Fundamentalismus der Aufklärung oder Rassismus der Antirassisten?

                Von
Pascal Bruckner

24.01.2007.
Ayaan Hirsi Ali sieht nicht nur gut aus, sondern beruft sich
auch noch auf Voltaire. Da übertreibt sie, finden Ian Buruma und Timothy
Garton Ash, und erklären sie zur “Fundamentalistin der Aufklärung”. Sie
selbst verkörpern den Rassismus der Antirassisten. 

“Was sollte man einem Menschen antworten, der einem sagt, er gehorche
lieber Gott als den Menschen, und der sich infolgedessen sicher ist,
den Himmel zu verdienen, wenn er einen erdrosselt?”
(Voltaire)

“Kolonialismus
und Sklaverei haben im Westen ein Gefühl der Schuld hinterlassen, das
dazu verführt, andere Kulturen einfach immer ganz wunderbar zu finden.
Diese Haltung ist denkfaul, wenn nicht rassistisch.”
(Ayaan Hirsi Ali)

Es
lässt sich nicht leugnen: Die Feinde der Freiheit kommen zuerst aus den
freien Gesellschaften, aus einem Teil jener aufgeklärten Eliten, die
der übrigen Menschheit – ja sogar den eigenen Mitbürgern – den Genuss
demokratischer Rechte verwehren, falls diese das Pech haben, einer
anderen Religion oder Ethnie anzugehören als sie selbst. Wer’s nicht
glauben will, der lese zwei kürzlich erschienene Texte : das Buch des
niederländisch-britischen Autors Ian Buruma über den in Amsterdam verübten Mord an Theo van Gogh (1) und die von dem englischen Journalisten und Universitätsprofessor Timothy Garton Ash verfasste und in der New York Review of Books veröffentlichte Rezension desselben Buches (2).

Ian Burumas
nach angelsächsischer Art geschriebene Reportage fasziniert insofern,
als sie alle Protagonisten des Dramas, den Mörder wie sein Opfer
scheinbar unparteiisch zu Wort kommen lässt. Allerdings kann er seinen
Ärger über das Engagement Ayaan Hirsi Alis, einer niederländischen Abgeordneten somalischer Herkunft, nur schlecht verbergen. Ayaan Hirsi Ali war mit Theo van Gogh befreundet und steht selbst unter Morddrohung. Ihre Kritik am Koran bringt Buruma in Verlegenheit. Timothy Garton Ash
argumentiert noch brutaler: Als Apostel des Multikulturalismus ist er
der Meinung, Ayaan Hirsi Alis Haltung sei zugleich verantwortungslos und
kontraproduktiv. Sein Urteil ist erbarmungslos: “Ayaan Hirsi Ali ist
eine mutige, freimütige und leicht vereinfachende Fundamentalistin der
Aufklärung.” (3) Als Beweis dafür dient ihm, dass diese junge Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt, in ihrer Jugend der Muslimbruderschaft
in Ägypten angehört und lediglich ein Credo durch ein anderes ersetzt
habe: den Propheten-Fanatismus durch den Vernunfts-Fanatismus.

Diese
Art der Gleichsetzung ist nicht neu: Die Katholische Kirche gebrauchte
sie im gesamten 19. Jahrhundert, um Reformen zu blockieren. Im unlängst
in Frankreich ausgebrochenen Kopftuchstreit wurde sie von den
Gegnern des Gesetzes ins Feld geführt. Im Fall Ayaan Hirsi Alis, die
selbst beschnitten wurde und zwangsverheiratet werden sollte, die aus
Afrika floh, um in den Niederlanden Asyl zu finden, ist diese
Anschuldigung von vornherein falsch: Im Unterschied zu Mohammed Bouyeri,
dem Mörder Theo van Goghs, hat sie niemals Mord gepredigt, um ihre
Ideen durchzusetzen. In ihrer Autobiografie schreibt sie: “Der Koran ist
Menschenwerk, nicht Gotteswerk. Darum müssen wir uns frei fühlen, ihn
zu interpretieren und der modernen Zeit anzupassen, anstatt uns
schmerzhaft zu verrenken, um wie die ersten Gläubigen in einer fernen
und fürchterlichen Vergangenheit zu leben.” (4)
Hier findet sich keine Spur von Sektierertum. Ihre einzigen Waffen sind
die der Überzeugung, der Widerlegung, der Rede. Sie argumentiert mit
Vernunft und nicht mit pathologischem Bekehrungseifer.

Die bloße
Hoffnung, eines Tages die Tyrannei und den Aberglauben zu besiegen,
kann doch wohl nicht als ungesunde Exaltiertheit gelten. Doch Ayaan
Hirsi Ali wie auch andere aufbegehrende Musliminnen – Taslima Nasrin, Wafa Sultan (hier ihr unglaubliches Interview auf Al Dschasira), Irshad Manji, Seyran Ates, Necla Kelek
– hat in den Augen unserer so wohlwollenden Professoren ein
unverzeihliches Verbrechen begangen: Sie nimmt die demokratischen
Prinzipien ernst. Wenn sich der Schwache gegen den Starken zur Wehr
setzt, ist es bekanntlich bequemer, über ersteren herzufallen als über
letzteren. Dem Widerständler wird von den Feiglingen gern vorgeworfen,
er fordere den Zorn des Mächtigen heraus.

Nicht ohne Perfidie bestreitet Ian Buruma Ayaan Hirsi Ali das Recht, sich auf Voltaire zu berufen: Dieser habe einer der mächtigsten Institutionen seiner Zeit, der Katholischen Kirche, die Stirn geboten, während sie sich damit begnüge, “eine verletzliche Minderheit im Herzen Europas” anzugreifen (5).
Dabei vergisst er, dass der Islam keine Grenzen kennt. Die muslimischen
Gemeinschaften der Alten Welt haben mehr als eine Milliarde
Glaubensanhänger unterschiedlicher Strömungen im Rücken. Sie können zur
Vorhut einer fundamentalistischen Offensive oder gerade im Gegenteil zum
Beispiel einer vernünftigeren Religiosität werden. Das ist wahrlich
keine Lappalie, sondern eine der größten Herausforderungen des 21.
Jahrhunderts!

Nicht genug, dass Ayaan Hirsi Ali wie eine
Einsiedlerin leben muss, umgeben von Leibwächtern, die sie davor
bewahren, dass die Radikalen ihr Versprechen wahr machen und ihr den
Hals durchschneiden. Sie muss auch noch – wie Robert Redeker,
der französische Philosoph, den islamistische Webseiten mit dem Tod
bedrohen – , den Spott der Lehnstuhlphilosophen und Oberlehrer über sich
ergehen lassen. In Holland hat man sie, sogar von links, als Nazi
beschimpft! (6)
Demnach wären die Verteidiger der Freiheit also Faschisten, während die
Fanatiker als Opfer dastehen! Hier schnappt ein altbekannter
Mechanismus ein: Wer sich gegen die Barbarei auflehnt, wird selbst
beschuldigt, ein Barbar zu sein.

Das Gleichheitszeichen
kommt jedoch in der Politik wie auch in der Philosophie immer einer
Abdankung gleich. Wenn denken heißt, seine eigenen Worte abzuwägen, um
die Welt treffend zu benennen, also zu vergleichen, dann zeugt die
Gleichsetzung vom Scheitern des Denkens. “CRS-SS” zu schreien, wie man es im Mai 1968 tat, oder “Bush = Bin Laden” oder zu sagen, Voltaire sei dasselbe wie Savonarola,
heißt, sich mit und zweifelhaften Parallelen zufriedenzugeben. Die
Aufklärung wäre dann nur eine weitere Religion – so verrückt und
unnachgiebig wie der Katholizismus der Inquisition oder der radikale
Islam. Im Fahrwasser von Heidegger hat eine ganze Denkschule von Gadamer bis Derrida
den Anspruch der Aufklärung angefochten, ein neues Zeitalter einer sich
selbst bewussten Geschichte zu verkörpern. Im Gegenteil: Dieser
philosophischen und literarischen Episode sollen alle Leiden unserer
Zeit entsprungen sein: Kapitalismus, Kolonialismus,Totalitarismus. Die
Kritik der Vorurteile soll nur ein weiteres Vorurteil sein, womit
bewiesen wäre, dass die Menschheit unfähig ist zur Selbsterkenntnis. Dem
Wahn einiger Literaten, die mit Gott und der Offenbarung tabula rasa
machen wollten, sei es zu verdanken, dass Europa später in die
Finsternis hinabgetaucht sei. Durch eine scheußliche Dialektik habe die
Erweckung der Vernunft Ungeheuer hervorgebracht (Horkheimer, Adorno).

Dass
es tatsächlich einen Fanatismus der Moderne gegeben hat, davon zeugt
die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Es ist auch unbestreitbar,
dass der Fortschrittsglaube die Gestalt einer Religion samt ihren
Hohepriestern – von Saint Simon bis Auguste Comte über Victor Hugo
– angenommen hatte. Die abscheulichen weltlichen Religionen des
Nationalsozialismus und des Kommunismus standen den schlimmsten
Gottesstaaten, deren radikale Negation sie – zumindest im zweiten Fall –
sein wollten, mit ihren todbringenden Ritualen und Massenmorden in
nichts nach. Man hat im 20. Jahrhundert mehr gegen Gott getötet als in
seinem Namen. Und doch wurden der Nationalsozialismus und nach ihm der Kommunismus
von demokratischen Regierungen entthront, die ihre Inspiration aus der
Aufklärung und der Philosophie der Menschenrechte bezogen und die auf
Toleranz und Meinungsvielfalt beruhten. Die Romantik hat die
Abstraktheit der Aufklärung, ihren Anspruch, einen neuen, von jeglichem
religiösen Gefühl, von jeglichem Fleisch befreiten Menschen zu
erschaffen, heilsam gemildert. Wir sind heute die Erben beider
Bewegungen und wissen die Besonderheit einer nationalen, sprachlichen
und kulturellen Verankerung mit der Universalität des
Menschengeschlechts in Einklang zu bringen. Schon seit langem übt die
Moderne Selbstkritik, stellt ihre eigenen Ideale unter Verdacht und
verurteilt die Anbetung einer Vernunft, die blind für die eigene
Maßlosigkeit ist. Kurz, bis zu einem gewissen Grad kennt sie ihre
Grenzen.

Die Aufklärung hat sich als fähig erwiesen, auch ihre
Irrtümer zu überdenken. Kritik an ihren zum Exzess getriebenen Begriffen
ist ein weiterer Beweis der Treue zu ihr. Ja, sie ist so sehr
Bestandteil unseres zeitgenössischen geistigen Werkzeugs, dass selbst
die von Gott besessenen Eiferer sich auf sie berufen, um ihre
Botschaften zu verkünden. Ob wir wollen oder nicht, wir sind die Kinder
dieses kontroversen Jahrhunderts, wir sind gezwungen, unsere Väter in
der Sprache zu verdammen, die sie an uns weitergegeben haben. Und weil
die Aufklärung selbst ihre ärgsten Feinde besiegen konnte, besteht kein
Zweifel, dass sie auch die islamistische Hydra niederringen wird.
Vorausgesetzt sie glaubt an sich und ächtet nicht ausgerechnet die
wenigen Reformer des Islam.

Wir besitzen heute zwei Vorstellungen von Freiheit:
die eine stammt aus dem 18. Jahrhundert und beruht auf der Befreiung
von Tradition und Autorität, die andere stammt aus der
anti-imperialistischen Anthropologie und nimmt an, dass alle Kulturen
die gleiche Würde besitzen und darum nicht nach unseren eigenen
Kriterien beurteilt werden dürfen. Der Relativismus empfiehlt
uns, unsere vorgeblichen Werte als die Glaubenssätze jenes Stammes
anzusehen, der sich “der Westen” nennt. Auf diesen Auffassungen beruht
der Multikulturalismus: Entstanden 1971 in Kanada, will er vor allem das
friedliche Zusammenleben von Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher
ethnischer oder rassischer Herkunft auf ein und demselben Territorium
gewährleisten. Für den Multikulturalismus verfügt jede menschliche
Gruppe über eine Einzigartigkeit und Legitimität, die ihr Existenzrecht
begründen und ihr Verhältnis zu den anderen definieren. Die Kriterien
von Recht und Unrecht, von Verbrechen und Barbarei treten zurück vor dem
absoluten Kriterium des Respekts vor dem Anderen. Es gibt keine ewige
Wahrheit mehr, der Glaube an sie entspringt einem naiven
Ethnozentrismus.

Wer schüchtern daran erinnert, dass Freiheit
unteilbar ist, dass ein Menschenleben überall denselben Wert besitzt,
dass die Amputation der Hand eines Diebes oder die Steinigung einer
ehebrüchigen Frau nirgendwo geduldet werden können, wird im Namen der
notwendigen Gleichheit der Kulturen zurechtgewiesen. Wie die anderen
leben und leiden, wenn man sie erst einmal in das Ghetto ihrer
Eigentümlichkeit eingepfercht hat, darum soll man sich nicht scheren?
Man tröstet sich über die Last ihres Schicksals, indem man ihre unantastbare Andersartigkeit
hervorhebt. Nun ist es allerdings eine Sache, die Überzeugungen und
Riten von Mitbürgern fremder Herkunft anzuerkennen, und eine ganz
andere, inselartigen Gemeinschaften den Segen zu geben, die jede
Kontamination durch das Fremde abwehren und Schutzwälle zwischen sich
und der übrigen Gesellschaft errichten. Wie kann man eine
Andersartigkeit akzeptieren, die die Menschen ausgrenzt, statt sie
aufzunehmen? Hier stößt man auf das Paradoxon des Multikulturalismus:
Er gewährt allen Gemeinschaften die gleiche Behandlung, nicht aber den
Menschen, aus denen sie sich bilden, denn er verweigert ihnen die
Freiheit, sich von ihren eigenen Traditionen loszusagen. Statt dessen:
Anerkennung der Gruppe, Unterdrückung des Individuums. Bevorzugung der
Tradition gegen den Willen all jener, die Bräuche und Familie hinter
sich lassen, weil sie zum Beispiel die Liebe nach ihrer eigenen
Vorstellung leben wollen.

Man vergisst, dass es einen
regelrechten Despotismus von Minderheiten gibt, die sich gegen die
Assimilation sträuben, solange diese nicht mit einem Status der
Exterritorialität und mit Sonderrechten verknüpft ist. So macht man
diese Minderheiten zu Nationen innerhalb der Nationen, die sich dann zum
Beispiel zuerst als Muslime und dann erst als Engländer, Kanadier oder
Holländer ansehen: Identität gewinnt die Oberhand über
Staatsangehörigkeit. Schlimmer: Aus lauter Respekt vor Besonderheiten
sperrt man die Individuen erneut in eine rassische oder ethnische
Definition, stößt sie zurück in eine Abgrenzung, aus der man sie doch
gerade herausholen wollte. Da haben wir den Schwarzen, den Araber, den
Pakistani, den Muslim, Gefangene ihrer Geschichte auf Lebenszeit, in
ihre Hautfarbe und ihren Glauben verbannt, ganz wie in der Kolonialzeit.

Man verweigert ihnen, was bisher unser Privileg gewesen ist: den Übergang von einer Welt in eine andere, von der Tradition zur Moderne, vom blinden Gehorsam zur Vernunftentscheidung. “Ich habe die Welt des Glaubens, der Beschneidung (7)
und der Ehe für die der Vernunft und der sexuellen Befreiung verlassen.
Ich habe diese Reise gemacht und jetzt weiß ich, dass eine dieser
beiden Welten ganz einfach besser ist als die andere, nicht wegen ihrer
hübschen blinkenden Dinge, sondern wegen ihrer Grundwerte”, schreibt
Ayaan Hirsi Ali in ihrer Autobiografie (8).
Minderheitenschutz bedingt auch das Recht der Angehörigen dieser
Minderheiten, sich ihnen ohne Risiko für die eigene Person zu entziehen –
durch Gleichgültigkeit, Atheismus, Mischehe, durch das Vergessen von
Klan- oder Familiensolidarität, oder durch das Schmieden eines eigenen
Schicksals, das ihnen selbst gehört und nicht in der bloßen Wiederholung
der elterlichen Muster besteht.

Mit Rücksicht auf die erlittenen
Kränkungen erhebt man die ethnische, sexuelle, religiöse oder regionale
Minderheit oft zu einer Art kleiner Nation, bei der auch der maßloseste
Chauvinismus in aller Unschuld als Ausdruck einer legitimen Selbstliebe
gehandelt wird. Statt die Freiheit als eine den Determinismus
aufbrechende Kraft zu feiern, unterstützt man die Wiederholung von
Vergangenheit und den Zwang, den die Gemeinschaft auf den Einzelnen
ausübt. Randgruppen produzieren zuweilen eine Art von Gesinnungspolizei
und fahnenschwenkendem Mikronationalismus, der in einigen Ländern
Europas bedauerlicherweise auch noch staatlich gefördert wird. Die
Erpressung zu ethnischer, religiöser oder rassischer Solidarität, die
Verurteilung Abtrünniger als Verräter, “Türken vom Dienst” “Onkel Toms”
und “Bountys” soll jedes Streben nach Autonomie brechen. Unter dem
Anschein der Vielfalt schafft man ethnische oder religiöse Kerker, deren
Insassen die Privilegien der Mehrheitsgesellschaft verwehrt bleiben.

Dass
eine Ayaan Hirsi Ali mit den Sanktionen unserer Intellektuellen zu
rechnen hat, ist also kaum überraschend. Nichts fehlt im Porträt, das
Timothy Garton Ash von der jungen Frau entwirft, nicht einmal ein
altbackener Machismo: Nur die Schönheit und der Glamour der
niederländischen Abgeordneten erklären für Ash ihren Medienerfolg, nicht
etwa die Triftigkeit ihrer Vorwürfe (9). Dass der integristische Theologe Tariq Ramadan,
dem er flammende Loblieder singt, seinen Ruf auch seinem playboyhaften
Aussehen verdanken könnte, fällt Ash nicht ein. Stimmt schon: Ayaan
Hirsi Ali durchkreuzt die gängigen Stereotypen der political
correctness: Als Somalierin verkündet sie die Überlegenheit Europas über
Afrika, als Frau ist sie weder verheiratet noch Mutter, als Muslimin
kritisiert sie offen die Rückständigkeit des Korans. Dass sie all diese
Klischees mit Füßen tritt, macht sie zu einer echten Rebellin im
Gegensatz zu den Talmirevolutionären, die unsere Gesellschaften wie am
Fließband produzieren.

Was Ian Buruma und Timothy Garton Ash an
ihr maßregeln, ist das Verrückte, Hochfahrende, Maßlose und Getriebene,
ihr Enthusiasmus. Sie handeln dabei wie jene Inquisitoren, die in jeder etwas zu flamboyanten Frau
die vom Satan bewohnte Hexe jagten. Bei der Lektüre ihrer durch und
durch herablassenden Äußerungen versteht man, dass der Kampf gegen den
muslimischen Fundamentalismus zuallererst auf symbolischer Ebene und
zuallererst von Frauen gewonnen werden muss, weil sie der Dreh- und
Angelpunkt der Familie und der sozialen Ordnung sind. Sie zu befreien,
ihnen in allen Belangen die gleichen Rechte wie den Männern zu gewähren,
ist die notwendige Bedingung für einen Fortschritt in den
arabisch-muslimischen Gesellschaften. Übrigens: Jedesmal, wenn ein
westlicher Staat Minderheitenrechte gesetzlich verankern wollte,
waren es Angehörige dieser Minderheiten – meistens Frauen -, die
Widerspruch einlegten. Die großzügige Bereitschaft zu einem
Entgegenkommen – etwa die Bestrebungen im kanadischen Staat Ontario,
Muslime zumindest in Erb- oder Familienstreitigkeiten nach der Scharia
richten zu lassen, oder auch der Vorschlag der ehemaligen
Bundesverfassungsrichterin und Sozialdemokratin Jutta Limbach,
im deutschen Grundgesetz ein Minderheiten-Statut zu schaffen, das zum
Beispiel die Befreiung muslimischer Mädchen vom Sportunterricht erlaubt –
wird wie ein Rückschritt und eine erneute Einkapselung erlebt (10).

Die Mystik des Respekts vorm Anderen, wie sie sich im Westen entwickelt, ist äußerst dubios: Denn Respekt
bedeutet etymologisch gesehen “aus der Ferne betrachten”. Im 19.
Jahrhundert empfand man die Eingeborenen als so fremd, dass es undenkbar
war, ihnen das europäische Modell oder gar die französische
Staatsbürgerschaft anzutragen. Damals wurde die Andersartigkeit als
Minderwertigkeit gedacht, jetzt wird sie wie eine unüberwindbare Distanz
erlebt. Auf die Spitze getrieben führt dieses Lob der Autarkie in
sattsam bekannt Politikmodelle: Was war die südafrikanische Apartheid
anderes als ein wörtlich genommener Respekt vor der Andersheit, bis hin
zu dem Punkt, an dem der Andere so verschieden von mir ist, dass er
nicht mehr das Recht hat, sich mir zu nähern?

So bremst man aus
Sorge um das religiöse Gleichgewicht jede Reformregung innerhalb einer
bestimmten Konfession, so sperrt man einen Teil dieser Bevölkerung –
meistens die Frauen – in einen Minderheitenstatus. So erhält man auf
subtile Weise unter dem Mäntelchen der Vielfalt die Segregation
aufrecht. Womit bewiesen wäre, dass sich hinter dem Loblied auf die
Schönheit aller Kulturen oft genug nur die sattsam bekannte Herablassung
der einstigen Kolonialherren verbirgt. Manche sagen: Der Islam
ist erst im 7. Jahrhundert entstanden, er hat einen unvermeidlichen
Rückstand. Oder, wie Tariq Ramadan behauptet: Die Masse der Gläubigen
ist noch nicht reif genug, eine Praxis wie die Steinigung aufzugeben (er
selbst ruft zu einem Moratorium für diese Art von Bestrafung auf, nicht
zu deren Abschaffung) (11).
Doch diese Auffassung verkennt die “Ungeduld der Freiheit” (Michel
Foucault), die muslimische Eliten beim Anblick jener laizistischen
Nationen ergreift, die sich von den Fesseln des Dogmas und rückständigen
Sitten befreit haben.

Die Aufklärung gehört dem
Menschengeschlecht und nicht nur einigen Privilegierten aus Europa und
Nordamerika – die sich überdies herausnehmen, sie wie verwöhnte Gören
mit Füßen zu treten und anderen vorzuenthalten. Vielleicht ist der
Multikulturalismus angelsächsischer Prägung nichts anderes als eine legale Apartheid,
begleitet – wie so oft – vom rührseligen Gesäusel der Reichen, die den
Armen erklären, dass Geld allein nicht glücklich macht. Wir tragen die
Bürde der Freiheit, der Selbstverwirklichung, der Gleichberechtigung der
Geschlechter, euch bleiben die Freuden des Archaischen, des Missbrauchs
nach Vorvätersitte, der arrangierten Heiraten, Kopftücher und Vielehen.
Angehörige dieser Minderheiten werden unter Denkmalschutz gestellt. Wir
sperren sie in ein Reservat, um sie vor dem Fanatismus der Aufklärung
und den Kalamitäten des Fortschritts zu bewahren: All jenen, die uns
unter dem Sammelnamen Muslime bekannt sind (Maghrebiner, Pakistani,
Afrikaner) soll es verboten sein, den Glauben abzulegen, oder nur ab und
zu zu glauben, auf Gott zu pfeifen oder sich ein Leben fernab von Koran
und Stammesriten aufzubauen.

Der Multikulturalismus ist ein Rassismus des Antirassismus. Er kettet die Menschen an ihre Wurzeln. Der Bürgermeister von Amsterdam, Job Cohen,
einer der Stützpfeiler des niederländischen Staates, fordert
beispielsweise, man solle “einige muslimisch-orthodoxe Gruppierungen,
die bewusst die Frau diskriminieren”, akzeptieren, weil wir einen “neuen
Klebstoff brauchen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten”. Im Namen des
gesellschaftlichen Zusammenhalts lädt man uns ein, jubelnd die
Intoleranz zu beklatschen, mit der diese Gruppen unseren Gesetzen
begegnen. Man preist folglich die Koexistenz kleiner, abgeschotteter
Gesellschaftsgruppen, die jede für sich eine andere Norm befolgen. Wenn
man das gemeinsame Kriterium für die Unterscheidung von Recht und
Unrecht aufgibt, wird jede Vorstellung von einer nationalen Gemeinschaft
untergraben. Ein französischer, britischer, holländischer Staatsbürger
unterliegt zum Beispiel der strafrechtlichen Verfolgung, wenn er seine
Ehefrau schlägt. Soll seine Tat ungeahndet bleiben, falls sich
herausstellt, dass er Sunnit oder Schiit ist? Soll ihm sein Glaube das
Recht verleihen, die gemeinschaftlichen Regeln zu brechen? Mit anderen
Worten: Man verherrlicht beim Anderen, was man bei sich selbst immer
gegeißelt hat: die Abschottung, den kulturellen Narzissmus, den
eingefleischten Ethnozentrismus!

In dieser Toleranz liegt
Verachtung, denn sie unterstellt, dass einige Gemeinschaften unfähig
seien zur Moderne. Und was, wenn das Aufbegehren der britischen Muslime
sich nicht nur der rückschrittlichen Sittenstrenge ihrer Anführer
verdankt, sondern auch der dunklen Ahnung, dass die staatlichen
Aufmerksamkeiten, die ihnen zuteil werden, nichts weiter sind als eine
subtile Herablassung, die ihnen bedeuten soll, dass sie allzu
zurückgeblieben sind für die moderne Ziviliation? Einige italienische
Gemeinden wollen bekanntlich Strände für muslimische Frauen einrichten,
damit sie baden können und dabei vor den Blicken der Männer geschützt
sind. Schon in zwei Jahren könnte das erste “islamische Krankenhaus”,
das in allen Punkten den Vorschriften des Korans folgt, in Rotterdam
gebaut werden. Man fühlt sich zurückversetzt in die amerikanischen
Südstaaten zur Zeit der Rassentrennung – doch diese Rassentrennung wird
vom Who’s Who der fortschrittlichen Kräfte in Europa nach Kräften
unterstützt!

Es gilt einen doppelten Kampf zu führen: Die
Minderheiten müssen vor Diskriminierungen geschützt werden (zum Beispiel
durch Vermittlung regionaler Sprachen und Kulturen oder durch die
Anpassung des Schulkalenders an ihre religiösen Feste), die einzelne
Person jedoch muss vor Einschüchterungsversuchen ihrer community
geschützt werden.

Und noch ein letztes Argument gegen den Multikulturalismus angelsächsischer Prägung:
Er funktioniert nicht. Die Regierungen haben es selbst zugegeben. Nicht
genug damit, dass Großbritannien dem Dschihad jahrelang als Asylland
gedient hat, mit den bekannten dramatischen Folgen. Nun muss
Großbritannien auch noch eingestehen, dass sein auf Kommunitarismus und
Separatismus gegründetes Sozialmodell versagt hat. Wie hat man nicht
über den französischen Autoritarismus gespottet, als die Assemblee
nationale den Frauen und jungen Mädchen das Tragen des Kopftuchs in
Schulen und öffentlichen Gebäuden per Gesetz untersagte. Die
Frankophobie Timothy Garton Ashs, der seinen Artikel in der New York
Review of Books im Departement Seine Saint-Denis beginnen lässt, ist
eines Neocons aus Washington würdig! Aber wie lässt sich dann erklären,
dass politische Verantwortliche in Großbritannien, Holland und
Deutschland unter dem Schock der immer weiteren Verbreitung von Burka
und Hidschab ihrerseits erwägen, Gesetze dagegen zu erlassen? (12).

Die
Fakten sind grausam. Sie widersprechen den Abwieglern, die Europa dem
Islam anpassen wollen statt umgekehrt. Je mehr man vor dem Radikalismus
der Bärtigen zurückweicht, desto schärfer wird ihr Ton.
Appeasementpolitik macht sie nur hungriger. Die Hoffnung, dass
Wohlwollen die Rohlinge entwaffnen wird, entbehrt jeder Grundlage. Auch
wir in Frankreich haben unsere Kollaborateure des Dschihadismus,
bei den Linksradikalen wie auch bei den Rechten: anlässlich des
Karikaturenstreits schlugen Abgeordnete der UMP einen
Blasphemie-Paragrafen vor, der uns glatt ins Ancien Regime zurückversetzt hätte.

Das moderne Frankreich hat sich im Kampf
gegen die Hegemonialmacht der Katholischen Kirche herausgebildet, es
wird sich zweihundert Jahre nach der Revolution nicht unter das Joch
eines neuen Fanatismus begeben. Deshalb sind Bestrebungen eines
islamischen Revanchismus insbesondere wahhabitischer Saudis,
Muslimbruderschaften, Salafisten und von Al Qaida, die auf Europas
Gesellschaften zugreifen und Andalusien zurückerobern wollen, als
Kolonialismus zu bekämpfen. (13). Wie sind Europa und Frankreich laizistisch
geworden? Durch den unablässigen Kampf gegen die Kirche und ihren
Anspruch, über die Geister zu herrschen, die Widerspenstigen zu
bestrafen, Reformen zu blockieren, die Einzelnen, vor allem die ärmsten,
im Schwitzkasten der Resignation und der Angst gefangen zu halten. Es
war ein unerhört gewaltsames Ringen auf beiden Seiten, mitunter
schrecklich und niederträchtig, doch es hatte einen unbestreitbaren
Fortschritt zur Folge und erlaubte uns, 1905 das Gesetz über die
Trennung von Kirche und Staat zu verabschieden.

Das französische Modell (das später von Mustafa Kemals Türkei nachgeahmt wurde) verdankt sich einem glücklichen Sieg über Obskurantimus und Bartholomäusnächte.
Darin besteht seine Überlegenheit. Warum sollten wir dem Islam
durchgehen lassen, was wir von Seiten der Kirche nicht mehr dulden? Der Laizismus,
dessen Prinzipien übrigens in den Evangelien niedergelegt sind, beruht
auf einer Handvoll einfacher Prinzipien: Religionsfreiheit, friedliches
Nebeneinander der Religionen, Neutralität des öffentlichen Raumes,
Einhalten des Gesellschaftsvertrages und schließlich auf der von allen
gebilligten Gewissheit, dass die göttlichen Gesetze nicht über den
staatlichen Gesetzen stehen, sondern anderswo wirken, in den Herzen der
Gläubigen, in einem Raum privater Andacht.

Frankreich, so die
deutsche Philosophin Hanna Arendt, hat seine Kolonisierten gleichermaßen
als Brüder und Untertanen behandelt. Die Zeit der Kolonien ist
glücklicherweise vorbei. Doch die auf dem Ideal der Gleichheit beruhende
republikanische Assimilation setzt voraus, dass allen Menschen,
unabhängig von Rasse, Geschlecht und Glauben, die gleichen Rechte
zustehen. Dieses Ideal ist bei weitem noch nicht umgesetzt. Es steckt
sogar in einer Krise, wie die Unruhen in den Banlieus
im November 2005 gezeigt haben. Und doch scheint es mir ein besseres
Modell zu sein als die Anbetung der Vielfalt. Gegen das Recht auf
Vielfalt muss man unablässig das Recht auf Ähnlichkeit bekräftigen: Was uns verbindet, ist stärker als das, was uns trennt.

Die
Standpunkte von Ian Buruma und Timothy Garton Ash liegen auf einer
Linie mit jenen der amerikanischen und britischen Regierungen (selbst
wenn sie in politischer Hinsicht mit ihnen uneins sind): Die Niederlage
George W. Bushs und Tony Blairs in ihrem Krieg gegen den Terror ist auch
darauf zurückzuführen, dass sie dem militärischen Kampf den Vorrang vor
einem Kampf der Ideen gegeben haben. Die unverbesserliche Frömmelei
dieser beiden Regierungsführer, ihre Mischung aus strategischer
Protzerei und Blauäugigkeit hat sie daran gehindert, den Kampf da
auszutragen, wo es nötig gewesen wäre: auf dem Terrain des Dogmas, der Interpretation der Schriften, einer neuen umfassenden Lektüre der religiösen Texte. (14)
Gestern noch verband sich der Kalte Krieg mit einem globalen Kampf
gegen den Kommunismus, in dem das Aufeinanderprallen von Überzeugungen
und der kulturelle Kampf, der über Kino, Musik und Literatur ausgetragen
wurde, eine wichtige Rolle spielte. Heute beobachten wir nicht ohne
Sorge, wie die britische Regierung im Kreis ihrer muslimischen
“Berater” mit dem Motto kokettiert: Lieber Fundamentalismus als
Terrorismus. Dabei sieht sie nicht, dass der eine der Zwillingsbruder
des anderen ist, und dass der fundamentalistische Würgegriff Europas
Muslime für immer einer möglichen Reform entfremden wird.

Darum ist das Engagement für einen aufgeklärten europäischen Islam
von entscheidender Bedeutung: Europa kann ein leuchtendes Beispiel für
eine Reform dieses Monotheismus werden, von dem man sich erhofft, dass
er eines Tages für die Selbstkritik und die Gewissensprüfung gewonnen
werden kann, so wie es das Zweite Vatikanische Konzil im Fall der
Katholiken bewirkt hat. Allerdings sollte man sich nicht im
Gesprächspartner irren und jene Fundamentalisten als Freunde der
Toleranz hinstellen, die nicht mit offenen Karten spielen und sich der
Linken und der Intelligentsia bedienen, um ihre Konfession vor der
Bewährungsprobe des Laizismus zu bewahren (15).

Die
Zeit ist reif für eine große Solidaritätsbewegung zugunsten aller
Rebellen in der islamischen Welt, der Ungläubigen, der atheistischen
Libertins, der Schismatiker, der Freiheitswächter, so wie wir einst die
Dissidenten Osteuropas unterstützt haben. Europa sollte diesen
abweichenden Stimmen Mut machen, ihnen finanzielle, moralische und
politische Unterstützung zukommen lassen, ihnen eine Patenschaft
anbieten, sie einladen und beschützen. Es gibt heute keine heiligere,
ernsthaftere und für die Eintracht zukünftiger Generationen
entscheidendere Aufgabe. Doch unser Kontinent geht mit
selbstmörderischer Unwissenheit vor den Gottesverrückten in die Knie und
knebelt oder verleumdet die freien Denker. Selig die Skeptiker, die
Ungläubigen, die die tödliche Glut des Glaubens erkalten lassen!

Ist
es nicht seltsam? 62 Jahre nach dem Ende des Dritten Reichs und 16
Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer hat ein wichtiger Teil der europäischen Intellektuellen
nichts besseres zu tun, als die Freunde der Demokratie anzuschwärzen.
Sie wollen, dass wir nachgeben, zurückweichen, sie propagieren eine
Aufklärung light. Dabei sind wir noch weit entfernt von den ungleich
dramatischeren Umständen der dreißiger Jahre, als sich die besten Köpfe
im Namen von Rasse, Klasse oder Revolution Berlin oder Moskau in die
Arme warfen. Die heutige Gefahr ist diffuser, zersplitterter. Da gibt es
nichts, was der übermächtigen Gefahr des Dritten Reiches ähnlich wäre.
Selbst das Regime der Mullahs in Teheran ist ein Papiertiger, den ein
Mindestmaß an Härte in die Knie zwingen würde. Und doch wimmelt es nur
so von Priestern der Erschlaffung. Kant definierte die Aufklärung durch eine Devise: “Sapere aude!
– Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!” Eine Kultur
des Muts – vielleicht ist es das, was unseren Seelsorgern fehlt. Sie
sind die Symptome eines müden und von Selbstzweifeln geplagten Europas,
das beim leisesten Alarm in Deckung geht. Hinter ihrer klebrigen
Gutmenschenrhetorik spielt eine andere Musik: die der Kapitulation!

*

Aus dem Französischen von Barbara Jantzen.

Pascal Bruckner,
Jahrgang 1948, ist Romancier und Essayist. Er studierte unter anderem
an der Sorbonne und der Ecole pratique des hautes etudes. Sein
Doktorvater war Roland Barthes. Als Essayist gehört er zum Umkreis der
“nouveaux philosophes”. Eines seiner bekanntesten Bücher sind die
“Tränen des weißen Mannes” (Le Sanglot de l’homme blanc) von 1983, das
“Tiermondisme”, einen Schuldkomplex der westlichen Welt gegenüber der
“Dritten Welt” thematisiert. Sein Roman “Lunes de fiel” wurde von Roman
Polanski verfilmt. Zuletzt erschien der Essay “La tyrannie de la
penitence : Essai sur le masochisme occidental”.

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Pascal Bruckner hat mit seiner Polemik gegen Ian Burumas Buch “Murder in Amsterdam” und einen Artikel Timothy Garton Ashs eine internationale Debatte ausgelöst. Alle Artikel zu dieser Debatte finden Sie auf Deutsch hier, auf Englisch hier.

(1) Ian Buruma: “Murder in Amsterdam: The Death of Theo Van Gogh and the Limits of Tolerance”, New York (Penguin Press) 2006
(2) “Islam in Europe” in: New York Review of Books, 5. Oktober 2006
(3)
“Ayaan Hirsi Ali is now a brave, outspoken, slightly simplistic
Enlightenment fundamentalist.” Auch Buruma spricht von “Enlightenment
fundamentalists”, s. Seite 27 seines Buchs.
(4) Ayaan Hirsi Ali: “Mein Leben, meine Freiheit”, München (Piper) 2006
(5) Buruma, ebd., s. 179.
(6)
Laut Ian Buruma vergleicht der bekannte holländische Autor Geert Mak
Ayaan Hirsi Alis Film “Submission” mit dem antisemitischen Propagadafilm
der Nazis “Jud Süß” (“Murder in Amsterdam”, Seite 240)
(7)
Zur Information: 30.000 Frauen afrikanischer Herkunft wurden in
Frankreich beschnitten und 30.000 junge Mädchen sind in den kommenden
Jahren davon bedroht. Frankreich war lange Zeit das einzige Land, das
die Beschneiderinnen strafrechtlich verfolgte. Das Gesetz vom 4. April
2006 hat die Maßnahmen weiter verschärft. Seit Oktober 2004 wird die
chirurgische Wiederherstellung der Klitoris von den Krankenkassen
übernommen.
(8) Ayaan Hirsi Ali, “Mein Leben…”
(9)
Timothy Garton Ash, im bereits zitierten Artikel: “Ayaan Hirsi Ali ist
für Journalisten einfach unwiderstehlich: eine große, auffallend schöne,
exotische, mutige und freimütige Frau mit einer bemerkenswerten
Lebensgeschichte, die in ständiger Bedrohung lebt und Gefahr läuft, wie
auch van Gogh, ermordet zu werden. (…) Es ist gegenüber Frau Ali
sicher nicht respektlos anzudeuten, dass ihre Geschichte und ihre
Ansichten kein so großes Interesse hervorgerufen hätten, wäre sie klein,
buckelig und schielend gewesen.”
(10) Jutta Limbach: “Making multiculturalism work”, in: signandsight.com
(11)
Er hat diese Ansicht erneut vertreten, während dem auf einem
französischen Sender ausgestrahlten Fernsehduell mit Nicolas Sarkozy vom
20. November 2003. Sein Bruder Hani Ramadan, der ebenfalls Schweizer
Staatsbürger ist, findet diese Art der Bestrafung gerechtfertigt.
(12)
Verschiedenen Umfragen zufolge fühlen sich 87 Prozent der britischen
Muslimen vor allem als Muslime; in Frankreich sind es 46 Prozent. Die
Mehrheit der Muslime sind also dem republikanischen Ideal verhaftet und
stellen ihre religiösen Prinzipien hinter der Treue zur französischen
Nation zurück.
(13)
Hier zur Erinnerung Al Qaidas Verlautbarung vom 18. September 2001:
“Wir werden das Kreuz zerschlagen. Ihr werdet nur zwischen dem Islam und
dem Schwert wählen können.” Und im September 2006, nach der
Regensburger Rede des Papstes Benedikt XVI. über Gewalt und Religion,
schwenkten Demonstranten in Jerusalem und Nablus Spruchbänder mit der
Aufschrift: “Rom zu erobern, ist die Lösung”. Scheich Yusuf al-Qaradawi,
geistiger Führer der Muslimischen Bruderschaft und Mentor von Tarik
Ramadan, der auf Al-Dschasira sein Unwesen treibt, hat in einer seiner
berühmtesten Predigten erklärt, er sei sich sicher, dass “der Islam als
siegreicher Eroberer nach Europa zurückkehren werde, nachdem er zweimal
von dort vertrieben wurde. Dieses Mal wird die Eroberung nicht durch das
Schwert erfolgen, sondern durch Predigt und Ideologie.” Nebenbei gibt
al-Qaradawi grünes Licht für Selbstmordattentate.
(14)
2004 hat Tony Blair zur Weihnachtszeit zwei Arten von Grußkarten
drucken lassen, von denen die eine Nichtchristen bestimmt war und
Christi Geburt in keiner Weise erwähnte. Welch ein Paternalismus steckt
hinter dieser schrecklich gutmeinenden Geste!
(15)
Über Tarik Ramadans Doppelzüngigkeit und seinen tiefsitzenden
Antisemitismus: Für den schlechten Ruf seines Großvaters Hassan
al-Banna, Gründer der Muslimischen Bruderschaft in Ägypten, macht er die
Machenschaften der zutiefst reaktionären “zionistischen Lobby”
verantwortlich. Sehr zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang das sehr
gut recherchierte und überzeugende Buch von Caroline Fourest, “Frere
Tariq” (Paris, Grasset, 2004). Die Autorin wurde nach der
Veröffentlichung ihres Buches physisch bedroht, auf der Webseite der
Freunde Ramadans, oumma.com, einer Hetzjagd ausgesetzt und musste einige
Zeit lang unter Polizeischutz gestellt werden. 

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