten“ zu verschleudern.

In der nichtkommunistischen Linken der Bundesrepublik[58] hatte es in den 1950er und frühen 1960er Jahren noch eine deutliche Unterstützung Israels als Heimstaat der überlebenden Opfer des Holocaust und eines sozialistischen Musterstaats (Kibbuz-Bewegung) gegeben. Mit dem 6-Tage-Krieg jedoch, im Juni 1967, hatten größere Teile der Gruppen und Parteien ihre Solidarität mit Israel aufgekündigt und sich der Unterstützung des „antiimperialistischen Kampfs“ der palästinensischen Terrororganisationen verschrieben.[59] Auch die aus dem Zerfallsprozess der Studentenbewegung hervorgehenden Terrorgruppen – RAF, RZ und Bewegung 2. Juni – gehörten zu den Unterstützern des palästinensischen Terrors als Teil einer weltweiten antiimperialistischen Front.

Frappierend ist, dass wir zwar bislang nicht von einer etwa von Stasi und RAF gemeinsam geplanten antiisraelischen Aktion wissen, die Begründungsmuster des vehementen Antizionismus, oder wie ich sagen würde Schuldabwehrantisemitismus, ähneln sich jedoch wie ein Ei dem anderen. Die DDR und die bewaffneten linksterroristischen Gruppen der Bundesrepublik teilten neben ihrer Feindschaft zur Demokratie der Bundesrepublik auch die Feindschaft zu den USA und zu Israel. Beide kooperierten mit Gruppen, die die Auslöschung Israels zum Ziel hatten. Es ist schon sehr eigentümlich zur Kenntnis zu nehmen, dass ausgerechnet die radikalste Linke in Deutschland nach 1945 keine Hemmungen hatte, mit den Feinden Israels zusammen zu arbeiten.

Dr. phil. Martin Jander, geb. 21.1.1955 in Freiburg in Breisgau, unterrichtet Deutsche Geschichte im Programm der New York University in Berlin, der Stanford University in Berlin und Geschichtsdidaktik am Historischen Seminar der Universität Köln. Er hat Geschichte und politische Wissenschaften an der Freien Universität Berlin studiert. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Nationalsozialismus und dessen drei Nachfolgegesellschaften: Bundesrepublik, DDR, Österreich. Ein Verzeichnis seiner Veröffentlichungen findet sic
h auf seiner Website: www.zeitgeschichte-online.de/md=RAF-Chronik-Stasi. Tobias Wunschik, Baader Meinhof international?, in: Beilage zur Zeischrift „Das Parlament“, Aus Politik und Zeitgeschichte 40-41/2007, S. 23ff.

[4] Karl Wilhelm Fricke, Die Staatssicherheit, Köln 1982, S. 184.

[5] Claire Sterling, Das internationale Terror-Netz, Bern/München 1981, S. 303 und S. 358.

[6] Fricke, Staatssicherheit, S. 184; siehe auch: ders., MfS-intern, Köln 1991, S. 57ff.

[7] Wunschik, „Abwehr“ und Terrorismus, S. 267. Siehe auch: Klaus Rainer Röhl, Fünf Finger sind keine Faust, Köln 1974, S. 395.

[8] Wunschik, Baader-Meinhof international?, S. 27.

[9] Kopie der MfS-Akte in der Sammlung des Hamburger Instituts für Sozialforschung (HIfS): MfS 73/009

[10] Hubertus Knabe (Hg.), Westarbeit des MfS. Das Zusammenspiel von „Aufklärung“ und „Abwehr“, Berlin 1999, S. 96.

[11] Inge Viett, Nie war ich furchtloser, Reinbek 1999, S. 192.

[12] Inge Viett, zitiert nach: Wunschick, Baader-Meinhofs Kinder, S. 393.

[13] Information 285/79 über Aktivitäten von Vertretern der palästinensischen Befreiungsbewegung in Verbindung mit internationalen Terroristen zur Einbeziehung der DDR bei der Vorbereitung von Gewaltakten in Ländern Westeuropas, Berlin 8.5.1979, S. 12 (Kopie in der Sammlung des HIfS: MfS 79/041).

[14] Süddeutsche Zeitung, 19.3.1992, S. 8, hier zitiert nach: Wunschik, Baader-Meinhofs Kinder, S. 396.

[15] Viett, Nie war ich furchtloser, S. 246.

[16] Müller, Kanonenberg, Die RAF-Stasi-Connection, S. 181ff; Friedrich Schlomann, Die Maulwürfe. Noch sind sie unter uns, die Helfer der Stasi im Westen, München 1993, S. 45.

[17] Siehe: Süddeutsche Zeitung 17/18.9.1994, S. 2, hier zitiert nach: Wunschik, Baader-Meinhofs Kinder, S. 396.

[18] Wunschik, Abwehr“ und Unterstützung , S. 268.

[19] Tobias Wunschik, Das Ministerium für Staatssicherheit und der Terrorismus, (2002) (www.extremismus.com/ texte/rafmfs.htm (Abfrage September 2007)) , S. 1.

[20] Die Aufgaben tschekistischer Einsatzgruppen im Operationsgebiet, März 1982, MfS HA XXII, 521/17

[21] Alexander Straßner, Die dritte Generation der RAF, in: Kraushaar (Hg.), Die RAF und der linke Terrorismus, Bd. 2, S. 489ff.

[22] Siehe Interview mit Wolfgang Kraushaar in der Südwest-Presse (30.10.2007) (http://www.suedwest-aktiv. de/landundwelt/die_vierte_seite/3192550/artikel.php?SWAID=15af23f4f804b663f3c33c5b6479a803 – aufgerufen im November 2007).

[23] Information 285/79 über Aktivitäten von Vertretern der palästinensischen Befreiungsbewegung in Verbindung mit internationalen Terroristen zur Einbeziehung der DDR bei der Vorbereitung von Gewaltakten in Ländern Westeuropas, Berlin 8.5.1979 (Kopie im HIfS: MfS 79/041).

[24] Ebenda, S. 1.

[25] Syrisch Arabische Republik.

[26] Information 285/79 über Aktivitäten von Vertretern der palästinensischen Befreiungsbewegung, S. 7/8.

[27] Ebenda.

[28] Ebenda.

[29] Thomas Haury, „Das ist Völkermord!“ Das „antifaschistische Deutschland“ im Kampf gegen den „imperialistischen Brückenkopf Israel“ und gegen die deutsche Vergangenheit, in: Matthias Brosch u. a. (Hg.), Exklusive Solidarität. Linker Antisemitismus in Deutschland, Berlin 2007, S. 285.

[30] Artikel 15 der PLO-Charta von 1968. (http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/plo_charta.html)

[31] Siehe Artikel 19 der PLO-Charta.

[32] Stichwort Zionismus, in: Dietz Verlag Berlin (Hg.), Kleines politisches Wörterbuch, Berlin 1978, S. 1042.

[33] Streng vertraulich, Bericht des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht auf der Sitzung des Staatsrates vom 12.3.1965 über seinen Besuch in Ägypten, SAPMO-BA ZPA, J, IV, 2/27/1398, S.2, zitiert nach: Michael Wolffsohn, Die Deutschland Akte, München 1995, S. 251.

[34] Siehe: Angelika Timm, Hammer, Zirkel, Davidstern, Bonn 1997, S. 234, zitiert nach: Thomas Haury, „Das ist Völkermord“, in: Matthias Brosch u. a. (Hg.), Exklusive Solidarität, Berlin 2006, S. 286.

[35] MfS HA II Nr. 18652.

[36] Erich Honecker an Präsident Assad, 3.11.1973, SAPMO-BA ZPA, 2/2.035/147, zitiert nach: Michael Wolffsohn, Die Deutschland Akte, München 1995, S. 251.

[37] Zitat aus dem Interview mit Markus Wolf aus der Online-Ausgabe der „Jüdischen Rundschau“ (Zürich). Das Interview führte Simon Erlanger anlässlich einer Autorenreise Markus Wolfs durch die Schweiz am Ende der 90er Jahre. Da Zeitung und Autor momentan keinen Zugriff auf das Archiv haben, kann keine genaue Aussage darüber gemacht werden, in welcher Nummer der Zeitung das Interview erschien. Der Text des Interviews ist jedoch im Internet abrufbar: www.hagalil.com/schweiz/rundschau/index.htm (21.11.2006).

[38] Source

Rezensionen zu 68 aus Sehepunkte

Daniel Cohn-Bendit / Rüdiger Dammann (Hgg.): 1968. Die Revolte, Frankfurt a.M.: S. Fischer 2007
Gerd Koenen / Andreas Veiel: 1968. Bildspur eines Jahres, Köln: Fackelträger Verlag GmbH 2008
Wolfgang Kraushaar: Achtundsechzig. Eine Bilanz, Berlin / München: Propyläen 2008
Reinhard Mohr: Der diskrete Charme der Rebellion. Ein Leben mit den 68ern, Berlin: Wolf Jobst Siedler jr. 2008
Albrecht von Lucke: 68 oder neues Biedermeier. Der Kampf um die Deutungsmacht, Berlin: Wagenbach 2008
Ingrid Gilcher-Holtey: 1968. Eine Zeitreise, Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 2008
Norbert Frei: 1968. Jugendrevolte und globaler Protest, München: dtv 2008
Stefan Wolle: Der Traum von der Revolte. Die DDR 1968, Berlin: Christoph Links Verlag 2008
Rezensiert von Udo Wengst
Wolfgang Kraushaar: Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus, Hamburg: Hamburger Edition 2005
Rezensiert von Anne Rohstock
Wolfgang Kraushaar (Hg.): Die RAF und der linke Terrorismus, Hamburg: Hamburger Edition 2006

Rezensiert von Johannes Hürter

Source: sehepunkte.de

Wolfgang Kraushaar: Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus

Buchbesprechung von Anne Rohstock

Der 9. November gilt als “Schicksalsdatum” in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Novemberrevolution, Hitlerputsch, Reichspogromnacht und Mauerfall nehmen in der Erinnerungskultur der Deutschen einen festen Platz ein. Aus dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend verschwunden ist dagegen das Ereignis des 9. November 1969. An diesem Tag sollte während einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der NS-Verfolgung im Jüdischen Gemeindehaus in Berlin eine Bombe explodieren. Glücklicherweise kam es nicht zur Detonation.

Seit rund 35 Jahren ranken sich allerhand Gerüchte um das nie aufgeklärte Attentat. Dem Hamburger Politologen Wolfgang Kraushaar ist es nun gelungen, die Hintermänner und Verantwortlichen des geplanten Anschlags ausfindig zu machen. Er kann sich dazu auf neue Quellen wie Zeugenaussagen, Akten des Sozialistischen Anwaltskollektivs und Verhörprotokolle der Staatssicherheit der DDR stützen. Überwiegend auf publiziertem Material basiert hingegen seine penible Rekonstruktion der Ereignisse um das Attentat selbst, die den Leser tief in die linke Berliner Untergrundszene der ausgehenden 1960er-Jahre hineinführt. Um den Situationisten, Ex-Schwabinger Bohemien und selbst ernannten “Obermufti des Chaos” Dieter Kunzelmann hatte sich im Jahr 1969 in Berlin die erste bundesdeutsche Stadtguerilla nach lateinamerikanischem Vorbild konstituiert: Bereits im Jahr vor der Gründung der RAF überzogen die aus den “Umherschweifenden Haschrebellen” hervorgegangenen “Tupamaros West-Berlin” die Stadt mit einer ganzen Anschlagsserie. Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus war das erste von ihnen geplante Attentat. Damit geht ein antisemitischer Anschlag auf das Konto von Angehörigen der linken Berliner Subkultur.

Doch Kraushaar deckt noch mehr auf: Die Bombe selbst stammte aus den Arsenalen des Westberliner Landesamts für Verfassungsschutz. Der gelernte Klempner und agent provocateur, Peter Urbach, agierte seit 1967 als dessen V-Mann und belieferte militante Kreise der APO mit Waffen und Drogen aller Art. Dass die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus – ebenso wie einige andere – nicht zündete, spricht nach Kraushaar dafür, dass der Staat funktionsuntüchtige Brandsätze lieferte, um die APO in der Öffentlichkeit kriminalisieren, im Fall “einer Aufdeckung der eigenen Machenschaften” (177) zumindest aber darauf hinweisen zu können, dass keine Gefahr bestanden habe, weil ja nur “bombenähnliche Körper” (181) in Umlauf gewesen seien.

Der Verfassungsschutz hat damit die Entstehung des deutschen Terrorismus zumindest begünstigt. Das war bislang nur vermutet worden. Trotzdem ist zu diesem dunklen Kapitel der bundesdeutschen Geschichte noch lange nicht alles gesagt. Ungeklärt bleibt weiterhin, wie weit die Unterwanderung der linken Szene durch den Verfassungsschutz tatsächlich ging. Hat Kraushaar hier nur die Spitze des Eisbergs entdeckt? Darauf lässt zumindest eine Andeutung Peter Urbachs schließen, der heute in den USA lebt und nicht aussagen darf oder kann. Gegenüber dem Kommunarden Rainer Langhans äußerte er – auf die Rolle des Verfassungsschutzes angesprochen – vieldeutig: “Rainer, wenn Du wüsstest.” (178) Ganz in den Bereich des Spekulativen hingegen fällt die Behauptung Kraushaars, die eigentlichen Auftraggeber des Anschlags seien möglicherweise unter den militärischen Ausbildern des jordanischen Trainingscamps zu suchen, in dem sich Kunzelmann und seine Mitstreiter kurz vor dem Anschlag auf das Jüdische Gemeindehaus paramilitärisch hatten schulen lassen. Demnach hätte die militante palästinensische Al-Fatah eine jüdische Einrichtung als Anschlagsziel vorgegeben. Ein Kreuz im Tagebuch Kunzelmanns ist aber selbst als Indiz für eine durchaus mögliche deutsch-palästinensische Verschwörung mehr als dürftig.

Der Bombenleger hingegen ist gefunden: Albert Fichter, Bruder des langjährigen SDS-Mitglieds Tilmann Fichter, legt in Kraushaars Buch erstmals ein umfassendes Geständnis ab. In seinem auf über 20 Seiten im Wortlaut wiedergegebenen Bekenntnis geriert sich der Täter in mehrerer Hinsicht als Opfer. Als Erklärung für seine Tat müssen Drogenkonsum, ein angeblich prägendes Erlebnis in einem Kibbuz und der unkritische Philosemitismus der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft herhalten. Die größte Verantwortung trägt Fichter zufolge aber der Spiritus Rector der Tupamaros, Dieter Kunzelmann, selbst. Dieser habe das Attentat geplant und Fichter schließlich zur Ausführung gezwungen. Nach Jahren im Untergrund – Bruder Tilmann verhalf ihm zur Flucht – ist Fichters Tat heute verjährt.

Kraushaars Studie ist in mehrfacher Hinsicht verdienstvoll. Zum einen hat er die wissenschaftliche Forschung über Antizionismus und Antisemitismus innerhalb der Neuen Linken um mehr als ein Detail bereichert. Er liefert den Nachweis für die bislang wenig beachtete Tatsache, dass sich das gestörte Verhältnis von Teilen der APO zum Staat Israel nicht nur ideologisch manifestierte, sondern darüber hinaus in offen antisemitische Handlungen umschlagen konnte. Damit leistet Kraushaar zum anderen einen Beitrag zur Terrorismusforschung: Das Konstituens der bundesdeutschen Stadtguerilla war ein antisemitischer Akt, der sich, wie Kraushaar im Hinblick auf die Geschichte der RAF feststellt, als “kontinuitätsstiftend erwiesen hat” (294). Daran ändert auch die grundlegend andere Einschätzung der damaligen Akteure nichts. Sie waren “in grotesker Selbstverblendung davon überzeugt, als Antiimperialisten und Antifaschisten” zu handeln. [1] Diese Überzeugung hat Kraushaar zufolge dazu beigetragen, dass “die radikale wie die liberale Linke auf dem Ohr der Judenfeindschaft” über Jahrzehnte hinweg “völlig taub” gewesen ist. (233) Offenbar galt in Teilen der deutschen Linken in abgeschwächter Form noch immer, was Gerhard Zwerenz in den 1970er-Jahren kategorisch formuliert hatte: “Linke Antisemiten gibt es nicht!”

Das hier besprochene Buch hat in der bundesdeutschen Öffentlichkeit eine Debatte darüber ausgelöst, wie weit der Antisemitismus in der Neuen Linken tatsächlich ging. Durch die Verengung der Studie auf den Protagonisten der Tupamaros vermag Kraushaar zur Klärung dieser Frage aber wenig beizutragen. Hier hätte das Buch mehr leisten können, wie es überhaupt wünschenswert gewesen wäre, eine klare Fragestellung zu Grunde zu legen. Dies wäre auch dem Aufbau der Studie zugute gekommen, der schlicht miserabel ist. Nicht nur geht der rote Faden an mehr als einer Stelle verloren; einige Kapitel sind einfach überflüssig: Was beispielsweise die sattsam bekannten Ereignisse während des Knast-Camps in Ebrach mit der Bombe im Jüdischen Gemeindehaus zu tun haben sollen, ist vollkommen unergründlich. Schwerer wiegt noch, dass das Buch nur zum Teil wissenschaftlichen Standards gerecht wird: Literatur- und Quellenverzeichnis fehlen ebenso wie eine besonders im Hinblick auf Fichters Geständnis unverzichtbare Quellenkritik.

Insgesamt ist Kraushaar aber ein lesenswertes Buch gelungen, das wohl noch für die eine oder andere Kontroverse sorgen wird.

Anmerkung:

[1] Ulrich Enzensberger: Die Jahre der Kommune I. Berlin 1967-1969, Köln 2004, 368.

Source

Wolfgang Kraushaar (Hg.): Die RAF und der linke Terrorismus

Buchbesprechung von Johannes Hürter

Quelle


Der umfangreiche Sammelband des Hamburger Instituts für Sozialforschung ist die wichtigste wissenschaftliche Publikation über den Linksterrorismus in der Bundesrepublik seit den vierbändigen “Analysen zum Terrorismus”, die Anfang der 1980er-Jahre vom Bundesministerium des Innern herausgegeben wurden. [1] Diese beeindruckende Leistung ist vor allem Wolfgang Kraushaar zu verdanken. Der Hamburger Politologe hat in den beiden Teilbänden 62 Aufsätze von 47 Autoren sowie zwei aufschlussreiche Interviews mit dem ehemaligen BKA-Präsidenten Horst Herold und dem Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger zusammengetragen und geordnet. Nicht nur die instruktive Einleitung, sondern neun Beiträge stammen aus seiner eigenen Feder, gleichmäßig verteilt auf beide Bände, sodass die Handschrift des Herausgebers nicht nur in der Anlage, sondern auch im Inhalt zu erkennen ist. Wie die “Analysen zum Terrorismus”, die das Ziel hatten, “die individuellen, gruppenspezifischen, gesellschaftlichen und ideologischen Bedingungen für Terrorismus zu untersuchen” und “die öffentliche Diskussion zu versachlichen” [2], strebt auch das Projekt Kraushaars eine systematische und interdisziplinäre Aufarbeitung an, die von der Notwendigkeit multikausaler Erklärungen für den bundesdeutschen Terrorismus ausgeht. Die Interdisziplinarität wird durch die Beteiligung von Vertretern vieler verschiedener Fächer gewährleistet, wobei allerdings die Politikwissenschaftler, Historiker und Soziologen deutlich überwiegen und im Wettstreit dieser drei Disziplinen wiederum der politologische Ansatz das klare Übergewicht besitzt – genauso wie im früheren Bonner Projekt die sozialwissenschaftliche Sichtweise eindeutig dominierte.

Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Rote Armee Fraktion und die drei wichtigsten anderen Terrorgruppen in der Bundesrepublik, die Tupamaros West-Berlin, die Bewegung 2. Juli und die Revolutionären Zellen. Kraushaar hat zehn “Aufsatzfelder” gebildet. Sie umfassen erstens ganz allgemein die Begriffsbestimmung von Terrorismus, zweitens die ideologischen und theoretischen Wurzeln des Linksterrorismus (Konzept “Stadtguerilla”), drittens Porträts und Psychogramme führender RAF-Mitglieder, viertens die anderen linksterroristischen Gruppierungen, fünftens verschiedene Faktoren und Dimensionen des RAF-Terrorismus (Avantgardeanspruch, Protestantismus, Katalysator Vietnamkrieg, Antisemitismus etc.), sechstens die internationalen Netzwerke und Parallelorganisationen, siebtens die staatlichen Reaktionen, achtens das Wechselspiel von Terrorismus und Medien, neuntens die RAF als Mythos und Ikone sowie zehntens einige generalisierende Hypothesen, vor allem aus historisch-vergleichender, psychoanalytischer und soziologischer Sicht. Nicht alle diese Felder werden gleich dicht und überzeugend besetzt, doch insgesamt handelt es sich um eine Bestandsaufnahme und Bilanz der Forschung, die jedem, der sich mit dem “alten Terrorismus” in der Bundesrepublik beschäftigen will, als Einstieg und Grundlage dienen kann.

Der Erkenntnisgewinn des Bandes liegt vor allem darin, dass die internationale Debatte um den “neuen Terrorismus” nach dem 11. September 2001 die Perspektive auf die RAF als historisches Phänomen erheblich erweitert hat. Der Herausgeber fordert in seiner Einleitung, den deutschen Linksterrorismus nicht nur als endogenes Produkt der bundesrepublikanischen Geschichte zu analysieren und nicht allein aus der Binnenperspektive bzw. aus wenigen Einzelbiographien heraus zu rekonstruieren, sondern mehr als bisher in die internationalen Zusammenhänge und Forschungsergebnisse einzubinden. Diesem Anspruch kommen am besten die Beiträge von Thomas Skelton Robinson und Christopher Daase nach, in denen die Kooperation der deutschen Terroristen mit auswärtigen Partnern, vor allem mit der Palästinenserbewegung und arabischen Staaten, aber auch mit sozialrevolutionären Terroristen anderer Länder und mit Staaten des Ostblocks, etwa der DDR (dazu auch der Beitrag von Martin Jander), thematisiert wird. Ohne diese internationale Vernetzung hätte besonders die RAF nicht als solch gefährliche und langlebige Gruppierung entstehen und bestehen können.

So wichtig die Weiterung des geopolitischen Rahmens ist, so sehr birgt die rückschauende Perspektive von “9/11” aus natürlich auch Gefahren. Die Historisierung des Phänomens Linksterrorismus in der Bundesrepublik, die nicht nur Kraushaar für notwendig hält, droht durch ein teleologisches Geschichtsbild entscheidend behindert zu werden. Gerade in dieser Hinsicht weist der Band einige Schwächen auf, die allerdings nur die Defizite der Terrorismusforschung insgesamt zeigen. Die Bedeutung des historischen Kontextes wird immer wieder beschworen, ohne dass daraus die Konsequenzen einer stärker kontextualisierenden und quellengestützten Vorgehensweise gezogen würden. So verweist Kraushaar etwa darauf, dass die RAF “auch ein exogenes Produkt” gewesen sei, “das aus Friktionen hervorgegangen ist, die mit allgemeinen Umbrüchen und ihren soziokulturellen Folgen in den Industrienationen westlichen Typs zu tun haben” (56), doch die Analyse dieser Rahmenbedingungen bleibt auf den folgenden 1400 Seiten in den Ansätzen stecken. Auch die Frage, wie der bundesdeutsche Linksterrorismus und seine Bekämpfung in die politischen und sozialökonomischen Entwicklungen der 1970er- und 1980er-Jahre einzuordnen sind, wird kaum zu beantworten versucht.

Zu einer Historisierung der Epoche nach 1968 sind vor allem die Zeithistoriker aufgerufen. An sie in erster Linie geht auch der Hinweis von Kraushaar, dass “sich die Möglichkeiten einer Quelleneinsichtnahme zum Teil auch bei staatlichen Behörden in den letzten Jahren verbessert” haben (28). In seinem großen Sammelwerk ist davon freilich noch nichts zu spüren. Wenn in den Beiträgen neues Quellenmaterial herangezogen wird, dann nahezu ausschließlich aus der Sammlung des Hamburger Instituts für Sozialforschung und der Birthler-Behörde, nicht hingegen aus den Überlieferungen von bundesdeutschen Institutionen, Parteien und Politikern. So bringt der Band für die Grundlagenforschung wenig Neues. Besonders auffällig wird das dort, wo es um die staatlichen Maßnahmen gegen den Terrorismus geht. Das entsprechende “Aufsatzfeld” ist besonders schwach beackert, beschränkt sich auf Teilaspekte und Bekanntes. Welchen Forschungsbedarf und welche Möglichkeiten der Quellenerschließung es im zentralen, aber bisher vernachlässigten Segment der Konfliktgeschichte von Staat und Terrorismus gibt, zeigen schon jetzt vereinzelte Beiträge außerhalb des Hamburger Projekts. [3] Alles in allem aber hinken die Historiker den Politologen und Soziologen noch beträchtlich hinterher. Die empirischen Fortschritte, die in den letzten Jahren hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des Linksterrorismus aus der Protestbewegung von “1968” (Wolfgang Kraushaar) sowie der zweiten und dritten Generation der RAF erzielt wurden (Tobias Wunschik, Alexander Straßner), sind das Verdienst von Politikwissenschaftlern. Doch nunmehr scheint es dringend notwendig, dass endlich auch die Geschichtswissenschaft mit ihren Methoden und Fragestellungen zum Zuge kommt.

Noch etwas anderes fällt auf, was der nüchternen, historisierenden Analyse eher hinderlich sein dürfte. Manche Beiträge, besonders die von Kraushaar, Gerd Koenen und Jan Philipp Reemtsma, wirken teilweise wie mit Vitriol geschrieben. Die scharfen Wendungen nicht nur gegen die Terroristen, ihren Irrsinn und ihre Untaten, sondern auch gegen alle Tendenzen, denen man ein gewisses Verständnis für dieses Phänomen unterstellen könnte, lassen nicht immer die nötige Distanz zum Thema erkennen. Wenn es beispielsweise um die Haftbedingungen oder um die Strafverfahren geht, kommen im selben Band der Historiker Martin Jander und
der Rechtswissenschaftler Uwe Wesel zu differenzierteren Ergebnissen, da sie nicht nur die Selbstinszenierung der RAF-Täter, sondern auch das Verhalten der staatlichen Institutionen hinterfragen. Und schon die erwähnte Publikation des Bundesinnenministeriums vor über zwanzig Jahren war um eine distanzierte, sachliche Darstellung bemüht, die im vorliegenden Band nicht immer gewahrt wird. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Kontroverse, die vor kurzem von jenen beiden Persönlichkeiten ausgetragen wurde, die hinter diesen beiden Großprojekten standen. Als Jan Philipp Reemtsma, Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, die Motive der RAF-Terroristen auf die psychologischen Dispositionen “Größenwahn, Machtgier und Lust an der Gewalt” reduzierte, erntete er Widerspruch vom ehemaligen Bundesinnenminister Gerhard Baum, der vor einer Entpolitisierung und Enthistorisierung der RAF warnte. [4] Baum fügte hinzu: “Die Gesellschaft – so scheint es – hat insgesamt noch keinen historischen Abstand gewonnen und ist heute weiter von der Verarbeitung des RAF-Terrors entfernt als Ende der Siebzigerjahre. Wir müssen uns schon mehr Mühe geben, um die komplexe Situation der damaligen Zeit zu begreifen.”

Die kritischen Bemerkungen sollen die große Bedeutung des von Wolfgang Kraushaar vorgelegten Sammelbands nicht schmälern. Zu einer Bestandsaufnahme der aktuellen Forschung gehört freilich auch, dass durch sie die Defizite und Desiderate deutlich werden. Das in jeder Hinsicht gewichtige Werk kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die historische Terrorismusforschung in der Bundesrepublik noch ganz am Anfang steht.

Anmerkungen:

[1] Analysen zum Terrorismus, hrsg. v. Bundesminister des Innern, Bd. 1-4, Opladen 1981-1984.

[2] Ebd., Bd. 1, 5 (Vorwort des Herausgebers, des Bundesinnenministers Gerhard Baum).

[3] Vgl. Stephan Scheiper: Der Wandel staatlicher Herrschaft in den 1960er/70er Jahren, in: Terrorismus in der Bundesrepublik. Medien, Staat und Subkulturen in den 1970er Jahren, hrsg. von Klaus Weinhauer / Jörg Requate / Heinz-Gerhard Haupt, Frankfurt a.M. 2006, 188-216; Matthias Dahlke: Der Anschlag auf Olympia ’72. Die politischen Reaktionen auf den internationalen Terrorismus in Deutschland, München 2006. Vgl. demnächst auch den Aufsatz von Matthias Dahlke über die staatliche Reaktion auf die Lorenz-Entführung von 1975 im Oktoberheft der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 55 (2007). Hingewiesen sei außerdem auf das neue Forschungsprojekt des Instituts für Zeitgeschichte über die Anti-Terrorismus-Politik in der Bundesrepublik (Johannes Hürter) und in Italien (Tobias Hof) in den 1970er- und 1980er- Jahren.

[4] Jan Philipp Reemtsma: Lust an Gewalt, in: DIE ZEIT, Nr. 11 vom 8.3.2007, 45f.; Gerhard Baum: Dämonisierung des Terrors, in: DIE ZEIT, Nr. 12 vom 15.3.2007, 52.


Gisela Diewald-Kerkmann: Frauen, Terrorismus und Justiz

Buchbesprechung von Peter Waldmann

Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit, die 2008 als historische Habilitationsschrift an der Universität Bielefeld angenommen wurde, stehen nicht die Terroristen und ihre Anschläge, sondern die Reaktionen darauf durch die Politik, die Medien und vor allem die Justiz. Es geht, wie die Verfasserin eingangs ausführt, um das Wechselverhältnis zwischen Politik, Justiz und RAF, wobei organisatorische Aspekte (Mesoebene) ebenso in die Betrachtung einbezogen werden wie Kleingruppendynamiken (Mikroebene) und das breite gesellschaftlich-politische Umfeld (Makroebene). Ursprünglich sollte ein Schwerpunkt der Untersuchung auf der Frauenfrage liegen, hierzu gab es auch bereits einige Vorhypothesen. Der Ansatz erwies sich jedoch als nicht sonderlich fruchtbar und wurde weitgehend fallen gelassen. Diewald-Kerkmann stellte lediglich fest, dass Frauen konsequenter – bis hin zur Selbstaufgabe – in ihrem revolutionären Engagement waren als die Männer, weniger bereit, ein Geständnis abzulegen und sich vom Weg der Gewalt loszusagen oder ihre Gefährten zu verraten.

Die Arbeit stützt sich primär auf die Analyse von Strafverfahren gegen Terroristinnen und Terroristen. Nach einigem Zögern wurde Frau Diewald-Kerkmann durch die zuständigen Behörden Einsicht in die Ermittlungs- und Prozessakten von insgesamt 113 Strafverfahren gestattet. Die Beschäftigung mit dieser Materie setzte eine gründliche Einarbeitung in die juristische Logik und Argumentationsweise voraus. Die Verfasserin blieb zwar ihrem Vorsatz treu, die Prozesse in den breiteren Kontext der Zeitgeschichte einzuordnen und sie daraus zu interpretieren. Manchmal macht sie sich aber selbst juristische, vor allem verfassungsrechtliche Prinzipien zu eigen, etwa wenn sie Zweifel daran äußert, ob die für Gerichte verbindliche Unschuldsvermutung noch das Handeln der Richter bestimmte, oder die Frage aufwirft, inwieweit die Unabhängigkeit des Gerichts in dem einen oder anderen Verfahren gewahrt blieb.

Solche Stellungnahmen sind jedoch selten und werden in behutsamer Form vorgetragen. Im Allgemeinen begnügt sich die Arbeit damit, die Reaktionen diverser Gruppen auf den Terrorismus nachzuzeichnen und den Umgang mit diesem in der bundesdeutschen Geschichte neuen Phänomen festzuhalten. Diewald-Kerkmann wertet nicht nur die Ermittlungs- und Prozessakten aus, sondern lässt auch zahlreiche Zeitzeugen aus unterschiedlichen politischen Lagern zu Wort kommen, die die Verfahren teils nur kritisch kommentierten, teils jedoch auch mehr oder weniger direkt zu beeinflussen suchten. Sie räumt den Zitaten viel Platz ein und lässt sie oft unkommentiert stehen, fühlt sich also nicht bemüßigt, sogleich zu erklären, für wen und was sie sprechen, sondern überlässt ihre Einordnung und Bewertung zunächst dem Leser. Außerdem vermeidet sie vorschnelle Kategorisierungen und pauschale Charakterisierungen. Auf diese Weise entsteht ein ebenso anschauliches wie glaubwürdiges Bild der Mischung aus Ratlosigkeit und Dezisionismus, verzweifelter Konsenssuche und faktischer Widersprüchlichkeit, welche die Reaktionen der Verantwortlichen und ihr Bemühen kennzeichnete, auf die Herausforderung angemessen zu antworten.

Der Ertrag der drei Hauptkapitel ist unterschiedlich. Im ersten über die Erklärungsmuster, welche die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte entwickelten, um das Abdriften von Kindern aus wohlsituierten bürgerlichen Familien in den Terrorismus nachvollziehen zu können, fällt er eher bescheiden aus. Die beiden dabei herausgestellten Faktoren (die studentische Protestbewegung und der Einfluss bereits radikalisierter Freunde und Partner) verkürzen zwar die wahren Kausalzusammenhänge beträchtlich, sind aber nicht offenkundig falsch oder spiegeln nur Vorurteile wider. Das zweite Hauptkapitel arbeitet die größten Schwierigkeiten heraus, vor die die Justiz durch die selbst ernannte revolutionäre Avantgarde gestellt wurde. Sollte man diese gemäß ihrem Selbstverständnis als “Staatsfeinde” oder als eine gewöhnliche Bande von Kriminellen behandeln? Wie konnte man den Status der Gerichte als unabhängige Instanz aufrechterhalten, wo doch das ganze Bestreben der Terroristen darauf abzielte, die öffentliche Meinung, einschließlich der Justiz, zu mobilisieren und zu polarisieren? Und welche Behandlung sollten Terroristen im Gefängnis erfahren? Sollte man sie den anderen Häftlingen gleichstellen oder einem besonderen Vollzugsregime unterwerfen? Hier gab es keine einheitlichen Antworten, je nach Zeitpunkt, Lageeinschätzung und Folgeabwägung, nach politischem Interesse und Grundorientierung gingen die Meinungen mehr in die eine oder andere Richtung. Die gleichen Probleme tauchen erneut im dritten Hauptkapitel auf, werden nunmehr jedoch in Bezug auf die Folgen der Prozesse für die Richter, die Verteidiger, die Kronzeugen und das Bundeskriminalamt sowie die Bundesanwaltschaft diskutiert. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass zwei Akteursgruppen in Bedrängnis gerieten, zwei andere aber von den Prozessen profitierten. Richter und Verteidiger sahen sich, teilweise nicht ohne eigenes Verschulden, durch die Prozesse vermehrtem Druck und zusätzlichen Belastungen ausgesetzt. Dagegen erlaubten die Gerichtsverfahren den Kronzeugen – meist Randfiguren der RAF und der Bewegung 2. Juni – sich durch ihre Informationsbereitschaft Straffreiheit zu erkaufen; zudem führten sie zu einer personellen Aufstockung des Bundeskriminalamts, das einen dauerhaften Machtzuwachs für sich verbuchen konnte.

Die Arbeit legt drei Schlussfolgerungen nahe. Erstens liefert sie einen erschreckend eindeutigen Beleg für die Rationalität und Erfolgsträchtigkeit des terroristischen Kalküls. In der Rückschau kann man sich nicht genug darüber wundern, welch bereitwillige Aufnahme die Selbststilisierung des verschwindend kleinen harten Kerns von Terroristen (nach Schätzungen allenfalls 40 bis 60 Personen) zu einer ernsthaften Bedrohung des Staates und der gesellschaftlich-politischen Grundordnung nicht nur in der sensationslüsternen Presse, sondern auch bei ernsthaften Politikern und Intellektuellen fand. Diese Bestätigung im Sinne einer Selffulfilling Prophecy erstreckte sich nicht nur auf die ersten, verständlicherweise eine Schockwirkung und übertriebene Gegenreaktionen auslösenden Anschläge, sondern auch auf den weiteren Verlauf der Ereignisse. Die verantwortlichen Strafverfolgungsbehörden und Politiker begriffen nicht, dass sie, indem sie sich auf die zunehmende Konflikteskalation und die Kriegsmetapher einließen, präzise dem Polarisierungsskript der RAF folgten. Erst die Schleyer-Entführung und der “heiße Herbst” 1977 machten schlagartig klar, dass von einer ernsthaften Staatsbedrohung durch “die Anarchisten” nicht die Rede sein konnte, sondern deren ursprüngliche revolutionären Pläne auf die Freipressung der angeblich widerrechtlich eingesperrten Gesinnungsgenossen geschrumpft waren.

Zweitens drängt sich der Eindruck auf, dass der Terrorismus als neues Phänomen den Justizapparat vor Probleme stellte, denen er nicht oder nur unzulänglich gewachsen war. Dabei mögen auch persönliche Schwächen einzelner Richter eine Rolle gespielt haben, doch die wesentlichen Probleme waren struktureller Natur: Angesichts des nach den terroristischen Anschlägen von einflussreichen Politikern erklärten “Staatsnotstands” erhöhte sich der Druck der Exekutive auf die Gerichte, ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Noch stärker war der Druck der Massenmedien, die sich teilweise nicht scheuten, die angeklagten Terroristen bereits im Vorfeld des eigentlichen Strafprozesses schuldig zu sprechen. Überfordert waren die Richter oft auch durch den neuen Typus des Angeklagten aus gutbürgerlichem Hause, der – rhetorisch gewandt – die Konfrontation suchte, sich an keine Spielregeln hielt und das Gericht ständig provozierte und diffamierte. Einer zügigen Abwicklung der Verfahren stand auch die für Kollektivdelikte generell charakteristische Beweisnot im Wege, d.h. die Schwierigkeit, den Tätern individuell unrechtmäßiges, schuldhaftes Verhalten nachzuweisen.
Um Abhilfe bemüht, griffen Justiz und Exekutive zu rechtsstaatlich bedenklichen Mitteln wie der Kronzeugenregelung oder der Einführung zusätzlicher Straftatbestände, die dem Ansehen der Justiz schadeten. Schließlich sorgte auch eine nicht auszuräumende Ambivalenz der zur Diskussion stehenden Straftatbestände – die RAF war eben keine kriminelle Bande im üblichen Sinn – dafür, dass sich die Gerichte teilweise in Widersprüche verwickelten und zu keiner überzeugenden einheitlichen Linie fanden.

Drittens ist nochmals auf die Ausgangsfragestellung der Arbeit nach den geschlechtsspezifischen Deutungen und Behandlungsmodalitäten von Terroristen zurückzukommen. “Obwohl die Unterscheidung zwischen männlich und weiblich als fundamentaler, geradezu archetypischer Unterschied überhaupt” gilt (302) und rund die Hälfte der deutschen Terroristen Frauen waren, spielte die Geschlechterdifferenz sowohl in den Gerichtsverhandlungen als auch im Verhalten der Angeklagten selbst nur eine untergeordnete Rolle. Auch in diesem Befund liegt ein nicht zu unterschätzendes Ergebnis der Arbeit. Sie zeigt auf, wie weit die Erklärungs- und Deutungsrelevanz des Unterschieds zwischen den Geschlechtern reicht und wo diese endet.

Quelle: www.sehepunkte.de/2010/01/17183.html

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Robert Allertz: Die RAF und das MfS

Buchbesprechung von Tobias Hof

Unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung war in der Öffentlichkeit von einer engen Kooperation zwischen dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und der Roten Armee Fraktion (RAF) die Rede. Aufgrund der schwierigen Quellenlage fehlt zwar bislang eine umfassende Monografie über dieses Thema, aber Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen haben sich in zahlreichen Aufsätzen über die möglichen ideellen und materiellen Verbindungen zwischen dem DDR-Geheimdienst und den westdeutschen Terroristen geäußert. So besteht mittlerweile ein breiter Konsens darüber, dass die vermutete aktive Förderung der RAF durch das MfS überschätzt wurde. Vielmehr nahm das MfS gegenüber den Terroristen wohl eine passive Rolle ein, indem Terroristen die Durchreise gewährt wurde oder Aussteiger in die Gesellschaft der DDR integriert wurden.

Im Jahr 2008 legte Robert Allertz sein Buch “Die RAF und das MfS” vor. Allertz, Diplomjournalist und Reserveoffizier, ist als freier Publizist tätig und steht dem “Insiderkomitee zur Förderung der kritischen Aneignung der Geschichte des MfS” nahe, das Mitarbeiter des MfS ins Leben gerufen haben. Das Buch beinhaltet Interviews, die er mit ehemaligen Mitarbeitern des MfS führte und Aufsätze, die unter anderem von Gerhard Neiber, dem ehemaligen Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit, und Gerhard Plomann, einem engen Mitarbeiter Neibers, stammen. Abgeschlossen wird das Werk durch einen von Allertz verfassten Nachruf auf Neiber, der am 13. Februar 2008 verstarb. Aufgrund der gesamten Anlage des Buches muss Allertz mehr als Herausgeber denn als Verfasser gelten.

Dem vom Titel suggerierten Thema widmen sich die verschiedenen Beiträge freilich kaum und wenn, so wird eine aktive Zusammenarbeit zwischen MfS und RAF stets verneint. Lediglich die Aussteigerprogramme “Stern I” und “Stern II” werden näher beschrieben: Ehemalige Terroristen erhielten die Staatsbürgerschaft der DDR sowie neue Identitäten. Sie wurden nicht an die Bundesrepublik ausgeliefert, da zwischen beiden deutschen Staaten kein Rechtshilfeabkommen bestanden habe und eine Auslieferung von Staatsbürgern der DDR ein Bruch der Verfassung gewesen wäre.

Wesentlich mehr Informationen bietet das Buch über die internationale terroristische Szene nach dem Olympiaattentat von 1972, wie sie das MfS wahrnahm, und über die Gegenmaßnahmen, die das Ministerium einleitete. Dabei werden Einblicke in die strukturellen Veränderungen der Behörde und in die Vorstellungen über den Terrorismus geboten, den man als gesellschaftliche Folge von Kapitalismus und Imperialismus definierte – gezielt gesteuert von den westlichen Geheimdiensten, um die Errichtung eines Polizeistaats zu rechtfertigen. Mit den “humanistischen Grundanliegen des Sozialismus” (84) sei der Terrorismus hingegen unvereinbar gewesen. Ferner sei wegen der Wachsamkeit des MfS, den gesellschaftlichen Verhältnissen und der Wachsamkeit der Bürger die terroristische Gefahr in der DDR gering gewesen. Dieses Interpretationsmuster wird auch nicht verlassen, wenn Bezug zu Ereignissen vom Zweiten Weltkrieg bis heute genommen wird: So sei unter anderem der Staatsterror des stalinistischen Regimes eine legitime Abwehrreaktion gegen subversive, vom Westen unterstützte Gruppen gewesen. Auch die Geschehnisse nach dem 11. September 2001 würden beweisen, dass Krieg und Terror die zentralen politischen Mittel des Westens seien. Denn schließlich gebe es keinen “Unterschied zwischen dem Überfall auf den Sender Gleiwitz und den auf ein Hochhaus der Hochfinanz.” (71)

Den Anspruch, Fakten von Fiktionen zu trennen, erfüllt das Buch zu keiner Zeit. Es liefert weder neue Erkenntnisse, noch werden die teils abstrusen Thesen stichhaltig belegt. Auch die angekündigten Dokumente bleibt Allertz schuldig. Die abgebildeten Fotokopien von Akten der Bundesbehörde für die Stasiunterlagen sollen diese Lücke scheinbar kaschieren, enthalten jedoch keinerlei verwertbaren Informationen. Die vielfach zitierte Sekundärliteratur – unter anderem von Andreas von Bülow und Gerhard Feldbauer [1] – ist darüber hinaus in der Forschung umstritten.

Allertz bietet in erster Linie führenden Funktionären des Ministeriums für Staatssicherheit eine Plattform, um ihre einstige Arbeit zu rechtfertigen und in ein positives Licht zu rücken. Ziel des Buches ist es, das MfS als einen “ganz normalen Geheimdienst” darzustellen, seine Arbeit und Mitarbeiter zu rehabilitieren und ihn gegenüber den westlichen Geheimdiensten moralisch zu überhöhen. Des Weiteren ist eine Sympathie mit den sozialrevolutionären terroristischen Gruppen in ihrem Kampf gegen den bundesdeutschen “Polizeistaat”, der immer wieder als Erbe des ‘Dritten Reiches’ dargestellt wird, zu erkennen. Eine derart euphemistische und ideologisch gefärbte Darstellung wirkt heute nicht nur deplatziert und anachronistisch, sondern lässt die Forschungsliteratur über die DDR und die Arbeit des MfS vollkommen außer Acht.

Der ideologisch verklärende Blick beschränkt sich zum allgemeinen Ärgernis jedoch nicht nur auf die Arbeit des DDR-Geheimdiensts. Vielmehr werden gebetsmühlenartig Verschwörungstheorien zu den Ereignissen seit 1945 ohne Belege angeführt. Dabei zeugt die Äußerung von Allertz, dass ein Anschlag wie in New York in der DDR dank der Arbeit des MfS nicht möglich gewesen wäre, nicht nur von einer ebenso naiven wie verzerrten Weltsicht, sondern auch von seiner Unkenntnis über den internationalen Terrorismus.

Trotz dieser großen Schwächen liefert das Buch zwischen den Zeilen vereinzelt interessante Einblicke in die Organisationsstruktur des Ministeriums für Staatssicherheit. So wird detailliert der Aufbau der Hauptabteilung XXII geschildert, die mit der Abwehr des Terrorismus betraut war. Auch die Darstellung der Aussteigerprogramme besitzt Substanz. Die These von ihrer herausragenden Bedeutung für das Ende der RAF, wie dies insbesondere Neiber und Plomann behaupten, ist mit Sicherheit nicht haltbar, sollte aber nicht gänzlich als bloße Propaganda abgetan werden. Denn gerade das Beispiel der Anti-Terrorismus-Politik Italiens zeigt, dass die gesellschaftliche Reintegration ehemaliger Terroristen ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Gegenstrategie sein kann.

Die wenigen positiven Eindrücke können die Mängel des Buches bei Weitem nicht abmildern geschweige denn ausgleichen. Wer sich über die Kooperation zwischen MfS und RAF einen Überblick verschaffen möchte, kann dieses Buch getrost übergehen. Ihm seien lieber Arbeiten anerkannter Experten wie Tobias Wunschik oder Michael Ploetz empfohlen. [2] Wer jedoch einen Eindruck darüber gewinnen möchte, wie ehemalige Mitarbeiter des MfS versuchen, ihre einstige Arbeit zu verklären und sich zu rehabilitieren, dem wird es nicht erspart bleiben, sich mit diesem Band auseinanderzusetzen.

Anmerkungen:

[1] Vgl. Andreas von Bülow: Im Namen des Staates – CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste, München 1998; Gerhard Feldbauer: Agenten, Terror, Staatskomplott. Der Mord an Aldo Moro, Rote Brigaden und CIA, Köln 2000.

[2] Tobias Wunschik: Das Ministerium für Staatssicherheit und der Terrorismus in Deutschland, in: Diktaturen in Europa im 20. Jahrhundert – der Fall DDR, hg. von Heiner Timmermann, Berlin 1996, 289-302; Michael Ploetz: Mit RAF, Roten Brigaden und Action Directe. Terrorismus und Rechtsextremismus in der Strategie von SED und KPdSU, in: Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat 22 (2007), 117-144.

Source: http://www.sehepunkte.de/2009/05/15516.html

Islam = Submission (hier: Link zu Theo van Goghs Film)

Theo van Gogh

Islam übersetzt auf Deutsch heißt Unterwerfung, in Englisch: Submission.

Unterwerfung unter Allah ist damit gemeint. Deshalb auch die unterwürfige Haltung beim Beten mit Kopf zur Erde und Hintern zum Himmel. Ob das wirklich gottgefällig ist, ihm den Allerwertesten entgegen zu strecken und das Gesicht quasi zu verbergen, sollte bezweifelt werden. Aber jede/r hat den Gott, den er/sie verdient.

Vor sieben Jahren wurde in Amsterdam der niederländische Filmregisseur Theo van Gogh auf offener Straße vom strenggläubigen Moslem Mohammed Bouyerie umgebracht. Theo, der ein Urenkel des Bruders des berühmten Malers Vincent van Gogh ist, hatte zusammen mit der niederländischen Politikerin, Frauenrechtlerin und Islamkritikerin somalischer Herkunft Ayaan Hirsi Ali den Film “Submission” (Unterwerfung) produziert, in dem u.a. Koranverse auf nackter Frauenhaut zu sehen sind.

Der sehr ästhetisch gemachte Film thematisiert die Unterdrückung der Frau im Islam. Mohammed Bouyerie sah seine Religion beleidigt und tötete – ganz im Sinne des Propheten Mohammed – den bedauernswerten Theo van Gogh. Eine Morddrohung an Ayaan Hirsi Ali heftete der in den Niederlanden geborene Marokkanischstämmige mit einem Messer an Theos Brust. 
Der Film “Submission” (1 und 2) mit deutschen Untertiteln hier.

The War Within (Over the Mountains) (2005)

In the case you missed it, watch this movie.

MOVIE INFO

The war on terror has an unusual effect on one man in this independent drama. Hassan (Ayad Akhtar) was an engineering student from Pakistan who, while studying in Paris, was one of several Pakistani students arrested by intelligence officers on suspicion of participating in international terrorist activities. Hassan was innocent of any crimes, but it took him hours to convince the authorities of this. By the time Hassan was released, his attitude about the West had begun to change, and in time he began to identify with the terrorists with whom he had been unwittingly associated. Hassan then renounces his old life, joins a radical group, and illegally slips into the United States with the aim of staging a major terrorist action in New York City. Hassan comes to stay with an old friend, Sayeed (Firdous Bamji), and his family; Hassan has told Sayeed and his wife (Sarita Choudhury) that he’s come to New York in search of a job, but in time Sayeed suspects his friend has a different agenda in mind. The War Within was screened as part of the 2005 Toronto Film Festival. 

http://www.rottentomatoes.com/m/war_within/